Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
Draht, das er vorsichtig zurechtbog. Er wollte es gerade ins Schloss stecken, als hinter ihnen eine Stimme ertönte.
»Dachte ich mir doch, dass ich Geräusche gehört hätte. Was tust du da, Bruder?«
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I n der Tür stand ein Mann, gekleidet in eine violette Robe. In der einen Hand hielt er einen Putzlappen, in der anderen einen Schlüsselbund. Logan zog den Draht aus dem Schloss und ließ ihn schnell hinter seinem Rücken verschwinden. »Ich … äh. Routinekontrolle. Der Inquisitor wollte nachher vorbeikommen, da dachte ich, ich prüfe mal die Handschellen.«
»Davon hat mir niemand etwas gesagt. Seltsam. Wer hat dich beauftragt?«
»Äh … Major Rennick.«
»Rennick? Der ist doch gar nicht zuständig. Ich habe hier das Sagen, und dich habe ich noch nie gesehen.« Der Mann kam näher. »Warte mal. Dich habe ich doch vorhin oben schon gesehen. Der Kerl mit der Maschinenpistole. Wie ist dein Name, und was ist mit deinem Gesicht los?«
»Oh, das.« Logan ging einen Schritt auf den Mann zu. »Eine Verbrennung. Ich war an der Schlacht bei der Raffinerie beteiligt. Seht her, es hat mich fast mein Augenlicht gekostet …« Logan ließ seinen Kopf vorschnellen. Mit einem trockenen Knacken brach die Nase des Mannes, der daraufhin ein überraschtes Heulen von sich gab und wie ein Klappmesser zusammensackte. Noch ein Schlag in den Nacken, und er lag mit verdrehten Augen auf dem Boden.
»Das wird ihn eine Weile außer Gefecht setzen«, sagte Logan. »Aber jetzt schnell. Ich muss diese Schlösser aufkriegen.«
»Versuch’s doch mal mit einem seiner vielen Schlüssel«, sagte Gwen. »Vielleicht passt einer.«
»Gute Idee.« Logan drehte den Mann auf die Seite und riss ihm den Schlüsselbund vom Gürtel. Gwen hielt ihm die Handschellen hin. »Wo hast du gelernt, so hart zuzuschlagen?«
»Mein Vater hat mich trainiert. Er war früher selbst mal Arenakämpfer, hat aber leider nie gewonnen. So, dann wollen wir mal sehen …«
Der vierte Schlüssel passte. Logan schloss die erste Handschelle auf, dann die zweite. Gwen ließ erschöpft die Arme sinken. Sie hatte kein Gefühl mehr in ihren Händen.
»Alles in Ordnung?«, fragte er mit besorgtem Blick. »Wirst du es schaffen?«
Sie versuchte zu lächeln. »Es geht schon. Zuerst mal muss das Leben in meine Hände zurückkehren. Ich habe seit Stunden in dieser Position gestanden. Alles fühlt sich taub an.«
Er begann, ihre Arme zu massieren. »Setz dich da rüber, am besten mit dem Rücken zur Wand. Dauert sicher nicht mehr lange, dann geht es dir wieder besser. Siehst du, von unten nach oben massieren. Kommst du alleine klar? Gut. Ich werde in der Zwischenzeit dafür sorgen, dass unser Freund hier keine Dummheiten macht.«
Gwen befolgte Logans Rat und beobachtete, wie er dem Mann die Kutte auszog, ihm die Manschetten über die Hände streifte und die Schlösser zuschnappen ließ. Dann zog er die Ketten stramm. Abschließend riss er ein Stück Stoff von seiner Kutte, stopfte es dem Bewusstlosen in den Mund und fixierte es mit einem Stück Klebeband aus den unergründlichen Tiefen seiner Tasche.
»Fertig«, sagte er keuchend. »Das wird ihn eine Weile unschädlich machen. Und jetzt lass uns abhauen.«
Sie nickte und ließ sich von Logan auf die Füße ziehen.
Mit einem verwunderten Blick auf den Gefangenen fragte sie: »Warum hast du den armen Kerl ausgezogen?«
»Dreimal darfst du raten.« Er hielt ihr die Kutte hin.
Einen Moment blickte sie ratlos auf den Stoff, dann verstand sie plötzlich. Im Nu hatte sie ihre alten Sachen ausgezogen und das neue Gewand übergestreift. Logan sagte kein Wort. Er stand nur da und starrte sie an. Lächelnd reichte sie ihm ihre Sachen. »Hier, mein Held. Steck sie schnell ein, ehe dir noch die Augen aus dem Kopf fallen. O ja, und eines noch …« Sie trat an ihn heran und gab ihm einen Kuss. Einen langen und zärtlichen. »Danke«, flüsterte sie. »Danke, dass du mir gefolgt bist. Ich habe keine Ahnung, ob ich das je wiedergutmachen kann.«
*
Im ersten Stock des ehemaligen Museums berieten Inquisitor Marcus Capistranus und seine Berater über die nächsten Schritte. Auf dem Arbeitstisch lag eine Karte, auf der an verschiedenen Stellen Spielzeugsoldaten positioniert waren. Das Ganze machte den Eindruck eines Kinderspiels, doch tatsächlich ging es um die Aufstellung der Truppen während der bevorstehenden Schlacht.
Cedric stand am Fenster und blickte hinaus. Militärstrategie interessierte ihn nicht. Viel lieber hätte er
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