Das Vampir-Pendel
ruhig zu mir!« rief er mit brüchiger Stimme. »Ich habe dich erwartet.«
Es tat sich nichts. Eine Antwort wurde nicht gegeben. Davon ließ sich der Blinde nicht täuschen. Das Böse hatte ihn gefunden. Es war in der Nähe, und es mußte einfach etwas tun, um zu verhindern, daß das Vampirpendel Unheil anrichtete.
Der alte Juri riß den Mund auf, als er daran dachte. Er lachte nicht, denn das Lachen blieb ihm im Hals stecken. Und wenn, dann drangen nur glucksende, kaum zu hörende Laute hervor.
Der Blinde klappte den Mund wieder zu. Die Aura blieb nach wie vor. Sie wehte gegen ihn, und sie verdichtete sich. Er stellte sich vor, was draußen passierte. Der Pfähler war von der Hütte weggelockt worden.
Man hatte eine raffinierte Falle aufgebaut, in die er hineingetappt war.
Damit war der Weg für den anderen frei.
Aber das Pendel warnte. Marek würde wissen, daß etwas nicht stimmte.
Eigentlich hätte er reagieren müssen, wenn alles normal verlaufen wäre.
Es war nicht normal gegangen. Irgend etwas stimmte nicht. Darüber machte sich Juri mehr Sorgen als über sein eigenes Schicksal.
Was war schiefgegangen? Sein Atem hörte sich scharf und zischend an.
Schweiß drängte aus den Poren. Der Plan war so gut eingefädelt worden. Das Pendel hätte reagieren müssen, aber…
Wo war die große Unbekannte?
Marek nicht. Juri konnte sich nicht vorstellen, daß er in die Falle des Bösen getappt war. Es gab noch einen anderen, und ihm fiel Milan ein, der Soldat. Der für ihn so etwas wie ein Enkel war, den er liebte oder geliebt hatte?
Plötzlich war er durcheinander. Gleichzeitig aber wußte er Bescheid.
Milan war der schwache Faktor in seiner Rechnung. Der Vampir mußte sich an ihn herangemacht haben und hatte dafür gesorgt, daß alles nach seinem Plan lief.
Ein Geräusch schreckte den alten Juri aus seinen trüben Gedanken. Er hatte das Knarren einer Tür vernommen. Es hatte sich schlimm angehört, es war wie ein dumpfer Schrei gewesen, der aus dem Rachen eines Ungeheuers gedrungen war.
Die Aura verstärkte sich. Das Herz des alten Mannes raste. Juri wußte, daß seine letzten Minuten angebrochen waren. Der Vampir kam, um ihn zu holen. Er würde ihn in das Schattenreich hineinziehen und für eine spezielle Wiederkehr sorgen.
Nein, so nicht.
Juri legte seine rechte Hand um den Griff des Revolvers. Er war sein Ausweg. Lange genug hatte er ihn versteckt gehalten. Heute wollte und mußte er ihn benutzen.
Noch ließ er die Waffe stecken und lauschte den heimlichen Geräuschen. Das Knarren der Tür war längst vergangen und von anderen Lauten abgelöst worden. Tritte!
Auch nicht normal, sondern schlurfend und vorsichtig gesetzt. Der Fremde stand bereits in der Hütte.
Juri wurde beinahe irre, als er die Aura des Bösen so dicht bei sich spürte. Das war wie ein Ansturm negativer Energie, die nicht an ihm abprallte, sondern in ihm eindrang, als wollte sie ihn voll und ganz übernehmen. Noch immer lag der Schweiß auf seiner Stirn. Und das Herz klopfte wie wild.
Er schnappte nach Luft.
Sein Mund bewegte sich dabei ruckartig. Aber er zeigte gute Nerven und ließ die Waffe noch stecken. Damit wollte er den anderen überraschen und sie erst zu einem bestimmten Zeitpunkt ziehen.
Der Eindringling blieb stehen. Etwas versetzt, das war für Juri sehr gut zu spüren. »Ich bin da…«
»Das weiß ich.«
»Es hat lange gedauert, aber es hat sich gelohnt…«
Ein Name war nicht erwähnt worden. Für Juri spielte es auch keine Rolle. Namen waren unwichtig, es zählte einzig und allein das Böse, diese Sucht nach dem Blut.
Juri hörte sich kichern. Das wiederum paßte dem Eindringling nicht in den Kram. »Du lachst noch?«
»Ja, ich lache. Ich kann lachen, denn ich weiß genau, daß dir mein Blut nicht schmecken wird. Es ist zu alt, es ist verbraucht. Wer immer du bist, welchen Keim du immer zu mir hineingetragen hast, mein Blut ist nichts für dich. Du sollst daran ersticken!«
Der Blutsauger lachte fast wie eine Frau. »Du kannst viel sagen, viel erzählen, aber du hast unrecht. Ich kenne dich, ich weiß alles, und dein Blut ist nicht mehr frisch, das stimmt auch. Ich brauche es auch nicht unbedingt, denn ich habe mich erst vor kurzem satt trinken können. Verstehst du, was ich dir damit habe sagen wollen? Oder muß ich deutlicher werden?«
Nein, das mußte er nicht, aber Juri fragte dennoch: »Wer?«
»Ein junger Mann…«
Nicht Marek, nicht der Pfähler! Schoß es dem Blinden durch den Kopf.
Das ist gut,
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