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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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nicht gefragt?«
    »Ich glaube, es lag daran, daß sich die Gelegenheit nicht ergab.«
    »Also soll ich los und es herausfinden, richtig? Ein Klacks. Apropos Klacks, schneid mir doch bitte ein Stück Kuchen ab.«
    Die Reste von Jacobs Geburtstagstorte, inzwischen reichlich demoliert, lagen auf der Spüle, und Hardy schaufelte etwas davon auf einen Pappteller und trug ihn zum Tisch. »Siehst du, was für ein guter Freund ich bin?«
    Glitsky strich mit dem Finger durch den Zuckerguß und leckte ihn ab. »Absurd«, sagte er.
    Hardy zuckte die Schultern. »Wie so vieles im Leben.«
    Freeman trank in seinem französischen Restaurant dann aber doch keine zwei Flaschen Wein. Statt dessen entschied er nach der ersten, daß er Jennifer noch mal auf den Zahn fühlen, dieser Sache mit der Affäre auf den Grund gehen mußte.
    Aber er schaffte es nicht hinauf bis zum Gefängnis. Ken Lightner stieg soeben die breite Treppe des Justizpalastes hinunter, als Freeman unten ankam. Freeman, der in keiner Situation zögerte, sprang aus dem Taxi, stieß sich dabei den Kopf an und rief: »Dr. Lightner, warten Sie doch bitte einen Moment!«
    Freeman fummelte Geld aus dem Portemonnaie und warf eine Handvoll Münzen und Banknoten durch das Vorderfenster des Taxis. Lightner war am unteren Ende der Treppe a ngelangt. »Mr. Freeman, tut mir leid, aber es ist spät, und ich bin sehr müde. Um was es auch immer geht, es muß einfach warten.«
    »Das kommt überhaupt nicht in Frage, Sir. Ich muß von Ihnen die Wahrheit erfahren, und zwar jetzt auf der Stelle.«
    Lightner gestikulierte in Richtung des Gerichtsgebäudes. »Ich habe dort bereits heute nachmittag die Wahrheit gesagt.«
    »Und morgen, wenn ich Lust habe, kann ich Sie dazu ins Kreuzverhör nehmen, was Sie gesagt haben. Ist es Ihnen wirklich lieber, wenn wir erst dann darüber sprechen? Was haben Sie überhaupt dort drin gemacht? Meine Mandantin besucht?«
    »Meine Patientin besucht, Mr. Freeman. Meine Patientin.«
    »Und Ihre Geliebte?«
    Diesmal wog Lightner seine Antwort sorgsam ab. »Ich habe das unter Eid verneint. Das werden Sie akzeptieren müssen.«
    »Ich akzeptiere es nicht«, sagte Freeman. »Ich glaube es nicht, und das macht Sie zu meinem wichtigsten Tatverdäch tigen.«
    »Mich? Sie machen Witze!«
    Freeman zeigte mit dem Finger auf ihn. »Jawohl, Sie. Nein, ich mache keinen Scherz. Wenn Sie eine Affäre mit Jennifer hatten, dann hatten Sie ein mindestens ebenso gutes Motiv wie sie, ihren Mann umzubringen.« Natürlich glaubte er das nicht wirklich, aber er mußte es versuchen. »Also freue ich mich bereits jetzt darauf, morgen im Zeugenstand mit Ihnen zu sprechen, und wenn Sie denken, daß Sie jetzt müde sind ...« Freeman machte sich auf den Weg zum breiten Eingangsportal.
    »Einen Moment mal...«
    Freeman drehte sich um. »Es wird eine ganze Weile länger als einen Moment dauern, Dr. Lightner. Haben Sie nun Zeit oder nicht? Wenn nicht, habe ich bessere Dinge zu tun.«
    Sie standen zehn Schritte voneinander entfernt, Freeman die Füße fest auf den Boden gepflanzt wie ein Boxer. Lightner kratzte sich am Bart. »Also gut«, sagte er. »Aber nicht hier.«
    »Ich weiß wo«, sagte Freeman, der sich schon in Bewegung gesetzt hatte und voranging, die Bryant Street überquerte, durch all die Türen und die Treppen hinunter zu dem unterirdischen Labyrinth, das zu Lou dem Griechen führte. Zu dieser späten Stunde war es dort beinahe leer. Lou machte sauber, der Fernseher war ausgeschaltet. Zwei Stammgäste saßen stumm über ihrem Bier und Schnaps am Tresen, und ein Pärchen in einer seitlichen Sitznische hielt sich eng umschlungen. Freeman führte Ligthner weiter nach hinten in eine andere Sitznische. Als Lou sich auf sie zu bewegte, winkte Freeman ab.
    »Meine einzige Sorge, Mr. Freeman, gilt Jennifer.« Draußen war es nicht sehr warm gewesen, und hier drinnen bei Lou war es auch nicht viel besser, aber auf Lightners Stirn glitzerten Schweißperlen, die er selbst nicht zu bemerken schien.
    »Nun, desto besser, Dr. Lightner, das bringt uns schon weiter.« Freeman klopfte laut auf den Tisch und rief: »Wenn ich noch mal drüber nachdenke, Lou, bringen Sie uns doch bitte zwei kalte Flaschen Bier!« Er wandte sich wieder Lightner zu, faltete die Hände und legte sie vor sich auf den Tisch. »Ich höre, Dr. Lightner.«
    Wieder wurde der Bart gekratzt. »Es ist kompliziert. Sie denkt, daß sie verliebt ist. In mich. Das ist ein gängiges Phäno men, Projektion, verstärkt durch die

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