Das verbotene Land 3 - Drachenbruder
fremd. Dein Geist ist zu … klein. Ich fühle mich so eingequetscht. Mensch, kannst du mich hören? Ich bin eine Freundin von Drakonas. Ich heiße Lysira. Er schickt mich.«
Und dann explodierten alle Farben in Markus' Gedanken.
Evelina krabbelte rückwärts von der Matratze und blieb auf dem Boden hocken. Erschüttert starrte sie den Prinzen an.
Markus lag auf dem Rücken. Seine Augen, die im Feuerschein wild leuchteten, rollten herum, als würde er der unberechenbaren Flugbahn eines unsichtbaren Vogelschwarms folgen. Die Pupillen flitzten auf und ab, hin und her, vor und zurück. Dann begann sein Körper zu zucken. Seine Hände schlossen sich. Evelina hatte schon Menschen unter Wermuteinfluss gesehen, aber so etwas noch nie.
»Er hat einen Anfall«, jammerte sie. »Erst diese Flecken, dann Krämpfe. Wieso kannst du nicht normal sein?«
Sie schüttelte ihn an der Schulter und grub ihre Nägel in sein Fleisch. Keine Reaktion. Markus schnappte nach Luft, als hätte er Probleme mit dem Atmen, und beobachtete seine unsichtbaren Vögel, ohne auf Evelina zu reagieren. Sie würde kein Kind von ihm bekommen.
»Du bist ein Monstrum!«, schluchzte sie. »Genau wie dein Bruder, auch wenn du keine Echsenbeine hast.«
Nachdem sie ihm noch einige Püffe versetzt hatte, hockte sie sich auf die Fersen und starrte ihn an. Was sollte sie nur tun? Es ging ihm immer schlechter. Inzwischen schlug er um sich. An solchen Anfällen konnte man sterben.
Und wenn er starb, was sollte dann aus ihr werden?
»Ich muss Hilfe holen!«
Fieberhaft warf Evelina ihre Kleider über, riss die Tür auf und rannte in die Nacht hinaus – direkt in die Arme von Jörge.
»Ich habe einen Schrei gehört«, sagte er. Seine Stimme war ruhig, seine Arme waren stark und tröstend.
Bebend schmiegte Evelina sich an ihn.
»Der Prinz«, keuchte sie. »Er … irgendetwas stimmt nicht mit ihm … er hat einen Anfall … der Wein … ich muss zum Dorfvorsteher.«
»Das musst du nicht«, wehrte Jörge ab. »Jetzt bin ich ja da. Komm wieder rein. Ganz ruhig.«
»Du verstehst mich nicht! Womöglich stirbt er!« Evelina versuchte, sich loszuwinden.
»Du bist diejenige, die nichts versteht«, stellte Jörge kühl fest, ohne sie loszulassen. »Wenn Seine Hoheit stirbt, werden sie herausfinden, dass du ihm Wermut in den Wein getan hast.«
Evelina erstarrte. »Gift! Sie werden glauben, ich hätte ihn vergiftet! Sie hängen mich auf!«
Ihre Beine gaben nach. Jörge legte einen Arm um sie und half ihr in die Hütte zurück. Dort verriegelte er hinter ihnen die Tür.
»Vielleicht hat noch jemand gesehen, wie ich zu der Witwe gegangen bin«, wimmerte sie.
»Nur ich«, versicherte er ihr.
Sie warf einen Blick auf Markus.
»Heilige Mutter Gottes!«, flüsterte Evelina und schrak bis an die Wand zurück. »Er ist tot!«
Markus' Kopf lag schlaff auf dem Kissen. Seine Arme baumelten auf beiden Seiten der Matratze herunter.
Rasch kniete sich Jörge neben den Prinzen und tastete nach dessen Puls. Dann legte er seinen Kopf an Markus' offenen Mund. Nachdem er die Flecken untersucht hatte, sah er zu Evelina hinüber und lächelte.
»Was?«, fragte sie. Das Mädchen zitterte so sehr, dass ihr die Zähne klapperten. Sie fühlte schon die Schlinge um ihren Hals.
»Er ist nicht tot«, erklärte Jörge. »Sein Atem geht ganz regelmäßig. Auch der Puls schlägt kräftig. Und die Flecken gehen schon wieder zurück. Morgen früh sind sie wahrscheinlich verschwunden. Er schläft jetzt.«
Evelina seufzte erleichtert auf und schloss die Augen.
»Danke, Gott!«, hauchte sie. »Danke!«
»Er schläft ganz fest«, fügte Jörge hinzu. »Den weckt nicht einmal Kanonendonner.«
Evelina schlug die Augen wieder auf. Sie hörte Huspeths Worte: Du musst heute Nacht bei ihm liegen.
Bei ihm. Bei einem Mann.
Plötzlich war sie wieder beim Geschäft. »Woran wird er sich erinnern, wenn er aufwacht?«
»An sehr wenig, möchte ich meinen«, antwortete Jörge achselzuckend. Er kam zu ihr herüber, legte beide Hände um ihre Taille und zog sie mit einem Ruck an sich heran, so dass ihre Brüste seinen Körper berührten. »Oder sagen wir mal, er wird sich an das erinnern, was du ihm einflüsterst.«
Er setzte sich auf den Stuhl. Dann hob er Evelinas Rock hoch, zog sie auf seinen Schoß und ließ seine Hände über ihre nackten Schenkel gleiten. Evelinas Mund schloss sich um seinen. Sie stöhnte auf, als seine Zunge die ihre berührte. Nach all der Aufregung gab sie sich nur zu gern
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