Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
kann es kaum erwarten. Für heute ist der Kampf jedenfalls zu Ende. Du hast deinem Clan Ehre gemacht. Ein Jahr lang wird nun der Steinerne Turm den Vorsitz über die Außenbezirke führen. Möge Warlord Alexander ein weiser und ehrenvoller Anführer sein. Und nun lass mich dir den Siegerkranz aufs Haupt setzen.«
Unbeschreiblicher Jubel brandete auf, so dass Logan beinahe vergaß, seinen Kopf zu senken. Als Quintus ihm den Lorbeer aufsetzte, fühlte er sich, als würden seine Füße nicht mehr den Boden berühren. Ja, dachte er. So muss es sich anfühlen, wenn man ein Gott ist.
6
D ie Morgensonne schien zwischen den Vorhängen hindurch und warf helle Streifen an die Wand. Das Licht war so grell, dass es Gwen in die Augen stach. Direkt vor ihr stand Magdalena und sah sie aufmerksam an. Auch die anderen Heilerinnen waren versammelt. Ihre Gesichter wirkten ernst. Eine von ihnen zog die Vorhänge zu, so dass angenehme Helligkeit den Raum durchflutete.
Wie für die
Eiren
üblich, trugen sie weiße Kittel und Hauben, auf denen eine Schlange eingestickt war, das Symbol der Göttin Sulis Minerva, der obersten Herrin des Wassers und der Heilkunde. In einem Regal nebenan waren die Dinge verstaut, die eine Heilerin benötigte: saubere Tücher, Wundverbände, Binden, abgekochtes Wasser, Betäubungsmittel und verschiedene Werkzeuge. Gwens Blick glitt über Messer, Sägen, Spreizer, Klammern und Nadeln.
»Bist du bereit?«
Gwen blickte auf ihre Hände. Ihre Finger zitterten vor Aufregung. Sie hatte die Nacht über kaum ein Auge zugemacht. Erst die Nervosität wegen der Prüfung, dann die Begegnung mit Arkana – es kam ihr immer noch wie ein Traum vor. Gegen Morgen war sie in einen tiefen, bleiernen Schlaf gefallen, der aber keine Erholung gebracht hatte.
Ihr gingen so viele Dinge im Kopf herum, Dinge, die sie die Hohepriesterin gerne gefragt hätte. Doch jetzt war es zu spät. Vorbei. Arkana lebte zurückgezogen, hoch oben in ihrem Tempel, und ließ niemanden an sich heran. Wie oft schon hatte Gwen nach einer Audienz nachgefragt, und immer war sie abgewiesen worden! Wie es schien, hatten die Göttinnen eine besondere Art von Humor.
»Und, bist du?«
Gwen nickte. »Ja, ich bin bereit.«
Magdalena klatschte in die Hände. »Holt Ilene herein.«
Die Tür ging auf, und ein Rollwagen wurde hereingefahren. Gwens Herz krampfte sich zusammen, als sie sah, wer die Kranke war. Ilene wohnte nur ein paar Häuser weiter am Ende der Straße. Die Tochter der Bäckerin Soldana. Eine muntere, aufgeweckte Achtjährige. Noch vor zwei Tagen hatte Gwen ihr zugeschaut, wie sie die Straße entlangrannte; jetzt lag sie hier mit bleicher Haut und schweißüberströmtem Gesicht vor ihr auf der Bahre. Ihr war anzusehen, dass sie Schmerzen litt. Stirnrunzelnd wandte Gwen sich an Magdalena:
»Ilene? Aber was ist mit ihr? Was fehlt ihr …?«
»Das herauszufinden wird deine Aufgabe sein.« Die oberste Heilerin trat einen Schritt zurück und überließ Gwen das Feld.
Das war sie also, das war die Prüfung. Ein Kind. Und dazu noch eines, das sie kannte. Schlimmer hätte es kaum kommen können. Gwen versuchte, die aufkommende Panik zu unterdrücken.
»Hallo, Ilene«, sagte sie.
»Hallo, Schwester Gwen.« Die Worte kamen nur mühsam über die blassen Lippen.
»Tut dir etwas weh?«
Ilene nickte. Sie deutete auf den Bauchnabelbereich und die rechte Bauchhälfte. »Es war gestern Abend. Mir ist ganz schlecht geworden, und ich konnte kaum noch gehen. Meine Mama sagte, ich müsse sofort zu den Häusern der Heilung.«
»Deine Mama ist eine sehr kluge Frau.« Gwen wandte sich an Magdalena. »Wann wurde sie eingeliefert?«
»Gestern Mittag, kurz nachdem du fort warst. Eigentlich hatte ich vor, dich Ruvas ausgerenkte Schulter behandeln lassen, aber das hier ist dringender. Was meinst du, wirst du es schaffen?«
Gwen blickte nachdenklich auf das kleine Mädchen. Wenn sie jetzt ablehnte, dann würde es heißen, sie hätte gekniffen und sich vor der Verantwortung gedrückt. Es würde bedeuten, dass sie nicht belastbar war und sich zierte, wenn es darauf ankam. Einen solchen Ruf loszuwerden war schwieriger, als bei dem Versuch zu scheitern.
»Werdet ihr mir zur Seite stehen?«
»Aber natürlich«, sagte Magdalena. »Wir alle.«
»Dann möchte ich es versuchen.«
Die oberste Heilerin nickte zufrieden. »Wir werden uns jetzt zurückziehen und dich in Ruhe arbeiten lassen. Wenn du Fragen hast, stelle sie ruhig. Das gibt zwar Punktabzug, aber hier geht
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