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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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hinunterlief. Wir werden Ihnen schließlich und endlich Beweise vorlegen - überzeugende, zwingende, unanfechtbare Beweise -, daß Jennifer Witt Larry und Matthew nicht umgebracht haben kann - weil sie sich in Wahrheit gar nicht im Haus befand, als die Schüsse abgegeben wurden. Sie konnte gar nicht dort gewesen sein. Genauso, wie dieses Gericht zu dem Schluß gekommen ist, daß es keine ausreichenden Beweise dafür gab, daß Jennifer Witt ihren ersten Ehemann, Ned Hollis, umgebracht hat, gibt es keine Beweise dafür, daß sie ihren zweiten Ehemann und, um Himmels willen, ihr Kind umgebracht hat.« Er wies zum letzten Mal mit dem Finger auf Jennifer. »Dort sitzt eine Frau, die wirklich zu Unrecht angeklagt wurde. Ein Opfer, keine Verbrecherin. Mrs. Witt ist mehr als nur in rechtlichem Sinne nicht schuldig - sie ist in Wahrheit und in faktischer Hinsicht eine unschuldige Frau.«
    Wenn er Trübsal blies, fragte Hardy sich regelmäßig, ob es nicht irgendwie am Klima San Franciscos lag. Er hatte oft gehört, daß sich irgend etwas im leicht salzigen, böigen Äther der Stadt befinde - ein Schimmel- oder Sporenpilz oder sonst eine magische Substanz -, das für einige der großartigen gastronomischen Genüsse der Stadt verantwortlich sei - für Sauerteigbrot und trockene italienische Salami zum Beispiel. Doch er fragte sich auch immer wieder einmal, ob nicht auch ein weniger positiver Aspekt an der Sache sei, irgendein bislang unerforschtes parasitäres, chemisches oder meteorologisches Phänomen, das zu Beginn eines Unterfangens Hoffnung e ntstehen ließ, um sie dann zunichte zu machen, bevor es realisiert werden konnte.
    Man denke doch nur an die Giants in der Saison 1993. War eine Mannschaft je so weit gekommen, nur um sich dann so viele Schnitzer und Patzer zu leisten, daß sie mit einem Spiel Differenz den Einzug in die Endrunde verpaßte? Man konnte soviel über ihre überstrapazierten Wurfarme und ihren eklatanten Mangel an Mannschaftsgeist reden, wie man nur wollte, aber es war eine verdammte Versuchung, das Klima dafür verantwortlich zu machen. Jetzt war Oktober, und Hardy sah San Francisco nicht in den Play-offs. Und damals als die Giants mit zehn Spielen Abstand vorn lagen, als die All-Star-Spieler benannt wurden, da hatte er auch noch den Glauben genährt, daß Jennifer freigesprochen würde - und jetzt machte er sich Sorgen, daß das nur eine weitere enttäuschte Hoffnung sei, genau wie die Meisterschaft. Denn trotz der Possenreißerei und -der Erfahrung Freemans, trotz seiner »anderen Typen«, trotz des Sieges in dem Teil des Prozesses, bei dem es um Ned Hollis ging, sogar trotz Freemans wirklich brillanter Kreuzverhöre der wichtigsten Augenzeugen der Anklage, nämlich Florence Barbieto und Anthony Alvarez, trotz alledem glaubte er mittlerweile, daß sie vermutlich verlieren würden.
    Seit die Sache mit Lightner auf den Tisch gekommen war, schien der Verteidigung der Wind aus den Segeln genommen, und dies trotz aller Versuche Davids, die Scharte wieder auszuwetzen. Natürlich würde Freeman niemals eine Niederlage oder auch nur deren Wahrscheinlichkeit zugeben, und er tat auch sein Bestes, um das Schiff auf Kurs zu halten, aber der Ballast - das Gewicht aller offenkundigen Lügen Jennifers -schien jetzt einfach zu schwer zu sein. Alle Manöver der Verteidigung vermittelten jetzt ein ungutes Gefühl, man gewann den Eindruck, daß alles Debattieren und alle Feuerwerkskünste nicht zur Wahrheit führten und auch nicht der Gerechtigkeit dienten, trotz aller Argumente Freemans.
    Die Jurymitglieder stimmen nicht so, wie man es will, wenn man sie nicht davon überzeugt, daß es eine andere Wahrheit gibt, die sie vielleicht einfach nicht begriffen hatten. Eine Weile hatte selbst Hardy an die Möglichkeit einer anderen Wahrheit geglaubt, die vielleicht überzeugen konnte. Er dachte, die Jury würde ebenso denken, und was war ein berechtigter Zweifel, wenn nicht das?
    Jetzt - vielleicht lag es am Ende ja doch an der Luft -, wo Freeman, ganz wie die Giants und ihre überstrapazierten Arme, einen guten Start gehabt, es dann aber einfach nicht geschafft hatte, wenigstens einen einzigen überzeugenden anderen Typen zu präsentieren, und wo die Bombe mit Lightner und Jennifer - tja, er hatte Angst, die Saison könne bereits abgeschrieben werden.
    Am Montag morgen wurde Jennifer von David Freeman auf der einen und dem Justizwachtmeister auf der anderen Seite in den Gerichtssaal eskortiert. Im Kontrast zu der modischen

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