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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Antwort zu warten, wandte sie sich wieder an den Staatsanwalt. »Mr. Powell?«
    »Euer Ehren, es tangiert das Motiv. Wir wissen, daß ihr Mann sie verprügelt hat und daß ...«
    »Einen Moment mal. Bis jetzt habe ich nur davon gehört, daß es um die Versicherung ging und um eine Affäre ...«
    Hardy fiel plötzlich auf, daß die Gerichtsstenographin nicht anwesend war. Er war selbst überrascht, als er plötzlich das Wort ergriff. »Verzeihen sie, Euer Ehren, soll diese Besprechung ins Protokoll aufgenommen werden?« Die Gerichtsstenographen sollten eigentlich alles mitschreiben. Nichts, was in einem Verfahren, in dem es um die Todesstrafe ging, zur Sprache kam, blieb vom Protokoll ausgenommen.
    Der Richterin schien zum erstenmal bewußt zu werden, daß Hardy überhaupt zugegen war. Der überraschte Gesichtsausdruck wich ihrem üblichen einschüchternd finsteren Blick, aber Hardy ließ sich nicht beirren. »Vielleicht könnten wir uns zu einer Beratung ins Richterzimmer zurückziehen?«
    »Da waren wir doch eben erst.« Äußerst mißmutig sah sie mit einem Stirnrunzeln zu den drei Männern herunter, die auf ihre Entscheidung warteten. »Worauf wollen Sie hinaus, Mr. Hardy?«
    »Wir brauchen uns doch nicht im Richterzimmer zu beraten, Euer Ehren.« Powell war die Versöhnlichkeit in Person. »Ich bin sicher, daß wir das gleich hier an Ort und Stelle klären können.«
    Villars streckte den Rücken, holte schnell Luft. »Ich bin es allmählich wirklich verdammt noch mal leid, daß ich einer Person eine Frage stelle und von einer anderen die Antwort höre. Ich stelle Mr. Powell eine Frage, und Mr. Freeman antwortet mir. Ich stelle Mr. Hardy eine Frage, und Mr. Powell antwortet mir. Jetzt hören Sie mir mal alle gut zu. Ich frage Mr. Hardy. Wollen Sie, daß diese Besprechung als nichtöffentliche Beratung stattfindet?«
    »Jawohl, Madam.«
    Sie zeigte mit dem Finger auf ihn. »Jawohl, Euer Ehren«, verbesserte sie ihn, »nicht jawohl, Madam .«
    »Jawohl, Euer Ehren. Tut mir leid.«
    Villars rückte vor sich auf dem Richtertisch irgendwelche Papiere zurecht. Sie senkte den Kopf, schüttelte ihn. »Das wird mir jetzt echt zu blöd«, flüsterte sie vor sich hin.
    Sie stand auf. »Die Gerichtsstenographin wird uns ins Richterzimmer begleiten. Das Gericht macht eine kurze Beratungspause. Dr. Poole, Sie können den Zeugenstand verlassen, bis wir wieder zurück sind. Es sollte nicht allzu lange dauern. Sie können aber auch bleiben, wo Sie sind.«
    Sie spazierte am Kopf der Parade aus dem Saal.
    Das Richterzimmer war nicht viel beeindruckender als die kleinen Kabuffs der Staatsanwälte. Das Zimmer als solches war größer und verfügte über eine eigene Toilette und über eine Sitzgruppe abseits von dem Schreibtisch mit der Eichenplatte, aber trotz zweier hübscher Perserbrücken und ein paar gerahmter Drucke war zu spüren, daß man sich in einer Behörde befand.
    Hardy bekam jetzt den Zorn der Richterin Villars zu spüren. »Na schön, Mr. Hardy, wir befinden uns in nichtöffentlicher Beratung, die zu Protokoll genommen wird. Zu welchem Zweck befinden wir uns in nichtöffentlicher Beratung, wenn ich Sie fragen darf?«
    »Mr. Powell war eben dabei, die Relevanz der Tatsache zu erörtern, daß...«
    »Ich weiß, was er gerade erörterte.«
    Hardy trat einen Schritt zurück. »Na gut, Euer Ehren, wenn der Staatsanwalt bitte seine Argumentation vollständig darstellen möchte. Dieses Thema könnte in der Phase zur Festlegung des Strafmaßes erneut zur Sprache kommen, sofern es dazu kommt.«
    Villars erinnerte ihn an einen wutentbrannten Vogel, der den Kopf zur Seite geneigt hatte und bereit war, ihm die Augen auszupicken. Sie sah jetzt den Staatsanwalt an, der in einem der Ledersessel saß. »Also bitte, Mr. Powell, lassen Sie uns hören, weshalb die Nacktheit von Mrs. Witt verfahrensrelevant ist.«
    »Euer Ehren, die Zeugenaussage von Dr. Poole wird den direkten Beweis erbringen, daß Ned Hollis Jennifer regelmäßig geschlagen hat, was ihr natürlich einen weiteren Grund geliefert hätte, ihn umzubringen. Das ist mit Sicherheit verfahrensrelevant.«
    Aber auch ein Aspekt, der sich strafmildernd auswirkt, dachte Hardy.
    »Wollen Sie damit sagen, daß es sich um einen Fall fortgesetzter tätlicher Mißhandlung in der Ehe handelt?«
    »Es mag diese Elemente enthalten. Es ist eine Frage der Tatsachen, und wir sollten die Geschworenen entscheiden lassen.«
    Villars schüttelte den Kopf. »Sind Sie sich im klaren darüber, daß

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