Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verborgene Netz

Das verborgene Netz

Titel: Das verborgene Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
Vom Netzwerk:
getröstet.
Sie
hatte es vermasselt, nicht Kilian.
    Dann schob sie ihn von sich. »Meine Schuld, Kilian. Ich hätte mit so was rechnen müssen.«
    Er strich sich die widerspenstigen Haare zurück. »Das Licht im Bad war an. Von elf bis zwei. Drei Stunden. Niemand ist drei Stunden im Bad.«
    »Hör auf, dir Vorwürfe zu machen.«
    »Ich hab das Licht gesehen und nicht geschaltet. Ich hab aufgepasst und ihn trotzdem nicht bemerkt. Er muss die ganze Zeit … «
    »Hör auf, Kilian!«
    Aber er konnte nicht aufhören. Der Mann war in der
Nähe des Hauses gewesen, irgendwie hineingelangt, hatte Esther Graf verbunden – und er, Kilian, hatte herumgestanden und nichts bemerkt.
    »Ruf jetzt an, Kilian. Sag ihnen, ich will Lubowitz. Und ruf Marc an, er muss dafür sorgen, dass niemand das Haus betritt, bevor Lubowitz drin war.«
    Kilian nickte. Sie hörte ihn sprechen, achtete aber nicht auf seine Worte. Sie dachte an den Unbekannten, der Esther das Leben gerettet hatte, fragte sich, wo er sein mochte. Ob er in der Nähe des Hauses auf den Krankenwagen gewartet hatte und ihm dann gefolgt war.
    Sie ließ die Augen über die parkenden Autos, die nächtlich ruhige Straße gleiten. Eine Straßenleuchte und das Orange des Warnblinkers sorgten für ein wenig Licht. Außer Kilian und ihr schien niemand hier zu sein. Aber was hieß das schon? Vier Ermittler hatten Esther Grafs Haus beobachtet, keiner von ihnen hatte den Mann bemerkt.
    Kilian hatte aufgehört zu sprechen, und ihre Blicke begegneten sich. Mit der freien Hand griff er zum Waffenholster. Er hatte verstanden.
    Während er zur Straße trat, versuchte sie, Ordnung in ihre wirren Gedanken zu bringen. Esther war in Berlin von dem unbekannten Mann aus Zimmer 35 gewarnt worden. Sie gingen davon aus, dass derselbe Mann sie heute Nacht gerettet hatte. Falls das zutraf, war er in den entscheidenden Momenten in ihrer unmittelbaren Nähe gewesen und doch unsichtbar geblieben – auch für Esther.
    Sie winkte Kilian zu sich. Wenn der Mann noch hier war, dann nicht draußen, sondern irgendwo in dem Gebäude.
    In Esthers Nähe.
     
    Esther Graf lag auf der Intensivstation. Sie kamen nur bis zur Schleuse, durften nicht einmal einen Blick auf sie werfen. Die junge Nachtschwester, die in einem kleinen Raum hinter einer Glasscheibe saß, schien klare Anweisungen erhalten zu haben.
    Zehn Minuten später trat der behandelnde Arzt – Bertram Faller, ein kleiner, kräftiger Mann mit Vollbart – zu ihnen und sagte: »Keine Besuche, keine Gespräche.«
    »Wenn sie wach ist, muss ich mit ihr reden«, erwiderte Louise.
    »Nein.« Entschieden schüttelte Faller den Kopf. »Sie mag ja eine wichtige Zeugin sein – aber sie hat versucht, Suizid zu begehen.« Wenn sie aufwache, würden nur Ärzte und Psychologen um sie herum sein. Sobald sie physisch stabilisiert sei, werde sie in die Psychiatrie verlegt. Sie sei durch einen Zufall bei ihm gelandet, und er werde sich um sie kümmern, sie nach bestem Wissen und Gewissen schützen. Das heiße: Keine Gespräche mit der Kripo, kein Stress. »Haben wir uns verstanden?«
    Faller war voller Energie, und Louise spürte, dass sie seiner Kraft in dieser Nacht nichts entgegenzusetzen hatte. »Dr.Faller … «
    »Nein.« Er hob die Hände und wollte sich abwenden.
    »He«, sagte Kilian matt.
    »Warten Sie«, bat Louise.
    Sie erzählte von dem Mann, der Esther vermutlich gerettet hatte. Dass er wegen versuchter Tötung gesucht wurde und möglicherweise hier im Krankenhaus war, in ihrer Nähe.
    »Aber er wird ihr nichts tun, richtig?«
    »Er wahrscheinlich nicht. Jemand anders vielleicht schon.«
    »Braucht sie Schutz?«
    »Wir müssen davon ausgehen.«
    »Dann kümmern Sie sich darum.« Faller entfernte sich ein paar Schritte, wieder hielt Louise ihn zurück.
    »Eine Frage noch.«
    »Ja?«
    »Hat sie es … richtig gemacht?«
    Faller zog die Brauen hoch, nickte.
    »Womit?«
    »Mit einer Rasierklinge.«
    »Können Sie ungefähr abschätzen, wann?«
    »Fünf, höchstens zehn Minuten, bevor sie notversorgt wurde. Haben wir’s dann?«
    »Noch nicht.« Louise rieb sich die Schläfen. An der Decke über ihr sirrte eine der Leuchtröhren, ein stetes, hohes Geräusch, das sich nicht ausblenden ließ. »War der Verfassungsschutz schon hier?«
    »Der … « Faller kniff die Augen zusammen.
    »Wie gesagt, sie ist wichtig.«
    »Hat sie es deshalb getan? Weil die Polizei findet, dass sie wichtig ist?«
    »Blödsinn«, sagte Kilian.
    »Wenn der Verfassungsschutz kommt,

Weitere Kostenlose Bücher