Das verborgene Feuer
niemanden zum Narren halten.«
18
Houston, Texas
Juni 2004
»Was ist das?«
Er drehte sich verlegen um, als sie in die Küche kam. Carl winkte ihm von der Tür zu und verließ das Haus, um seine Runden zu drehen.
»Das ist … ein Kuchen.«
»Magst du Kuchen?«
Er runzelte die Stirn. »Es hieß, du magst Kuchen.«
Beatrice staunte schwer. »Du hast mir einen Kuchen besorgt?«
»Du hast die Prüfungen bestanden, und deine Großmutter ist nicht da.« Er räusperte sich. »Ich hab Caspar angerufen, und er hat einen Kuchen vorgeschlagen. Tut mir leid, wenn das –«
»Ich finde das ganz toll.«
Seine Mundwinkel hoben sich. Er war froh, dass seine Geste sie freute, auch wenn sie noch nicht gekostet hatte. »Deine Großmutter hat zu Caspar gesagt, du magst am liebsten Zitronenkuchen. Offen gestanden: Ich habe ihn bestellt. Ich kann mir nicht denken, dass du etwas von mir gebacken haben möchtest.«
Beatrice lächelte, stellte ihre Aktentasche ab und trat zu ihm an den Küchentresen.
»Es wäre trotzdem eine heiße Sache, dir dabei zuzusehen, wie du etwas zu backen versuchst.«
Er wandte sich schnaubend ab und nahm den kleinen Zitronenkuchen aus seiner pinkfarbenen Geschenkverpackung.
»Hast du dir schon mal etwas mit deinem Feuer gekocht?«
Er schüttelte den Kopf und lachte leise. »Nichts, was du essen willst, Beatrice.«
»Wieso? Oha! Du hast auf die Tour schon den einen oder anderen umgebracht, oder?«
Er zuckte die Achseln. »Was dachtest du denn, als Carwyn meinte, ich möge meine Feinde ›extra kross‹?«
»Ehrlich gesagt, ich wollte über diese Bemerkung lieber nicht nachdenken.«
»Wer fünfhundert Jahre auf der Erde lebt, kommt nicht umhin, sich auch mal jemanden zum Feind zu machen.«
»Das merke ich mir.« Sie spähte lächelnd über seine Schulter.
Giovanni schnitt augenzwinkernd ein Stück Kuchen ab, tat es auf einen Teller und gab es ihr. »Moment noch …«
Er holte eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank, öffnete sie und nahm zwei Sektflöten aus der Anrichte.
»Komm. Ins Esszimmer. Du kannst deinen Abschlusskuchen unmöglich im Stehen in der Küche verdrücken.«
Sie folgte ihm zum Esszimmertisch, und Giovanni sandte ein paar Flammen zu den neu aufgesteckten weißen Wachskerzen. Dann goss er ihnen beiden Champagner ein und setzte sich neben sie.
Er hob sein Glas. »Auf dein Wohl, Beatrice De Novo. Herzlichen Glückwunsch zu deinem Erfolg.«
»Danke!« Sie errötete vor Freude, nahm einen Schluck Champagner und biss in den Kuchen. »Köstlich!«
Er trank zufrieden aus seiner Flöte. »Das freut mich.«
»Möchtest du mal beißen?«
»Eher nicht. Sachen mit Raffinadezucker sind meist viel zu süß für mich.«
»Wirklich?« Sie sah ihn mit leicht zur Seite geneigtem Kopf an und sah bezaubernd aus.
»Ja, als ich noch Mensch war, gab es nichts so Süßes. Jedenfalls nicht, dass ich wüsste … vielleicht Honig. Oder Obst. Das esse ich bisweilen. Manche Obstsorten mag ich sehr.«
Sie beugte sich lächelnd vor und stützte das Kinn in die Hand. »Zum Beispiel?«
Giovanni runzelte die Stirn und überlegte, wer ihm zuletzt persönliche Fragen gestellt hatte. Warum auch immer – ihm gefiel es, sie an seinen Neigungen und Abneigungen teilhaben zu lassen. »Ich mag frische Feigen. Und … Aprikosen.«
»Die mag ich auch.«
»Was isst du denn am liebsten?«
Sie nahm noch einen Schluck Champagner, und er sah zu, wie das Glas sich ihren Lippen näherte. Ob sie vom Kuchen wohl süß schmeckten?
»Ich mag Scharfes. Alles mit Chili, vor allem das Essen meiner Großmutter. Und Schokolade, aber nur die dunkle.«
»Als Mensch habe ich Schokolade nie gekostet. Die Neue Welt war gerade erst entdeckt, und ich habe davon nichts mitbekommen.«
Sie staunte ihn an. »Das stimmt. Dann kennst du auch keine Tomaten.«
Er schüttelte den Kopf. »Keine Tomaten, keinen Mais … und auch keine Kartoffeln übrigens.«
»Witzig – inzwischen gelten Tomaten als italienisches Gemüse.«
»Ach«, er lachte leise, »mein Essen als Kind war ganz anders als das, was es heute in Italien gibt.«
»Tatsächlich?«
»Damals wurde viel fetter gekocht. Jede Menge Eintöpfe und Schmorgerichte. Mir gefällt die moderne Küche besser. Es gibt viel mehr Zutaten, auch bei den Gewürzen.«
»Ja«, Beatrice lächelte versonnen, »ich schätze, wir haben es ziemlich gut.«
»Sehr gut haben wir es.«
Sie nahm einen weiteren Schluck Champagner. »Der ist wirklich ausgezeichnet. Welche Marke ist
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