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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Ihr Prozeß fing in sechs Tagen an, und sie war sich sicher, daß keine Jury sie verurteilen würde.
    Rhea ähnelte Jennifer in Alter, Größe und Haarfarbe, aber eine Schönheit war aus ihr herausgewirtschaftet worden. Wie sie ihnen erzählte, hatte ihr Mann sie auf den Strich geschickt Und sie das Glück (oder Pech) gehabt, daß ein Freier seine Brieftasche mit fast tausend Dollar drin verlor. »Deshalb haben sie mich wegen schwerem Diebstahl angeklagt.«
    »Das probieren sie immer«, sagte Clara.
    »Wie hoch ist deine Kaution?« fragte Jennifer. Sie hatte in letzter Zeit öfter über die Kaution nachgedacht. Wenn sie dreihunderttausend Dollar besaß und für ein Drittel der Summe aus dem Gefängnis herauskommen konnte, konnte sie sich die übrigen zweihunderttausend schnappen und für lange Zeit verschwinden. Für immer. Weshalb sollte sie das Geld für David Freeman ausgeben, ihm einfach in den Rachen werfen? Es kam ihr irgendwie ungerecht vor.
    »Fünftausend«, gab Rhea zur Antwort. »Also braucht Jimmy einen Tag oder zwei, bis er es auftreibt. Keine große Sache. Wir haben darüber gesprochen.«
    »Willst du damit sagen, daß dein Freund die fünftausend Dollar anschleppt, und du gehst heute abend oder morgen nach Hause, und das war's?«
    »Für das Mädchen hier gibt's keine Kaution.« Jennifer war Claras Geschichte, und sie wollte sie loswerden. »Gar keine Kaution.«
    Rhea, die Clara ignorierte, schien irgendwie Lunte gerochen zu haben. Irgendwas war mit Jennifer los. »Du kriegst keine Kaution? Ist das wahr? Willst du denn nicht raus hier?«
    »Aber ja und amen«, sagte Mercedes. »Alle wollen raus hier.«
    »Außer mir.« Rosie, die um ein Haar ihren Freund getötet hätte, war die Jüngste von ihnen, eine zierliche Latina mit einem Engelsgesicht. »Ich bleib hier drin, solange sie mich lassen.«
    »Das willst du?«
    Rosies schwarze Augen funkelten Jennifer an. »Ich will wo sein, wo ich keine Prügel mehr beziehe.«
    »Du sagst es«, sagte Mercedes. »Amen, du sagst es.«
    »Ich komm hier raus«, fuhr Rosie fort, »und am nächsten Tag verpaßt mir irgendwer Prügel. Das nächste Mal, wenn mich irgendein Schweinehund schlägt, dann bring ich den um, glaub ich. Also bin ich hier drin« - und ihre Miene hellte sich auf - »sicher. Keiner schlägt mich. Und ich kann nicht zurückschlagen. Ich bleib ein Weilchen hier. Glaub ich.«
    Eine der Wärterinnen, auf deren Namensschild auf der Brust »Jessup« zu lesen stand, kam auf sie zu. Die Unterhaltung versiegte.
    Sie kam zu ihnen herüber. »Amüsieren sich die Damen gut? Hört sich jedenfalls ganz danach an.« Sie klopfte mit dem Holzknüppel sachte auf den Tisch, wobei ihr Mund zu einem dünnen Strich wurde, der beinahe unsichtbar war. »Schluß jetzt. Eßt langsam auf.«
    Jennifer hörte, wie ihr Name über den Lautsprecher aufgerufen wurde.
    Freeman hatte sich nicht hingesetzt. Hardy auch nicht. Jennifer schaute streitlustig zu ihnen auf. Freeman, der diese Szene offenbar bereits oft miterlebt hatte, sprach ganz nüchtern. »Typischerweise beläuft sich ein Mordprozeß über alle Instanzen auf Anwaltsgebühren von einer halben bis einer Million Dollar, also würde ich schon sagen, daß Ihre Anzahlung aufgebraucht wird.«
    »Und was dann?«
    »Was und was dann, Jennifer?«
    »Nachdem das Geld alle ist.«
    »Dann wenden wir uns ans Gericht und werden vom Staat bezahlt.«
    »Könnten sie dann nicht immer noch einen Pflichtverteidiger bestellen?«
    Freeman nickte. »Könnten sie, machen sie aber nicht. Sie haben kein Interesse daran, daß ein neues Team von Verteidigern kommt und ein Jahr braucht, bis es in die Gänge kommt. Zu dem Zeitpunkt kennen wir den Fall in- und auswendig, Und dann wird sich das Gericht an uns halten.«
    »Wie wär's, wenn wir mein ... mein Geheimkonto einfach nicht erwähnen?«
    Freeman schüttelte den Kopf und fing an, auf und ab zu gehen. »Jennifer. Ohne Ihr Geheimkonto gibt es von vornherein kein Geld, also beruft das Gericht sowieso, wen es will, und ~!e haben bereits erklärt, daß Sie das nicht wollen. Wissen Sie, ich fürchte, ich begreife Ihr Problem nicht so recht. Sie haben einen Prozeß vor sich, Jennifer, bei dem es um Ihr Geld geht. und Sie reden von Geld, das Sie nie ausgeben werden können, sofern Sie nicht die bestmögliche Verteidigung bekommen, und offen gesagt, vielleicht noch nicht einmal damit.«
    So ist's richtig, David, dachte Hardy bei sich, pack Zuckerguß auf die bittere Pille. Er begriff, daß Freeman den

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