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Das unvollendete Bildnis

Das unvollendete Bildnis

Titel: Das unvollendete Bildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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weiß nicht, ob sie schon in dem Moment den Entschluss gefasst hatte, ihn umzubringen, aber es würde mich nicht überraschen. Sie war fähig, ihre Pläne sorgfältig und kalt zu schmieden. Sie war eine gefährliche Frau, und ich hätte mir sagen müssen, dass sie diese Herausforderung nicht so einfach hinnehmen würde. Aber dumm, wie ich war, glaubte ich, sie würde sich in das Unvermeidliche schicken oder hoffen, dass Amyas, wenn sie sich benähme wie immer, bei ihr bleiben würde.
    Dann traten die andern aus dem Haus. Elsa sah herausfordernd und triumphierend aus. Caroline kümmerte sich nicht um sie. Angela rettete die Situation, indem sie sich mit Miss Williams stritt und erklärte, sie denke nicht daran, einen anderen Rock anzuziehen, dieser sei für den lieben alten Meredith gut genug.
    Schließlich brachen wir auf. Caroline ging mit Angela, ich mit Amyas, und Elsa kam lächelnd hinterher.
    An sich war sie nicht mein Typ – zu auffallend –, aber ich muss zugeben, dass sie an diesem Nachmittag unwahrscheinlich schön aussah – wie alle Frauen, wenn sie das bekommen haben, was sie wollen.
    Ich kann mich nicht mehr genau an die Ereignisse des Nachmittags erinnern. Ich glaube, dass Meredith uns zuerst im Garten herumführte und dass ich mit Angela ausführlich über die Abrichtung von Terriern für die Rattenjagd sprach. Sie verzehrte unglaubliche Mengen an Äpfeln und versuchte, auch mich dazu zu bewegen.
    Dann tranken wir unter der großen Zeder Tee. Meredith sah irgendwie verstört aus, ich vermute, dass Caroline oder Amyas ihm etwas erzählt hatten. Caroline hatte Meredith immer fest an der Kandare gehabt, er war der ergebene, platonische Freund, der nie zu weit gehen würde. Frauen wie sie verstehen das sehr gut.
    Nach dem Tee nahm Meredith mich beiseite und sagte:
    «Amyas darf das nicht tun!»
    «Aber er wird es tun, verlass dich drauf.»
    «Er kann doch nicht Frau und Kind im Stich lassen und mit dem Mädchen losziehen. Außerdem ist er viel zu alt für sie, sie ist doch höchstens achtzehn.»
    Ich erwiderte, dass Miss Greer ganze zwanzig Jahre alt sei.
    «Also jedenfalls ist sie noch blutjung, und sie weiß nicht, was sie tut.»
    «Darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen, sie weiß ganz genau, was sie will, und es macht ihr Spaß.»
    Merkwürdigerweise erinnere ich mich nur noch flüchtig an unseren Besuch in Merediths Stinkbude. Es machte ihm von jeher Freude, den Leuten sein Steckenpferd vorzuführen, aber mich hat es immer gelangweilt. Ich glaube, ich war. mit den andern drinnen, als er seinen Vortrag über die Wirkung des Koniins hielt, weiß es aber nicht mehr genau. Natürlich habe ich auch nicht gesehen, wie Caroline das Gift nahm, sie war ja eine geschickte, gerissene Frau. Nachher las uns Meredith aus Plato eine Beschreibung von Sokrates’ Tod vor. Auch sehr langweilig. Klassiker haben mich immer gelangweilt.
    Ich erinnere mich, dass später, nach dem Abendessen, Amyas und Angela einen Riesenkrach miteinander hatten, was uns andern nicht unangenehm war, da es die gespannte Stimmung etwas lockerte. Bevor Angela zu Bett ging, beschimpfte sie Amyas fürchterlich und schrie, sie würde ihm erstens alles heimzahlen, zweitens wünschte sie, er wäre tot, und drittens hoffte sie, er würde an der Lepra sterben, was ihm nur recht geschähe; viertens, sie wünschte, es würde ihm wie im Märchen eine Bratwurst an der Nase baumeln, die er nie wieder loswürde. Wir lachten alle über die komische Mischung ihrer frommen Wünsche. Caroline ging bald danach zu Bett, und Miss Williams zog sich ebenfalls zurück. Amyas und Elsa gingen in den Garten. Da ich merkte, dass ich überflüssig war, machte ich allein einen kleinen Spaziergang. Es war eine herrliche Nacht.
    Am nächsten Morgen kam ich spät zum Frühstück herunter. Niemand war im Esszimmer. Nach dem Frühstück ging ich in den Garten und rauchte eine Zigarette, sah aber auch da niemand. Als ich in die Halle zurückging, hörte ich, dass sich Amyas und Caroline in der Bibliothek laut zankten. Ich hörte Caroline sagen:
    «Du mit deinen Weibern! Am liebsten würde ich dich umbringen. Eines Tages werde ich es auch tun.»
    «Red doch nicht solchen Unsinn, Caroline!», entgegnete er. «Ich meine es ernst, Amyas», erwiderte sie.
    Da ich nicht mehr von dieser Unterhaltung hören wollte, ging ich durch die andere Tür auf die Terrasse, wo Elsa auf einem Liegestuhl unter dem offen stehenden Bibliotheksfenster saß. Mir war sofort klar, dass sie

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