Das verbotene Land 3 - Drachenbruder
ihn zu heiraten. In ihren Augen ist das wie ein Ehegelübde. Sie will ihn nicht in Zeiten der Not im Stich lassen.«
»Der Prinz ist ein Held, sagst du? Nicht verrückt?«
»Nein, Herrin, kein bisschen! Er hat die Krieger persönlich gegen diese furchtbaren Dämonen geführt. Rundherum sind die Männer gefallen, aber er ritt weiter und erschlug viele mit bloßen Händen, und dann ist er gestürzt, und alle Ritter eilten zu seiner Rettung. Er ist entkommen, aber es heißt, er ist schwer verletzt. Die Köchin bereitet gerade ihre Spezialbrühe für ihn zu.«
Evelina nahm die Kleider wieder aus dem Lederbeutel. »Dann bleibe ich auch hier.«
»Oh, Herrin! Wie tapfer!« Das Mädchen schnappte nach Luft.
»Wie könnte ich anders entscheiden?«, flüsterte Evelina. »Wenn mein Prinz verwundet ist, ruft er vielleicht nach mir, und dann muss die Königin uns zueinander lassen. Sie wird nicht so grausam sein, uns dann noch zu trennen!«
»Bestimmt nicht, Herrin«, sagte das Mädchen, auch wenn sie wenig überzeugt klang. »Aber habt Ihr denn gar keine Angst?«
»Nicht mit dem Prinzen an meiner Seite«, verkündete Evelina.
»Wenn ich schon sterben muss, dann wenigstens in seinen Armen.« Diese Worte hatte sie schon oft in den Schänken gesungen. Alle Betrunkenen schluchzten dabei unweigerlich in ihr Bier.
Die Hofdamen und der Großteil der Dienerschaft reisten ab, unter ihnen zu Evelinas großer Freude auch Axtgesicht. Ihre Majestät war ganz und gar nicht erbaut darüber gewesen, dass Evelina sich weigerte zu gehen. Eigentlich wollte sie ihre Abreise anordnen, selbst wenn man das Mädchen dazu aufs Pferd binden müsste. Bevor es dazu kam, trafen jedoch der König mit seinen Rittern und Soldaten und Markus im Schloss ein, so dass alles drunter und drüber ging. König und Königin hatten weitaus wichtigere Dinge auf dem Herzen als Evelina.
Endlich war sie auf sich selbst gestellt und konnte tun, was ihr beliebte. In dem allgemeinen Durcheinander wurde Evelina übersehen und geriet in Vergessenheit.
Sie rief sich eine der Maximen ihres guten, verblichenen Vaters in Erinnerung: »Kriege sind etwas für Narren, die Helden sein wollen. Ein kluger Mann will nichts damit zu tun haben. Beim ersten Ruf der Trompete kümmerst du dich nur noch um dich.«
Diesem klugen Rat gedachte Evelina zu folgen. Sie schmiedete neue Pläne.
38
Auf dem Weg von Burg Aston nach Ramsgate sahen König Edward und seine Männer keine Spur von der Drachenarmee. Markus konnte sie nicht finden, und auch Drakonas entdeckte keinen Hinweis. Stadt und Schloss rüsteten sich für den erwarteten Angriff. Doch es verstrich eine Woche, ohne dass etwas geschah. Die Stadt wurde nicht belagert. Kein Feind tauchte vor ihren Toren auf.
Menschen können eine hohe Anspannung nur für begrenzte Zeit aufrechterhalten. Als die angekündigte Bedrohung ausblieb, kehrten diejenigen, die geflohen waren, in ihre Häuser zurück, öffneten die Geschäfte und stellten grollend fest, wie viel Geld ihnen entgangen war. Jetzt rümpften die Lehrlinge nur noch die Nase, wenn von den Dämonenkriegern die Rede war, dabei hatten sie in der Woche davor noch zitternd die Decke über den Kopf gezogen oder in der Kirche gekniet.
Edward blieb auf der Hut. Weder seine Anspannung noch die seiner Befehlshaber und Soldaten, die den furchtbaren Feind mit eigenen Augen gesehen hatten, ließ nach.
»Wir sollen im eigenen Saft schmoren, Hoheit«, überlegte Gunderson. »Sie sind noch nicht mit uns fertig.«
Anstatt seine Wachsamkeit aufzugeben, verdoppelte Edward die Zahl der Wachen und ließ die Kanoniere täglich üben.
Diese friedlichen Tage verschafften Markus ausreichend Zeit, sich von der Reise zu erholen, die trotz Drakonas' heilsamer Berührung schwierig gewesen war. Die Drachenmagie hatte die gebrochenen Knochen so weit zusammenwachsen lassen, dass er nicht mehr bei jedem Atemzug ein Stechen in der Brust fühlte. Aber es tat immer noch weh, und das Geratter über die unebenen Wege hatte ihm nicht gut getan. Dennoch hatte er die Schmerzen klaglos hingenommen, weil er Angst hatte, sein Vater könnte sonst Halt machen. In dieser Hinsicht überstieg Markus' innere Qual bei weitem die körperliche Pein.
Zu Hause wurde es nicht viel besser, denn sein Schlaf war wenig erholsam. Immer wieder dröhnte die Stimme des Drachen durch seine Träume, Drachenaugen suchten ihn, und Drachenklauen versuchten, ihn auszugraben. Dann wachte er schweißgebadet und schwer atmend auf, und die Stimme
Weitere Kostenlose Bücher