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Das verborgene Netz

Das verborgene Netz

Titel: Das verborgene Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Unterstützung.«
    »Sie haben mich.«
    »Und der zweite Mann?«
    Er zuckte die Achseln.
    »Kann ich meinen Bleistift wiederhaben?«
    Sie bekam die Waffe.
    Mike fuhr mit normalem Tempo, achtete darauf, dass sie nicht auffielen. Nach wenigen Minuten sank Louise in einen unruhigen Halbschlaf. Grelle Bilder zogen vor ihrem inneren Auge vorbei, kantige, nackte Körper auf Orange und Blau.
    Dann lag ein Körper in Rot, und sie erwachte mit einem leisen Schrei.

18
    DAS KLEINE , SCHÄBIGE HOTEL befand sich im nördlichen Teil der Altstadt. An der Rezeption saß ein Junge mit Aknenarben. Während sie auf ihn zugingen, sagte Mike: »Fragen Sie nach Ralf Schuster.«
    Louise nickte. Schuster, Schulz, Meier, die Liste der Allerweltsnamen wurde immer länger, als hätten die Gruppe um Steinhoff und der Verfassungsschutz dasselbe Spionagehandbuch gelesen.
    Sie wies sich aus, bekam von dem erschrockenen Jungen einen Zweitschlüssel.
    Zu Fuß gingen sie in die vierte Etage. Kitschige Gemälde von Breisgauer Sehenswürdigkeiten zierten die Wände – Schauinsland, Kaiserstuhl, Freiburger Münster, Schwarzwald, Weinberge, die Faust-Stadt Staufen. Mit plötzlicher Sehnsucht dachte sie, dass sie Ben all das zeigen wollte, der Breisgau war immerhin ihre Heimat, doch bislang kannte er davon kaum mehr als ein kahles Apartment im Stühlinger, eine chaotische Wohnung in der Wiehre, einen Parkplatz in Freiburg-St. Georgen, ein paar Kneipen und Lokale. Ihr fiel ein, dass sie im Sommer ähnliche Gedanken gehabt hatte, als sie von Colmar zurückgefahren war, da hatte sie sich vorgenommen, ihm dieses schöne Land zwischen Schwarzwald und Vogesen zu zeigen. Das musste nachgeholt werden, beschloss sie, und es blieben ja noch ein paar Monate, bis Ben fortgehen würde.
    Aber erst die Schusters, Meiers, Schulzes.
    Sie hatten Steinhoffs Etage erreicht. Vor dem Hotel hatten sie rasch besprochen, wie sie vorgehen würden. Ein einfacher Plan mit zwei Alternativen. Mike würde Steinhoff anrufen, fragen, ob sie sich im Hotel treffen könnten, er sei in der Nähe. Falls Steinhoff ablehnte, würden sie ihn in seinem Zimmer überraschen. Falls er nicht da oder nicht erreichbar war, würden sie dort auf ihn warten.
    Sie betraten eine Toilette, Mike wählte eine Nummer, wartete. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Mist«, sagte Louise. »Noch mal.«
    Auch beim zweiten Versuch meldete Steinhoff sich nicht.
    Ihre Blicke begegneten sich. Außer Müdigkeit war in Mikes Gesicht nichts zu erkennen, keine Unruhe, keine Falschheit, keine Sorge, keinerlei Gefühl. Vielleicht führte er sie in eine Falle, vielleicht hielt er sein Versprechen. Sie musste die Unsicherheit in Kauf nehmen.
    »Gehen wir rein.«
     
    Mike schloss auf, Louise hielt sich schräg hinter ihm. Als er die Tür aufstieß, drang ein spezifischer Geruch an ihre Nase, den sie nur zu gut kannte – Blut und Exkremente. »Vorsicht, Mike!«
    Das Licht sprang an, das Zimmer schien leer zu sein.
    Sie hatte mit einem Toten gerechnet, fand nur das Chaos eines Mannes vor, dem Ordnung unwichtig war. Überall lagen Kleidungsstücke herum, leere Bierflaschen auf Nachttisch und Fernseher, persönliche Gegenstände, Zeitungen, Ladekabel, zwei Laptops, drei Handys auf dem ungemachten Bett, auf Stühlen, dem schmalen Schreibtisch.
    Und der Geruch, der immer intensiver wurde.
    Sie fanden Steinhoff hinter dem Bett. Er lag auf dem Bauch, war in Kopf und Rücken geschossen worden.
     
    Als der Kriminaldauerdienst, mehrere Streifenbesatzungen und der Rettungsdienst eintrafen, war es halb zwei. Louise saß im Foyer auf einem nach Staub und Alter riechenden Sessel, verzweifelt bemüht, die Augen offen zu halten. Sie hatte den jungen Rezeptionisten befragt, aber keine brauchbaren Informationen erhalten. Er hatte seinen Dienst um zweiundzwanzig Uhr begonnen und Steinhoff – Ralf Schuster – seitdem nicht gesehen. Zehn, elf Personen hatten das Hotel in den vergangenen dreieinhalb Stunden betreten oder verlassen, die eine Hälfte kannte der Junge, die andere musste kürzlich angereist sein.
    Louise wies die Kollegen in die Lage ein, bat sie, die Befragung der Zimmernachbarn zu übernehmen, sank dann wieder in ihren Sessel. Sie würde noch auf Peter Schöne warten, den das Führungs- und Lagezentrum aus dem Bett geklingelt hatte, und dann zur Dreisam fahren, wo sie mit Mike verabredet war.
    Ein letztes Treffen, hatte er gesagt.
    Hauptsache, Sie kommen, hatte sie erwidert.
    Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er nicht wenigstens

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