Das Unsterblichkeitsprogramm
Männer in Seide verstummte abrupt, dann nahmen sie es schnell wieder auf, als ich ihnen einen Seitenblick zuwarf. Die beiden alten Frauen kamen steif auf die Beine und entfernten sich durch einen Hinterausgang. Der Weiße blickte nicht einmal von seinem Holoporno auf. Ich beugte mich über den Tisch.
»Direktor Sullivan, Sie scheinen nicht verstanden zu haben, wie ernst es mir mit diesem Gespräch ist. Ich bin sehr daran interessiert, an wen Sie mich verkauft haben. Ich werde nicht einfach fortgehen, nur weil Ihnen noch ein paar Skrupel geblieben sind, was die Diskretion gegenüber Ihren Klienten betrifft. Glauben Sie mir, sie haben Ihnen nicht genug gezahlt, als dass es sich lohnen würde, mir weiterhin Widerstand zu leisten.«
Sullivan richtete sich wieder auf und wischte sich das Blut ab, das ihm aus dem Mundwinkel lief. Man musste es ihm lassen, immerhin schaffte er es, mit dem unverletzten Teil seiner Lippen ein Lächeln zustande zu bringen.
»Glauben Sie, dass Sie der Erste sind, der mir droht, Kovacs?«
Ich musterte die Hand, mit der ich ihn geschlagen hatte. »Ich glaube, dass Sie bisher nur sehr wenig Erfahrung mit körperlicher Gewalt hatten, und das könnte sich als großer Nachteil erweisen. Ich gebe Ihnen die Chance, mir hier und jetzt zu sagen, was Sie wissen. Danach gehen wir zu einem schallgeschützten Ort. Also, wer hat Trepp geschickt?«
»Sie sind nicht mehr als ein Schläger. Ein mieser…«
Ich stieß die Fingerknöchel einer Hand quer über den Tisch genau in sein linkes Auge. Dieser Angriff war wesentlich leiser als die Ohrfeige. Sullivan grunzte schockiert, warf sich zurück und krümmte sich. Ich beobachtete ihn leidenschaftslos, bis er sich erholt hatte. In mir stieg etwas Kaltes auf, etwas, das auf den Anklagebänken in den Gerichtssälen von Newpest geboren worden war, gemäßigt durch die Jahre der sinnlosen Widerlichkeiten, die ich miterlebt hatte. Ich hoffte, dass Sullivan nicht so zäh war, wie er zu erscheinen versuchte – in seinem und in meinem Interesse. Ich beugte mich wieder über den Tisch.
»Sie haben es gesagt, Sullivan. Ich bin ein Schläger. Kein angesehener Krimineller wie Sie. Ich bin weder Meth noch Geschäftsmann. Ich habe keine privaten Interessen, keine sozialen Bindungen, kein erkauftes Ansehen. Sie haben es ganz allein mit mir zu tun, und Sie stehen mir im Weg. Also fangen wir noch einmal von vorn an. Wer hat Trepp geschickt?«
»Er weiß es nicht, Kovacs. Sie vergeuden Ihre Zeit.«
Die Frauenstimme klang hell und fröhlich und war einen Tick zu laut, obwohl sie von der Tür aus gesprochen hatte, wo sie mit den Händen in den Taschen eines langen schwarzen Mantels stand. Sie war schlank und blass, mit kurz geschnittenem dunklem Haar und einer Haltung, die darauf schließen ließ, dass sie im Kampf ausgebildet war. Unter dem Mantel trug sie eine graue wattierte Hemdbluse, die einen schusssicheren Eindruck machte, und dazu passende Arbeitshosen, die sie in knöchelhohe Stiefel gesteckt hatte. Ein silberner Ohrring in Form eines kaputten Trodenkabels baumelte über ihrer linken Schulter. Sie schien allein zu sein.
Ich senkte langsam die Philips, und ohne darauf einzugehen, dass ich sie damit bedroht hatte, nahm sie es als Zeichen, lässig das Restaurant zu betreten. Die jungen Männer in Seide verfolgten jeden ihrer Schritte, aber sie ließ sich nicht anmerken, ob sie sich ihrer Blicke bewusst war. Als sie nur noch ein paar Meter von unserer Sitzecke entfernt war, sah sie mich fragend an und zog langsam die Hände aus den Taschen. Ich nickte, und sie führte die Bewegung zu Ende, mit der sie mir zeigte, dass ihre Hände leer und ihre Finger mit Ringen aus schwarzem Glas besetzt waren.
»Trepp?«
»Gut geraten. Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
Ich deutete mit der Philips auf die andere Seite des Tisches, wo sich Sullivan beide Hände über das Auge hielt. »Falls ich Ihren Partner dazu überreden kann, ein Stück zur Seite zu rücken. Und solange Sie die Hände auf dem Tisch liegen lassen.«
Die Frau lächelte und verneigte den Kopf. Sie sah zu Sullivan hinüber, der sich bereits an die Wand quetschte, um für sie Platz auf der Bank zu machen, dann setzte sie sich mit elegantem Schwung neben ihn, während sie die Hände leicht erhoben hielt. Die Bewegung war so exakt kalkuliert, dass ihr Ohrring kaum in Schwingungen versetzt wurde. Als sie saß, legte sie beide Hände flach auf die Tischplatte.
»Fühlen Sie sich jetzt sicherer?«
»Es dürfte
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