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Das Vampir-Pendel

Das Vampir-Pendel

Titel: Das Vampir-Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ahnte, daß die letzte Nacht in seinem Leben angebrochen war, und er war froh, daß er mit sich und der Welt im reinen war. Die letzte Nacht also, zum Glück hatte er es noch rechtzeitig geschafft, sein Vampirpendel dem zu überlassen, der es wert war.
    Er selbst war jetzt schutzlos. Das machte ihm nichts aus. Auch den Tod fürchtete er nicht, zumindest nicht den normalen Tod. Er wollte nur eines nicht: von irgendeinem Geschöpf der Nacht in den Kreislauf der Untoten hineingezogen werden.
    Daß man ihm auf der Spur war, wußte er, und so hatte Juri bestimmte Vorkehrungen treffen können.
    Trotz seiner Blindheit kannte er sich in seiner Hütte bestens aus. Er wußte, wo sich die einzelnen Gegenstände befanden, die Tassen, Teller, Bestecke – und der Revolver.
    Ihn sah Juri als seine ultimative Waffe an. Er besaß ihn schon seit vielen Jahren, hatte ihn bisher aber nie gegen ein Lebewesen eingesetzt, sondern ihn für sich aufbewahrt.
    In der Trommel steckten nur drei Kugeln.
    Wahrscheinlich würde ein Schuß reichen, wenn er sich den Lauf in den Mund steckte.
    Der Plan war gut, er war sogar perfekt, und Juri lächelte, als er seine steifen Beine über den Bettrand schwang und zielsicher die Füße in seine flachen Treter steckte. Es war schon komisch, aber er freute sich darüber, den verdammten Blutsaugern ein Schnippchen geschlagen zu haben. Das machte ihn sogar beinahe happy.
    Juri stand auf.
    Wie immer machte sich sein Kreislauf durch Schwindelgefühle bemerkbar. Vor allen Dingen dann, wenn er zu lange gelegen hatte.
    Er wartete, bis dieses schwimmende Gefühl vorüber war, dann setzte er sich mit vorsichtigen Schritten in Bewegung. So tappte er langsam durch den Raum. Seine Beine bewegten sich wie die einer Puppe. Er konnte die Knie nicht mehr durchdrücken, die Gicht machte ihm schwer zu schaffen, aber in seinem Alter und in der Nacht vor dem Tod spielte das keine Rolle mehr. Er war allein, aber er würde nicht allein bleiben, das wußte Juri auch. Nur wollte er dem Bösen den allerletzten Triumph nicht gönnen. Die Geschöpfe der Nacht würden ihn nicht besiegen.
    Er wußte, wo die Truhe stand, und er bewegte sich dabei so sicher, daß er genau in der richtigen Entfernung zu diesem Möbelstück stehenblieb.
    Juri brauchte sich nur zu bücken, um den Hebel des Schlosses zu lösen.
    Mit einer Hand schob er den Deckel der Truhe in die Höhe. Dann bückte er sich, seine Hände tauchten ein und durchwühlten den Inhalt. Die Finger faßten in alte Tücher und Kleidungsstücke, die in der Truhe ihren Platz gefunden hatten.
    Juri hatte die Waffe erst vor zwei Tagen hervorgeholt und sie gereinigt, was ihm trotz seiner nicht mehr vorhandenen Sehkraft gelungen war.
    Daß er sich ihr genähert hatte, war bereits zu riechen, denn er holte ein nach Öl riechendes Tuch hervor, das er neben die Truhe warf. Mit der anderen Hand fand er den Revolver. Er stöhnte auf.
    Es machte ihn zufrieden, das Schießeisen zwischen seinen Fingern zu spüren. Mit einer entschlossen wirkenden Geste wechselte er den Revolver in die rechte Hand und ging mit der Waffe zurück zu seinem Bett. Es sollte der Ort des Sterbens sein, das hatte sich der blinde Mann fest vorgenommen.
    Er nahm Platz.
    Zum letzten Mal setzte sich der alte Juri nieder, das wußte er ebenfalls.
    Er würde nicht mehr aufstehen, sondern nur noch nach hinten kippen, das jedoch würde er nicht merken, denn dann hatte die Kugel sein Leben bereits zerstört.
    Probehalber steckte er den Waffenlauf in den Mund. Er spürte das kalte Metall auf den Lippen und hatte auch sofort den öligen Geschmack im Mund.
    Sein Finger fand den Drücker, aber er zog den Abzug noch nicht zurück.
    Es war eine Probe, mehr nicht, und deshalb zog er den kurzen Lauf wieder hervor, behielt den Revolver aber in der Hand und legte die rechte Hand zusammen mit der Waffe auf seinen Oberschenkel.
    So würde er warten.
    Als Blinder hatte er es auch gelernt, mit der Zeit umzugehen. So konnte er fast sekundengenau abschätzen, wieviel Zeit vergangen war, wenn er irgendwo wartete.
    Wie auch hier.
    Vier Minuten, höchstens fünf waren vorbei, als seine sensiblen Ohren das fremde Geräusch hörten, das an der Eingangstür des Hauses entstanden war.
    Der alte Juri lächelte, als er daran dachte, daß sich auch die Vampire nicht lautlos bewegen konnten.
    Und daß ihn einer der Blutsauger besuchen würde, das stand für ihn längst fest.
    Juri lächelte sogar und wollte es dem anderen auch nicht so schwer machen. »Komm

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