Das Urteil
hatte seine zwei Cents beigesteuert. Und wie über all auf der Welt waren zwei Cents im Grunde genommen wertlos.
Freeman öffnete die Tür und ging hinaus in den so herrlich kühlen Flur.
»Inspector Terrell, ich glaube, wir haben zuletzt darüber gesprochen, daß Larry Witt keine Feinde hatte. Sie haben Mrs. Witts Behauptung, daß er keine Feinde hatte, überprüft, stimmt's?«
»Das ist Teil jeder Untersuchung in einem Mordfall, herauszufinden, wer ein Motiv hatte, den Verstorbenen umzu bringen.«
Freeman, noch immer leicht rot im Gesicht wegen der Affenhitze in der Suite, warf einen kurzen Blick auf den gelben Notizblock, den er in der Hand hielt. »Und waren Ihre Bemühungen, Feinde von Dr. Witt aufzutreiben, erfolgreich?«
Terrells Ansicht darüber, wer zu Larry Witts Feinden ge zählt haben könnte, war in der Tat - wie dieser Teil der Nach forschungen insgesamt - durch und durch spekulativ, strittig und irrelevant, aber Powell schien keinen Einspruch erheben zu wollen.
Terrell hatte keine Eile. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, reckte sich, hob die Schultern, ließ sie wieder fallen. »In welchem Sinn?«
Freeman sah zur Jury hinüber. Ein kooperativer Zeuge hätte seine Frage zweifellos verstanden. Aber er ließ sich davon nicht beirren. »In dem Sinn, daß Sie Personen aufgespürt haben, die möglicherweise ein Motiv hatten, um Mr. Witt umzubringen?«
»Möglicherweise, vielleicht.«
»Und ist Ihnen irgendeine dieser Personen im Verlauf Ihrer gründlichen Nachforschungen verdächtig erschienen?«
»Nein.«
»Nein? Warum nicht?«
Terrell erklärte geduldig: »Weil es damals keinerlei Hin- Weise darauf gab, irgend jemand sonst mit dem Verbrechen in Verbindung zu bringen.«
Eine gute Antwort. Aber Freeman hatte wenigstens das Zu geständnis aus ihm herausgelockt, daß es »vielleicht« andere Personen gab, die ein Motiv hatten. Hardy fand, Freeman sollte es dabei belassen und sich setzen. Doch wiederum sollte das nicht sein. Hardy sank das Herz in die Hose, als er sich Malraux' Ausspruch in Erinnerung rief, daß der Charakter Schicksal sei. War Freeman soeben im Begriff, sein - d. h. Jen nifers - Schicksal herauszufordern?
»Damals, sagen Sie. Wollen Sie damit sagen, Sie haben der lei Hinweise erhalten, seit die Angeklagte in Haft ist?«
Freeman wandte sich der Jury zu und bezog die Geschwore nen in seine Reaktion mit ein. »Und haben Sie eine andere Person mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht?«
»Ja.« Terrell brachte Freeman dazu, die Sache aus ihm her auszulocken. Hardy beschwor seinen Partner im stillen aufzuhören, sich zu setzen, es gut sein zu lassen. Aber es war bereits zu spät. Die Würfel waren gefallen.
»Und dennoch haben Sie Mrs. Witt in U-Haft behalten? Obwohl es einen anderen Tatverdächtigen gibt?« Erneut das Miteinbeziehen der Jury.
»Ich habe nicht gesagt, daß es einen anderen Tatverdächti gen gibt. Tatsache ist, daß diese Person das Motiv von Mrs. Witt lediglich verstärkt hat. Es gibt nichts, das ihn mit dem Schauplatz des Verbrechens in Verbindung bringt.« Jennifer packte Hardys Arm.
Terrell konnte nicht länger an sich halten. Ohne gefragt zu werden, erklärte er: »Mrs. Witt hatte eine Affäre. Sie schlief mit ihrem Psychiater.«
Es war reine Spekulation, offensichtlich auf der Grundlage von Hörensagen. Es war absolut unzulässig, aber David hatte es darauf angelegt, und er hatte es bekommen. Er machte sich nicht die Mühe, Einspruch zu erheben. Der Schaden war be reits angerichtet.
Teil vier
38
Es war die Schlacht der Moderatoren, jeder Fernsehkanal versuchte den anderen mit neuen Schmutzgeschichten über Dr. Ken Lightner, den angeblichen Liebhaber von Jennifer Witt, zu übertrumpfen. Sie hatten nicht viel Glück.
Obwohl die »Date Night« bevorstand, rief Hardy bei Frannie an und sagte, es tue ihm leid, aber er käme nicht nach Hause. Sie könne den Grund dafür im Fernsehen erfahren. Er mußte eine Menge Dinge erledigen, die liegengeblieben waren.
Nachdem er das Justizgebäude verlassen hatte, fuhr er zurück ins Büro und schaltete seinerseits eine Weile den Fernseher an. Einige von Freemans feurigen Junganwälten hingen im Konferenzraum herum und überlegten, wie man nach diesem Desaster noch etwas retten könne. Niemand fiel etwas Brauchbares ein, außer daß alle der Meinung waren, es sei großer Mist, wenn der Mandant einen anlog oder einem ernsthaft Informationen vorenthielt.
Nach einem einstündigen Streit mit Jennifer, in dessen
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