Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
gewusst, ob der Inquisitor von Gwen schon irgendetwas erfahren hatte, doch der Kirchenmann hatte bisher noch nichts verlauten lassen. Beim ersten Besuch durfte Cedric mit dabei sein, das war ihm versprochen worden, doch wann das sein würde, stand in den Sternen.
Der Kathedralenvorplatz wirkte wie ausgestorben. Viele von Capistranus’ Truppen waren bereits in die Randbezirke der Stadt beordert worden, deshalb war es hier relativ ruhig. Über die Dächer fegten tiefhängende Herbstwolken hinweg. Bäume, Büsche und Sträucher flatterten im Wind, während sich das Laub langsam gelb färbte. Kein Zweifel: Der Herbst war da, bald würde es Winter werden.
Zwei Männer huschten über den Platz. Einer in Violett, der andere in die traditionellen Farben der Heiligen Lanze gekleidet. Mit gesenkten Köpfen strebten sie den Gebäuden auf der anderen Seite entgegen. Vermutlich auf der Flucht vor dem herannahenden Regen.
Cedric fühlte, wie er fröstelte. Der Anblick löste eine düstere Vorahnung in ihm aus. Vielleicht war es die Einsamkeit, mit der diese beiden über den windgepeitschten Platz eilten, vielleicht aber auch der Gedanke an die kommenden Wochen und Monate.
Der Winter war die härteste Zeit des Jahres. Ohne Brennholz und ausreichende Vorräte würden viele sterben. Die Zahl der Clanmitglieder nahm von Jahr zu Jahr ab. Höchste Zeit, den Plan des Inquisitors in die Tat umzusetzen. Warum nur hatte sein Vater das nicht einsehen wollen? Es lag doch auf der Hand, dass die Männer ohne ausreichende Reserven nicht überleben konnten. Dummer alter Mann. Er hätte wissen müssen, dass seine Zeit gekommen war. Aber wie hatte der Inquisitor gesagt: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.
Er wandte sich um und blickte auf den Plan.
Der Inquisitor warf ihm einen aufmerksamen Blick zu. »Nun, mein junger Freund, was hältst du davon?«
»Ihr scheint wirklich an alles gedacht zu haben, Euer Eminenz«, sagte Cedric und tippte auf die Karte. »Sind die Frauen erst mal an diesem Punkt, gibt es für sie kein Entkommen. Die Frage ist nur: Werden sie wirklich so weit kommen?«
»Das werden sie, mein Freund. Ihre Wut wird sie dazu treiben. Dank deiner Mithilfe werden sich die anderen Clans uns anschließen. Ihr Auftrag lautet, die Frauen anzugreifen und so lange zu provozieren, bis sie uns tiefer in die Stadt folgen.«
»Warum sollten sie das tun?«
»Nun, zum einen, weil sie uns für schwach und schlecht ausgerüstet halten. Zum anderen, weil sie mich wollen.« Er lächelte, was sein Gesicht nicht unbedingt hübscher machte. »Sie werden nicht eher ruhen, bis sie meinen Kopf auf einen Pfahl pflanzen können. Sie wissen ganz genau: Solange ich lebe, werden sie keine ruhige Minute haben. Ihr Hass konzentriert sich ganz auf meine Person, und das ist etwas, aus dem wir Kapital schlagen werden. Natürlich benötigen wir bis dahin noch ein paar Informationen. Organisation, Truppenstärke, Anführer. Deine kleine Freundin unten in der Krypta war bisher noch nicht sehr gesprächig. Ich habe vor, sie einer ausgiebigen Befragung zu unterziehen. Bist du mit dabei?«
Cedric nickte. »Natürlich.«
»Schön. Ich habe vor, ihr heute Abend noch einen Besuch abzustatten, und würde mich freuen, wenn du mich begleitest. Du wirst feststellen, dass mir die geeigneten Mittel zur Verfügung stehen, sie zum Sprechen zu bringen. Aber wenn du möchtest, lasse ich dir gern den Vortritt.« Das Lächeln, das er Cedric schenkte, war nicht dazu angetan, dessen düstere Vorahnungen zu zerstreuen. Schon jetzt fragte er sich, ob es eine gute Idee gewesen war, Gwen an den Inquisitor auszuliefern. Andererseits: Er hatte den Weg eingeschlagen, jetzt gab es kein Zurück mehr.
59
H alla erwartete sie mit aufgestellten Ohren. Es schien ihr gutzugehen, außer dass der Hafersack leer gefressen war.
Gwen schlang ihre Arme um den Hals des Pferdes. »Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns so bald wiedersehen. Meine gute alte Halla.« Die Stute stieß ein zufriedenes Schnauben aus.
»Scheint so, als hätte sie dich auch vermisst«, sagte Logan. »Ich glaube, sie mochte es nicht, wieder die einzige Frau im Haus zu sein. Aber hier ist noch jemand, der dich begrüßen möchte.« Er klappte eine Satteltasche auf. Aus ihrem Inneren tauchte ein zerknautscht aussehender roter Kopf mit leuchtend grünen Augen auf. Gwen war einen Augenblick wie erstarrt, dann fiel sie Logan in die Arme, bettete ihren Kopf an seinen Hals und schluchzte herzerweichend. Logan, zuerst
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