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Das verborgene Kind

Das verborgene Kind

Titel: Das verborgene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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Tom erinnert hatte, und er fragte sich, ob die beiden wohl ein Paar gewesen waren. Er vermutete nicht. Aber sogar in diesen Momenten, in denen eine andere Art von Vertrautheit zwischen ihnen hätte aufblühen können, war die alte geschwisterliche Beziehung so tief in ihnen verwurzelt gewesen, dass das unmöglich erschien. Nach und nach hatten Freunde und Bekannte ihre Beziehung so akzeptiert, wie sie war, und glücklicherweise war durch Venetia alles sogar noch einfacher geworden, denn ihre Affäre war mehr oder weniger ein offenes Geheimnis. Viele Männer beneideten ihn sogar.
    »Du Glückspilz«, pflegten sie zu sagen. »Dieses hübsche Mädchen sorgt für dich, und eine hinreißende Frau wie Venetia ist verrückt nach dir. Was ist dein Geheimnis, Milo?«
    Nur Sara war wütend auf ihn, weil er alles hatte.
    Milo runzelte die Stirn. Mit dem Gedanken an Sara meldete sich die Erinnerung, dass Nick später eintreffen würde. Sara hatte ihn telefonisch angekündigt.
    »Nick möchte dich besuchen«, hatte sie aggressiv verkündet, fast, als würde er als Vater Nick ablehnen. »Und nörgle nicht an ihm herum, Milo. Der arme Junge ist ganz durcheinander. Sei einfach nett zu ihm!«
    Er spürte, wie das vertraute Gefühl von Empörung, sogar Zorn in ihm aufstieg. Warum ging sie immer davon aus, dass er launisch oder unangenehm sein würde? Oder redete sie sich ein, dass nur sie ihren Sohn richtig verstand? Milo schüttelte den Kopf: Das stimmte nicht. In Nicks Jugend hatten sie wunderbare Zeiten als Familie hier im High House erlebt; aber manchmal waren auch nur sie beide zusammen gewesen und hatten ein paar herrliche Segelurlaube miteinander verbracht. Und er hatte sich immer große Mühe gegeben, bei wichtigen Ereignissen in der Schule anwesend zu sein, obwohl die Armee ihm das nicht immer leicht gemacht hatte. Diese unfairen Bemerkungen, die sie in der Vergangenheit so oft fallen ließ, verlockten ihn beinahe, sich Nick gegenüber launisch zu geben, aber die Liebe zu seinem Sohn und Nicks entspannte Haltung angesichts der einseitigen Parteinahme seiner Mutter wirkten immer entwaffnend auf ihn. Trotzdem vermutete er, dass dieser Besuch schwierig werden würde.
    Eine weitere Amsel war aufgetaucht, und nun war ein Revierkampf im Gange. Lottie hatte Pud gerufen und war verschwunden. Milo wandte sich vom Fenster ab und ging duschen.
    Im Salon öffnete Lottie die Tür des Holzofens und legte vorsichtig ein kleines Scheit auf die noch heiße Asche. Auch sie dachte über Nick nach und fragte sich, was hinter seinem Besuch stecken mochte. Sara war ihr ausgewichen.
    »Nick ruft euch an«, hatte sie mit dieser gebieterischen Stimme gesagt, die unausgesprochen verkündete, dass sie immer noch die Herrin von High House sei. »Er will seinen Vater sehen. Ich hoffe, Matt ist nicht mehr bei euch.«
    »Matt ist fort«, hatte sie ruhig zurückgegeben, »aber selbst wenn er noch hier wäre, hätten wir reichlich Platz für Nick. Wir freuen uns, wenn er kommt. Das weißt du doch.«
    »Das ist nicht der Punkt, Charlotte. Wenigstens ab und zu möchte Nick seinen Vater allein sehen. Es ist schließlich sein Zuhause.«
    »Natürlich ist es das. Außerdem ist Matt, wie ich sagte, bereits abgereist, und ich verspreche dir, dass ich mich taktvoll zurückziehen werde.« Sie zögerte. »Ich hoffe, es gibt kein ernstes Problem.«
    »Nein.« Sie hatte zu schnell geantwortet, um überzeugend zu klingen. »Alice übertreibt natürlich. Hol mir mal Milo ans Telefon, ja?«
    Jetzt schloss Lottie die Tür des Holzofens, stand auf, wischte sich den Staub von den Händen und zog den Strickmantel fest um sich. Sara machte kein Geheimnis daraus, dass sie Alice noch nie wirklich gemocht hatte; nicht einmal Alice selbst gegenüber. Diese Abneigung gegen ihre Schwiegertochter würde das Ganze nicht einfacher machen.
    Einen Moment lang stand Lottie da und beobachtete die Vögel – Blaumeisen, ein Rotkehlchen und eine Schar Spatzen – am Vogelhäuschen und auf dem Futtertisch. Plötzlich tauchte ein viel größerer Vogel auf. Vor den Glastüren stolzierte ein Fasan über die Terrasse. Sein buntes Gefieder schimmerte in Kupfer-, Grün- und Rottönen. Mit gesenktem Kopf und gerecktem Hals hielt er inne und starrte die Tür an, in der er einen Rivalen sah, ein attraktives Männchen, das seinen Blick erwiderte. Er kam näher, und sein Spiegelbild bewegte sich mit ihm, brüstete sich, hackte und pickte gegen das Glas, bis Pud ins Zimmer kam, verblüfft zögerte und

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