Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
Gesichtshälfte. Als sie Gwen hereintreten sah, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Magdalena trat neben das Bett des Mädchens und schaute sie zufrieden an. »Darf ich euch einander vorstellen? Gwen, das ist Myrtel, Myrtel, das ist Gwen. Sie hat dir letzte Nacht das Leben gerettet.«
»Hallo.« Das Mädchen war noch immer sehr blass, aber ihre Augen wirkten normal. Gwen schickte ein kleines Stoßgebet zum Himmel. Das Mädchen war bei klarem Verstand. Der Eingriff hatte keine Schäden verursacht.
»Wie geht es dir?«, fragte sie.
»Schon wieder ganz gut, danke. Ich habe immer noch Kopfschmerzen, aber man sagte mir, das ginge bald vorbei.«
»Das wird auch so sein«, sagte Magdalena. »Wir werden warten, bis die Schwellung zurückgeht, und dann deinen Kopf wieder zumachen«, sagte Magdalena. »Du bekommst eine wunderschöne kleine Silberplatte, die man kaum sehen wird. Vor allem, wenn du dein Haar wieder so lang und schön wachsen lässt wie zuvor. Du hattest großes Glück. Ich glaube, kaum eine von uns erfahrenen Heilerinnen hätte die Schwere deiner Verletzung erkannt, mich selbst eingeschlossen. Kopfverletzungen sind eine komplizierte Sache. Wir können Gwen gar nicht genug dafür danken, dass sie die richtige Diagnose gestellt hat und dass sie auch noch den Mut gefunden hat, den Eingriff selbst vorzunehmen.« Sie lächelte Gwen zu. »Aus diesem Grund, und weil du dich nach der gescheiterten Prüfung nicht hast unterkriegen lassen, möchte ich dich heute in den Stand der Eiren berufen. Ab sofort darfst du dich offiziell
Heilerin
nennen.«
Gwen war wie vor den Kopf gestoßen. Träumte sie etwa?
Sie beobachtete, wie Magdalena zur Seite trat und einem der Schränkchen eine goldene Medaille entnahm, die an einem blauen Band hing. Die Münze war verziert mit den Symbolen der Heilgöttin Sulis – Wasser und Schlange –, beide umkränzt von Mistelzweigen. Die Heilerin trat vor und hängte Gwen das Ehrenabzeichen um den Hals.
»Trag es mit Würde«, sagte Magdalena. »Du hast es dir verdient.«
»Ich … ich weiß gar nicht, was ich sagen soll«, stammelte Gwen. »Das kommt jetzt ein bisschen überraschend.«
»Das glaube ich dir«, sagte Magda lächelnd. »Aber du hast Durchhaltevermögen und Nervenstärke bewiesen. Und zwar in einer Situation, in der manch eine von uns kalte Füße bekommen hätte. Herzlichen Glückwunsch und willkommen in unseren Reihen.« Die alte Frau stellte sich auf die Zehenspitzen, nahm Gwen in den Arm und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Ratsherrin Edana erwartet dich nachher zusammen mit einigen anderen Heilerinnen in der großen Ratshalle. Ich glaube, sie möchte dir noch persönlich ihren Dank aussprechen. Also komm nicht zu spät.«
Gwen wurde seltsam ums Herz. Es war ein Gefühl, als würde sie zehn Zentimeter über dem Boden schweben. Alles war so leicht, so fremdartig. Sie nahm die Münze in die Hand und betrachtete sie. Als dann noch Beifall einsetzte, fing sie an zu weinen.
16
D ie große Ratshalle von Glânmor maß etwa acht auf fünfzehn Meter und wurde von einem tonnenartigen Rieddach überwölbt. An den Wänden standen Opferaltäre, aus denen der Duft von Lavendelblüten, Wiesenblumen und frisch verbranntem Räucherwerk stieg. Im hinteren Teil der Halle fielen Sonnenstrahlen zu Boden, deren Lichtgarben ein verwirrendes Muster aus Licht und Schatten erzeugten.
Die zwölf Ratsmitglieder saßen an hufeisenförmig aufgestellten Tischen. Ihre Gesichter wirkten ernst, ihre Stimmen waren zu einem Flüstern gesenkt. In der Mitte saß die oberste Ratsherrin Edana, daneben Junas Mutter, auf der anderen Seite Magdalena. Außer diesen dreien kannte Gwen eigentlich nur noch Noreia, die ehemalige Vorsitzende des Rates. Sie war damals bei dem Zwischenfall in ihrem Haus zugegen, als Edana Juna beschuldigt hatte, etwas mit der Befreiung des Gefangenen zu tun zu haben. Ein Verdacht, der sich im Nachhinein als nur allzu wahr herausgestellt hatte. Als Gwen zusammen mit den anderen die Halle betrat, unterbrachen die Frauen ihre Gespräche.
»Ah, die Heilerinnen«, sagte Edana und stand auf. »Ich danke euch, dass ihr gekommen seid. Tretet näher.«
Gwen warf den anderen einen prüfenden Blick zu und machte dann den ersten Schritt. Edana begrüßte jede einzelne von ihnen mit Handschlag und beglückwünschte sie zu ihrer guten Arbeit in der vergangenen Nacht. »Meine herzlichste Gratulation zu deiner bestandenen Prüfung«, sagte sie zu Gwen. »Du musst stolz sein, dass es doch
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