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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Eindruck hatte, er müsse Jennifer eine Dosis Wirklichkeit verabreichen, aber ihre Reaktion machte auf Hardy den Eindruck, daß Freeman zu weit ging. Sie kuschte wieder, zog den Kopf ein, wie sie es immer machte, hielt neue Tränen zurück.
    Freeman schien von diesem Verhalten unberührt zu bleiben, aber er machte vor ihr halt und sprach leiser. »Jennifer, sehen Sie mich an, abgemacht? Sehen Sie hoch. Prima, jetzt hören Sie mir zu. Wir versuchen unser Bestes, um Sie hier rauszuholen. Das ist mein Beruf - darin bin ich Experte, könnte man sagen. Und sobald man Sie für unschuldig erklärt hat, streichen Sie rund fünf Millionen Dollar von der Versicherung ein. Aber wenn man Sie nicht für unschuldig erklärt ... nun, dann bekommen Sie keinen Pfennig von ihrem Geld, weder von der Versicherung noch von Ihrem Geheimkonto. Und es steht Ihnen womöglich die Höchststrafe bevor. Also, was soll es sein? Die Entscheidung liegt bei Ihnen.«
    Sie schluckte kräftig und besah sich einen Augenblick lang den Tisch. »Die Sache ist nur die, Mr. Freeman«, flüsterte sie, »ist es nicht so, daß ich nicht mehr genug Geld für die Kaution haben werde, wenn ich Ihnen Ihre Anzahlung gebe?«
    Zuerst merkte man es überhaupt nicht. Vor einer Minute war Jennifer Witt erschüttert gewesen. Oder schien es zu sein. Jetzt waren ihre Augen klar, war ihr Kopf wieder oben.
    Auch Freeman bemerkte es. Diese Lady ließ sich von niemandem zum Narren halten. Jetzt war plötzlich ein wenig Kampfgeist in dem winzigen Zimmer zu spüren. Hardy war außen vor, aber Freeman setzte sich hin und beugte sich zu Jennifer vor. »Gut«, sagte er, »sehr gut«.
    »Was ist gut?« Sie lehnte sich in ihrem Klappstuhl weg von ihm, legte einen Ellbogen hinter die Lehne.
    Freeman ignorierte die direkte Frage. »Falls man Sie gegen Kaution freiläßt, was man bereits einmal abgelehnt hat, wie Sie sich erinnern werden. Sie glauben also, hunderttausend Dollar reichen für den Kautionssteiler, und Sie können hier raus und die Fliege machen, nicht wahr?«
    Jennifer, die immer noch nach hinten gelehnt saß, hielt stumm seinem Blick stand.
    »Sie glauben, daß Ihr Haus eine Million wert ist? Ich möchte Sie daran erinnern, daß Sie das gestern nicht geglaubt haben. Die dreihunderttausend auf Ihrem Geheimkonto reichen nicht. Und auch die Versicherung reicht nicht. Sie brauchen mindestens eine Million, die relativ flüssig ist. Und egal, wer Sie verteidigt und welches Honorar Sie dafür bezahlen, so sieht es aus. Kaution ist Zeitverschwendung. Selbst wenn man sie Ihnen gewährt, können Sie sie nicht bezahlen. «
    »Was bedeutet, daß ich hier drinbleibe, bis mein Prozeß vorbei ist?«
    Freeman nickte. »Ich fürchte, es bedeutet genau das.«
    Jennifer nahm das zur Kenntnis, rückte näher an den Tisch heran und faltete die Hände vor sich. Nach einer Minute begann sie überraschenderweise zu lächeln. Es war das erste Lächeln, das Hardy bei ihr gesehen hatte, und es war ganz bezaubernd. »Darüber muß ich noch etwas nachdenken.«
    Hardy wollte unterbrechen, aber Freeman hob abwehrend die Hand. »Schön, Jennifer, schön. Sollen wir uns einfach als Ihre Anwälte zurückziehen?«
    »Nein! Das will ich nicht. Kann ich nicht noch ein bißchen mehr Zeit haben, um ganz sicher zu sein?«
    »Jennifer, eine Anzahlung ist erforderlich. Das Gericht wird wissen wollen, daß Sie jederzeit juristischen Beistand haben. Wenn ich es nicht übernehme, wie ich Ihnen bereits gesagt habe, bestellt man irgend jemanden, und bis Ihr eigenes Geld verbraucht ist, müssen Sie die ebenfalls bezahlen.«
    »Könnte ich Ihnen jetzt beispielsweise fünfundzwanzigtausend bezahlen und den Rest am Montag, wenn ich mich dazu entschließe weiterzumachen...«
    »Statt was? Nicht weiterzumachen? Wollen Sie sich schuldig bekennen? Falls, und das ist überaus fraglich, sich der Staatsanwalt auf ein Geschäft einläßt, bedeutet das wahr scheinlich lebenslänglich ohne Möglichkeit der Entlassung auf Bewährung.«
    Wieder wurde Hardy nicht aus ihr schlau. Ihre Augen funkelten hell, lebendig. Verschreckt, eine tapfere Fassade? Oder ...
    »Ich weiß nicht.«
    Jetzt hatte Hardy das Gefühl, daß er etwas sagen mußte, »Jennifer, wenn Sie sich schuldig bekennen, bedeutet es, daß Sie sagen, Sie haben es getan, um mit einer geringeren Strafe davonzukommen. Ist Ihnen das klar?« Sie nickte langsam.
    »Aber Sie sagen zu uns - eisern und unbeirrt -, daß Sie es nicht getan haben. Also was stimmt nun?«
    »Diz, es

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