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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Hemd. Er hatte sich das Haar schneiden lassen, und es lag genau so, wie es liegen mußte.
    Sogar sein aggressives Auftreten war gemäßigt worden. Hardy wußte, daß man manchmal sehr schnell erwachsen werden mußte, wenn man auf dieser Bühne Erfolg haben wollte, und offensichtlich waren zwei Dinge passiert, seit Terrell das letzte Mal als Zeuge in dem Schlagabtausch eines Mordprozesses aufgetreten war - irgendwer hatte sich Zeit genommen, um ihn gut vorzubereiten, und er wiederum hatte dazulernen wollen.
    Auf den ersten Blick sah es so aus, als habe Powell Terrell etwas beigebracht, was ihm zuvor fremd gewesen war - daß ein Zeuge kein Machogehabe an den Tag legen mußte, um effektiver zu sein. Falls Terrell sein Teil dazu beitragen wollte, Jennifer Witt zur Strecke zu bringen, sorgte er am besten dafür, daß die Fakten sorgfältig arrangiert waren.
    Powell strahlte weiterhin Zuversicht aus - egal, welche Nachlässigkeiten ihm bei der Vorbereitung des Prozesses un terlaufen sein mochten, er würde gewinnen.
    Es war beunruhigend.
    »Inspector Terrell«, begann Powell, »da bereits geklärt ist, wer Sie sind und was Sie tun, lassen Sie uns mit Ihrer An kunft am Tatort, dem Haus der Witts am Olympia Way, beginnen. Wann genau war das?«
    Diesmal setzte Terrell nicht sein gewinnendes Lächeln auf - er blieb völlig geschäftsmäßig, unternahm nicht den Versuch, sich bei jemandem einzuschmeicheln, er tat einfach seinen Job. »Ich kam um zehn Uhr dreiundvierzig am Tatort an. Es waren bereits mehrere Polizeibeamte vor Ort, und das Zim mer war gesichert worden.«
    »Sahen Sie die Angeklagte, Jennifer Witt?«
    »Ja. Als ich hereinkam, saß sie in einem großen Zimmer rechts von der Haustür auf einer Couch. Einer der Beamten zeigte sie mir, und ich ging hinüber, um mich mit ihr zu un terhalten.«
    »Wie verhielt sie sich zu diesem Zeitpunkt?«
    »Sie saß im Schneidersitz, die Hände lagen gefaltet im Schoß. Sie war ruhig.«
    »Sie weinte nicht?«
    »Nein, Sir.«
    »Und war sie in der Lage, zusammenhängend zu sprechen?«
    »Ja, Sir.«
    »Hatten Sie, Inspector Terrell, zu dem Zeitpunkt irgend einen Grund zu dem Verdacht, daß Mrs. Witt die Morde be gangen hatte?«
    Terrell dachte einen Augenblick nach. »Nicht wirklich, außer daß, statistisch gesehen, Eheleute einander oft umbringen.« Terrell lehnte sich zurück, fühlte sich im harten Zeugenstuhl zum ersten Mal wohl.
    Powell sah vermutlich ehrlich verwirrt die Geschworenen an. »Aber hatte Officer Gage Ihnen denn nichts von dem i ch weiß aus dem Mund von Mrs. Witt gesagt, als er ihr von den Leichen im ersten Stock berichtete?«
    »Doch, aber ich schätze mal, ich habe das dem Schock zugeschrieben. Außerdem hätte sie selbst zu der Schlußfolge rung kommen können, während sie darauf wartete, daß er das Haus absuchte.«
    Das war gut, aber nicht für Jennifer. Terrell war dabei, sein Image als Hitzkopf zu korrigieren, das er neulich demonstriert hatte. Er war Jennifer nicht wie ein tollwütiger Köter an die Kehle gesprungen. Er hatte abgewartet, bis die Beweise sich häuften. Und Powell führte ihn genau dorthin, nämlich zu seiner Gewißheit, daß Jennifer das Verbrechen begangen hatte. »Haben Sie im Verlauf späterer Vernehmungen Mrs. Witt gefragt, wer es ihrer Meinung nach getan hat?«
    Jetzt rückte Terrell nach vorne. »Nun, wir von der Polizei fragen uns immer cui bono, was bedeutet, wer profitiert da von? Und als ich hörte, daß Mrs. Witt rund fünf Millionen Dollar erben würde, na ja, da hat mich das natürlich stutzig gemacht. Ich fragte sie, ob sonst noch jemand etwas erben würde. Sie sagte nein.«
    »Fahren Sie fort.«
    »Als nächstes hat sie mir erzählt, daß ihr Mann keine Feinde hatte, und wenn das so war, dann mußte das Motiv für die Morde ein unpersönliches sein, Diebstahl beispielsweise. Ich bat sie darum, das Haus zu durchsuchen und eine Liste von allen Dingen - egal wie geringfügig - aufzustellen, die fehlten.«
    Hardy hatte das alles bereits gehört, aber jetzt kam es in einer glaubwürdigen und für die Verteidigung fatalen Weise heraus. Die Pistole, die von Jennifer nicht als vermißt angegeben worden war, die Tatsache, daß sie sich erst spät an den merkwürdigen dunkelhäutigen Mann im Trenchcoat erinnert hatte, der die Straße hochgegangen war, als sie bergab spazierte.
    Als Powell fertig war und Freeman die weitere Befragung überließ, schlug der Verteidiger dieselbe Linie ein, die auch Hardy gewählt hätte - das einzige

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