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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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einstellen müssen, nachdem sie meinem 1118 stattgegeben hatte.«
    Pfiff er im dunklen Wald? Hardy konnte sich nur schwer vorstellen, daß Freeman diese Geschichte noch einmal durchexerzieren wollte. Er bezweifelte auch, daß Freeman die Rechtslage richtig interpretierte. Aber er zog es wirklich vor, Jas jetzt nicht weiter zu erörtern. Statt dessen sagte er: »Vielleicht hätten Sie Lightner doch ins Kreuzverhör nehmen sollen. Von da an ging der Prozeß den Bach runter. Wenn die beiden eine Affäre hatten, hätten wir es so darstellen können, daß er ein ebenso gutes Motiv hatte wie sie.«
    Freeman schüttelte den Kopf. »Wenn«, sagte er. »Und wenn wir es hätten beweisen können, und wenn er nicht ein Alibi gehabt hätte, was er aber hat. Um nicht zu erwähnen, daß er mich ziemlich davon überzeugt hat, daß er so was einfach nicht tun würde. Nein, ich befürchte, Lightner hat Jennifer ein noch besseres Motiv gegeben, Diz. Je weniger die Jury von ihm zu Gesicht bekam, desto besser.«
    Frannie meldete sich schließlich zu Wort. »Bitte, ihr zwei. Ich fühle mich wirklich nicht gut, Dismas.« Sie sah Freeman an. »Tut mir leid, David, ich kann mit der Sache nicht besonders gut umgehen. Jennifer ist es nicht gewesen. Wie konnten die sie nur schuldig sprechen?«
    Ein Windstoß fauchte ihnen um die Ohren und schnitt Freeman die schon begonnene Antwort ab. Als er überlegte und sich schließlich doch gezwungen sah, Frannies Gesichtsausdruck zur Kenntnis zu nehmen, tat er einen Schritt nach vorn und legte beiden die Arme um die Schultern. »Fahren Sie nach Hause, Frannie. Ruhen Sie sich aus. Diz, Sie auch, na los, jetzt aber ab nach Hause.«
    Im Auto weinte Frannie leise vor sich hin. Hardy hatte wegen des Nieselregens die Scheibenwischer eingeschaltet. Mit beiden Händen hielt sie seine Hände fest, drückte sie auf ihren Schoß.
    »Du bist ja fassungsloser, als sie es war.«
    Frannie schüttelte den Kopf. »Nein. Sie hat sich nur zusammengerissen, versucht, nicht zusammenzubrechen.«
    Hardy warf ihr einen kurzen Blick zu. »Na, dann ist sie echt eine übermenschliche Zusammenreißerin.«
    Frannie nickte und sagte, daß Jennifer dies notgedrungen sein mußte. »Sie hat Matt nicht umgebracht, Dismas. Und sie hat auch Larry nicht umgebracht. Ich glaube das noch immer.«
    Hardy sah seine Frau an. Er drückte ihr die Hand, wußte nicht, was er sagen sollte.

40
    Als sie noch nicht gewußt hatte, daß die Jury an jenem Tag das Urteil fällen würde, hatte Frannie Pläne fürs Wochenende gemacht. Sie wußte, daß ihr Mann wahrscheinlich nicht fortfahren und sich lieber mit Freeman treffen wollte, um über die Sache zu diskutieren, sie zu analysieren und sich Sorgen zu machen. Sie war nicht der Ansicht, daß das klug wäre.
    Als sie Rebecca und Vincent bei der Großmutter abgeholt hatten und wieder zu Hause waren, half sie Dismas deshalb -obwohl ihr noch immer übel war -, die Sachen ins Auto zu packen, verfrachtete ihn dann auf den Beifahrersitz und fuhr neunzig Minuten lang in nördlicher Richtung bis zu dem kleinen Ort namens Occidental am Russian River.
    Sie hatte im alten Union Hotel zwei nebeneinanderliegende Zimmer gemietet; dort konnte man nichts anderes tun als riesige Portionen italienischer Hausmannskost zu essen und in der Bar etwas zu trinken und zu Country Musik zu tanzen und tagsüber im feuchtkalten Wetter durch die Gegend zu fahren, die Bäume und das Wasser anzuschauen und mit den Kindern zu spielen.
    Und auch wenn ihr ganz und gar nicht danach war, ließ sie Dismas ungefähr fünfunddreißig Minuten Zeit - bis sie in San Rafael waren -, damit er seine ganze Frustration sowie die Eindrücke über den Prozeß und das Urteil und die Pläne für die bevorstehende Straffestsetzungs-Phase herauslassen konnte.
    Jetzt aber, in diesem Moment, waren sie auf einem Familienwochenende. Das Verfahren zur Festlegung des Strafmaßes würde ihr Leben bald genug beherrschen. Doch dies hier war die Gelegenheit, um ein wenig auszuspannen. Sie hatte sich ziemliche Mühe gegeben, den Ausflug zu arrangie ren. Und sie forderte diese Pause für sich selbst, für die Kinder, für ihren Mann. Der Rest der Welt konnte bis Montag warten.
    Hardy wußte, daß das einer der Gründe war, weshalb er sie liebte. Sie war einfach gut in diesen Dingen.
    Er selbst neigte eher dazu, sich weiter und weiter ins Zeug zu legen, bis der Knoten irgendwie platzte, aber von ihr hatte er bei verschiedenen Gelegenheiten gelernt, daß es manchmal nicht

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