Das verborgene Kind
sehr«, murmelte er.
»Natürlich tust du das. Ich habe Matt erklärt, dass man mit einem weichen Kern kein Brigadier wird, aber in deinem Fall frage ich mich, ob die Armee eine Ausnahme gemacht hat. Wobei du bei Venetia auch knallhart sein kannst.«
Er pfiff durch die Zähne und schüttelte den Kopf. »Venetia ist eine gefährliche Frau. Da musst du bei jedem Schritt aufpassen.«
Lottie trank etwas Kaffee. »Sie ist erstaunlich«, meinte sie nachdenklich. »Ich kann kaum glauben, dass sie siebzig ist, weißt du.«
Milo stieß ein wenig mitfühlendes Lachen aus. »Sie selbst glaubt es auch nicht! Hast du die hochhackigen Schuhe gesehen, die sie letzte Woche anhatte? Darauf stakst sie herum wie ein Storch im Salat. Irgendwann wird sie sich noch die Knochen brechen.«
Lottie konnte ein Kichern nicht unterdrücken. »Ich nehme alles zurück. Du bist sehr grausam.«
»Unsinn! Ich käme nie auf die Idee, ihr das zu sagen.«
Lottie schüttelte den Kopf, schwieg jedoch. Sie überlegte, dass dies einer der Vorteile daran war, nicht verheiratet zu sein. Sie fühlte sich nicht für Milo verantwortlich; sie fühlte sich auch nicht verpflichtet, ihn zu tadeln, und fühlte sich nie durch etwas, was er sagte oder tat, in Verlegenheit gebracht. Schließlich fiel es nicht auf sie zurück. Das war eine große Freiheit innerhalb ihrer Beziehung: keine schlechte Laune und kein Streit, weil jemand Liebe oder Rechte einforderte oder infrage stellte.
Sie stand vom Tisch auf. »Ich ziehe mich an«, erklärte sie und ging davon.
Milo saß noch eine Minute da und trank seinen Kaffee aus. Er fühlte sich entspannter. Vielleicht waren Nicks Probleme doch nicht so ernst. Er stand auf und räumte das Geschirr ab.
8. Kapitel
I mogen lief eilig zur Tür und hoffte, dass die Klingel Rosie nicht geweckt hatte. Verblüfft sah sie Nick draußen stehen.
»Nick!«, rief sie aus und legte automatisch die Finger auf die Lippen. »Rosie schläft. Komm herein! Was machst du hier? Bist du gestern Abend angekommen?«
»War noch gar nicht zu Hause.« Er folgte ihr ins Wohnzimmer, schaute sich um und setzte dieses gewisse Lächeln auf. »Ich wollte zuerst dich sehen.«
»Ach?« Sie war hinter die Küchentheke getreten und schaltete den Wasserkocher ein. Jetzt drehte sie sich um und blickte ihn aus misstrauisch zusammengezogenen Augen an. »Wieso?«
Immer noch lächelnd, zuckte er die Achseln. »Weil wir alte Freunde sind, oder nicht?«
»Natürlich sind wir das.« Sie hantierte geschäftig mit Bechern und Teebeuteln herum. Wie immer beunruhigte sie dieser spezielle lächelnde Blick. »Aber trotzdem ...«
Er hievte sich auf einen der Hocker. »Nun ja, im Moment brauche ich alle Freunde, die ich kriegen kann.«
»Oh, Nick.« Sie klang verärgert. »Was ist es denn dieses Mal? Hat Alice dich wirklich verlassen, oder habt ihr nur eine schwierige Phase?«
Er stützte sich mit beiden Armen auf die Theke. Jetzt sah er sie nicht an. »Dieses Mal ist es ein wenig ernster, Im.«
Sie spürte einen ängstlichen Stich. »Oh Gott, Nick. Hast du dich auf etwas eingelassen?«
»Nicht so, wie du meinst. Es hat nichts mit einer Frau zu tun.«
Er sah sie an, und sie wusste, dass er den Anflug von Erleichterung wahrgenommen und registriert hatte. Obwohl, warum sollte es ihr nach so langer Zeit etwas ausmachen, selbst wenn es so wäre? Sie erwiderte seinen Blick, ihr Magen zog sich zusammen, und ihre Hände wurden eiskalt.
»Na, das ist ja wenigstens etwas«, sagte sie leichthin. »Alice wird froh sein, das zu hören.«
»Ich habe finanziell Mist gebaut«, erklärte er. »Habe mir Geld von dem Golfclub geliehen, in dem ich Kassenwart bin.«
»Oh, mein Gott ...« Sie drehte sich um, um ihn anzusehen, und er ergriff ihre Hand. Sie machte keinen Versuch, sie ihm zu entziehen. »Und was genau bedeutet das?«
Sein Lachen klang ungeduldig. »Kommt es darauf an? Willst du wirklich die Einzelheiten wissen? Ich bin mit Geld, das mir nicht gehört, ein Risiko eingegangen. Eine krasse Fehlkalkulation. Ich hatte damit gerechnet, das Geld von meinem Bonus am Jahresende zurückzuzahlen, aber die Geschäfte in London laufen nicht gut, und ich habe nur ein Viertel von dem gekriegt, was ich erwartet hatte. Ich habe keine Ahnung, wie in aller Welt ich das Dad erklären soll, aber ich brauche wirklich sehr schnell Geld.«
Imogen zog ihre Hand zurück, streckte sie aus schlechtem Gewissen dann doch wieder aus, und er hielt sie fest. »Es tut mir so leid, Nick. Ehrlich. Aber
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