Das verborgene Feuer
vertrauensseligen Schwachköpfe mit ihren Illusionen von Größe.«
Lorenzo hatte Pläne, große Pläne.
»Ich habe auch Pläne, aber die sind nicht klein, sondern werden zweifellos … die Welt verändern.«
Beatrice hatte nicht das Gefühl, sie könnte seine Pläne für immer verhindern, aber ohne die Finanzmittel, die sie ihm gerade raubte, würde er viel länger brauchen, sie umzusetzen. Ihr war klar, dass sie ihn nicht aufhalten, aber Zeit gewinnen konnte – und ihrem Vater so hoffentlich die Möglichkeit gab, sie zu finden. Und was Giovanni anging …
»Beatrice?«, rief Carwyn. »Was machst du da? Du siehst aus wie eine Katze, die einen Kanarienvogel verspeist hat.«
Sie drückte lächelnd die Eingabetaste, um den letzten elektronischen Nagel in Lorenzos Sarg zu schlagen und sich einen kräftigen Geldsegen zu bescheren, fürchtete aber, ein Großteil der Mittel werde so lange für sie unerreichbar bleiben, bis sie diese Einkünfte der Bundessteuerbehörde erklären konnte.
»Der unheimliche blonde Kanarienvogel ist tot, Carwyn – ihr habt ihn geschunden, und ich habe ihn erledigt.«
Giovanni kam zu ihr. »Was hast du getan? Falls du dich erneut in Gefahr gebracht hast –«
»Er ist erledigt, Gio, wenigstens für ein Weilchen.« Sie lehnte sich zurück, hob die Beine und stützte die Kampfstiefel auf die Tischkante.
»Was hast du getan?«
Sie sah in seine besorgten Augen. »Er ist ausgelöscht. All sein leicht verdientes Geld gehört nun mir. Er kommt an sein elektronisch angelegtes Geld nicht mehr heran – es sei denn, er verfügt über Summen, von denen sein erbärmlicher Assistent nichts wusste, doch das bezweifle ich. Sein Vermögen gehört jetzt mir. Und es ist an einem Ort geparkt, wo er es nicht erreichen kann.«
Carwyns Miene verzog sich zu einem gewaltigen Grinsen. »Gut gemacht, liebes Mädchen – sehr gut gemacht.«
Tenzin kam näher und sah hinter Carwyn hervor. »Ich mag sie.«
Beatrice lächelte ihr zu, sah dann aber schnell wieder Giovanni an, der sie die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte. Seine Miene war ausdruckslos geworden, und Beatrice vermochte seine Reaktion nicht zu deuten.
Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Carwyn Tenzin am Arm zog und beide die Bibliothek verließen. Sie erhob sich und Giovanni trat zu ihr, lehnte sich an den Tisch und sah in das prasselnde Kaminfeuer.
»Ich muss Carwyn beipflichten«, sagte er. »Das hast du gut gemacht. Gerissen. Du musst mit Caspar reden. Er kann dir helfen, das Geld zu waschen … falls du dabei Hilfe brauchst.« Seine Mundwinkel hoben sich in wehmütigem Lächeln.
Beatrice streichelte ihm die Wange. Sein Lächeln erstarb, und er schloss die Augen und schmiegte sich an ihre Hand. Sie spürte die Hitze, die immerzu auf seiner Haut brannte. Schließlich schlug er die Lider wieder auf und sah ihr – ganz stoischer Kämpfer – in die Augen.
Sie holte tief Luft. »Ich fahre nach L . A.«
»Ja«, sagte er leise, »ich weiß.« Er schloss die Lider erneut und rieb das Gesicht an ihrer Hand.
»Gio –«
»Du hast ein wunderbares Leben vor dir, Beatrice De Novo.«
Sie spürte Tränen in ihre Augen steigen.
Bitte mich zu bleiben,
dachte sie.
Bitte mich, mitkommen zu dürfen! Sag mir, dass du mich so sehr liebst wie ich dich
. Sie schluckte den Kloß im Hals herunter. »Bleibst du in Houston?«
Er zuckte die Achseln, ergriff ihre Hand, verschränkte seine Finger mit ihren und führte sie an seine Brust. »Vorläufig. Caspar scheint sehr an diesem Haus zu hängen«, meinte er lächelnd. »Und an dieser Stadt.«
»Und du?«
Er ließ ihre Hand los und zog Beatrice an sich. Seine Finger strichen über ihre Wange, sein Arm umfing ihre Hüfte, und er drückte ihr mit heißen Lippen einen Kuss auf den Mund. Sie küssten sich langsam in dem flackernden Licht, das den Raum erfüllte. Beatrice spürte, wie seine Energie ihre Haut vibrieren ließ, und drückte sich enger an ihn, angezogen von dem heimlichen Feuer, das zwischen ihnen brannte.
Nach einigen Minuten wanderte sein küssender Mund langsam über die Wange an ihr Ohr. Sie schloss die Augen und drückte Giovanni an sich, als er ihr zuflüsterte:»
Ubi amo, ibi patria
.«
Epilog
Los Angeles, Kalifornien
Februar 2005
Der Mann trat aus dem Schatten des Torbogens in das flackernde Licht des Hofs. Er musterte die Bungalow-Apartments ringsum und lächelte über die gefleckte Katze neben dem plätschernden Brunnen. Es war ein alter Gebäudekomplex, und leuchtend rote
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