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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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zehn in sein Hotelzimmer gebracht wurde, stellte er fest, daß Fitch alles Alkoholische aus der Minibar entfernt und durch Limonade und Obstsaft ersetzt hatte.
    Jankle fluchte und ging zu seiner Reisetasche, in der er einen Flachmann in einem Lederbeutel versteckt aufbewahrte. Aber da war nichts. Fitch hatte ihn verschwinden lassen.
    Um ein Uhr morgens öffnete Nicholas lautlos seine Tür und schaute in beide Richtungen den Korridor entlang. Der Wachmann war verschwunden; vermutlich lag er in seinem Zimmer und schlief.
    Marlee wartete in einem Zimmer im ersten Stock. Sie umarmten und küßten sich, kamen aber nicht dazu, noch etwas anderes zu tun. Sie hatte am Telefon angedeutet, daß es Probleme gab, und jetzt setzte sie ihn rasch ins Bild. Mit ihrem Gespräch mit Rebecca in Lawrence fing sie an.
    Abgesehen von der natürlichen Leidenschaft zweier junger Liebender gab es in ihrem Verhältnis kaum irgendwelche Emotionen. Und wenn es welche gab, dann gingen sie fast immer von Nicholas aus, der sich manchmal ein bißchen zu leicht aufregte, doch dieses Bißchen war immer noch mehr, als man von ihr sagen konnte. Er konnte auch mal die Stimme erheben, wenn er wütend war, aber das kam fast nie vor. Marlee war nicht kalt, nur berechnend. Er hatte sie nie weinen gesehen, nur einmal nach einem Film, der ihm nicht gefallen hatte. Sie hatten nie einen ernsthaften Streit gehabt, und die gewöhnlichen Meinungsverschiedenheiten wurden schnell beigelegt, weil Marlee ihm beigebracht hatte, seine Zunge im Zaum zu halten. Sie duldete keine Gefühlsvergeudung, schmollte nicht, grollte nicht wegen Belanglosigkeiten und nahm es auch nicht hin, wenn er dergleichen versuchte.
    Sie berichtete über das Gespräch mit Rebecca und versuchte, jedes Wort wiederzugeben, das bei ihrem Treffen mit Fitch gefallen war.
    Die Erkenntnis, daß sie teilweise enttarnt worden waren, traf sie hart. Sie waren sicher, daß es Fitch war, und sie fragten sich, wieviel er wußte. Sie waren überzeugt und waren es immer gewesen, daß, um Claire Clement zu finden, zuerst Jeff Kerr entdeckt werden mußte. Jeffs Hintergrund war harmlos. Der von Claire mußte im Verborgenen bleiben, sonst konnten sie gleich die Flucht ergreifen.
    Sie konnten kaum etwas anderes tun als abwarten.
    Derrick zwängte sich durch das ausschwenkbare Fenster in Angels Zimmer. Er hatte sie seit Sonntag, also seit fast achtundvierzig Stunden, nicht mehr gesehen, und er konnte einfach nicht bis morgen abend warten, weil er sie irrsinnig liebte und sie ihm fehlte und er sie in den Armen halten mußte. Sie bemerkte sofort, daß er getrunken hatte. Sie fielen aufs Bett, wo sie rasch einen nicht genehmigten persönlichen Besuch absolvierten.
    Derrick drehte sich um und schlief sofort ein.
    Sie erwachten in der Morgendämmerung, und Angel geriet in Panik, weil sie einen Mann im Zimmer hatte, was natürlich gegen die Anordnungen des Richters verstieß. Derrick war die Ruhe selbst. Er sagte, er würde einfach warten, bis sie zum Gericht abgefahren waren, und sich dann aus dem Zimmer schleichen. Das trug nur wenig zur Beruhigung von Angels Nerven bei. Sie nahm eine ausgiebige Dusche.
    Derrick hatte Cleves Plan akzeptiert und gewaltig verbessert. Nach dem Verlassen des Lokals hatte er einen Sechserpack Bier gekauft und war stundenlang an der Küste herumgefahren. Er war langsam den Highway 90 hinauf und hinunter gefahren, vorbei an den Hotels und Kasinos und Bootsanlegern, von Pass Christian nach Pascagoula, hatte Bier getrunken und den Plan verbessert. Nach ein paar Bier hatte Cleve sich entschlüpfen lassen, daß die Anwälte der Klägerin auf Millionen aus waren. Für ein Urteil waren nur neun von zwölf Stimmen erforderlich, also rechnete Derrick sich aus, daß Angels Stimme weitaus mehr wert war als zehntausend Dollar.
    Zehntausend hatten sich in dem Lokal großartig angehört, aber wenn sie soviel zahlten und sich so schnell dazu bereiterklärten, dann würden sie unter Druck noch mehr zahlen. Je länger er herumfuhr, desto wertvoller wurde ihre Stimme. Der Preis lag jetzt bei fünfzigtausend und stieg fast stündlich.
    Derrick war fasziniert von der Idee einer prozentualen Beteiligung. Was war, wenn das Urteil zum Beispiel auf zehn Millionen lautete? Ein Prozent, ein lausiges kleines Prozent wären hunderttausend Dollar. Ein Zwanzig-Millionen-Dollar-Urteil? Zweihunderttausend Dollar. Was wäre, wenn Derrick Cleve einen Handel vorschlagen würde, nach dem sie ihm Bargeld auf die Hand zahlten und

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