Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)
wieder nicht, obgleich klar war, dass sie die Antwort kannte. Stattdessen richtete sie den Blick auf Ivan. »Erzählen Sie es ihm.«
Der Russe schien über die Aufforderung nachzudenken, und Malone begriff plötzlich, dass Ivan kein Agent war. Er war jemand, der Entscheidungen fällte.
Genau wie Stephanie.
»Vitt«, erklärte Ivan, »ist hinter Artefakt her. Eine Lampe, die Karl Tang auch haben will. Als Sokolov nicht kooperiert, raubt Tang Sokolovs Sohn. Dann Sokolov tut zwei Dinge, die Tang nicht erwartet. Er ruft Vitt an und verschwindet. Keiner sieht Sokolov, schon seit zwei Wochen.« Er schnippte mit den Fingern. »Verschwunden.«
»Dann hat also Karl Tang sich Cassiopeia geschnappt?«, fragte Malone.
Ivan nickte. »Ich sage: ja.«
»Was ist heute eigentlich bei dir passiert, Cotton?«, fragte Stephanie.
Er berichtete ihr von der Botschaft, dem Waterboarding und seiner Improvisation. »Das kam mir wie der beste Schachzug vor. Natürlich wusste ich nicht, dass ich Publikum hatte.«
»Ganz ehrlich«, erklärte Stephanie, »wir wollten die beiden verfolgen, um zu sehen, wohin sie uns führten. Hinterher wollte ich dich informieren. Sie zu töten war nicht Teil meines Plans.«
»Ihr Amerikaner schnüffelt in meine Angelegenheiten herum«, sagte Ivan. »Und dann ihr wollt mir sagen, wie ich Sachen machen soll.«
»Schwafeln Sie doch nicht rum«, blaffte Malone. »Sie haben die beiden Boten getötet, deren Spur uns weitergebracht hätte, und zwar nur, damit wir von Ihnen abhängig bleiben.«
Ivan zuckte mit den Schultern. »So was kann passieren. Nehmen Sie, was Sie haben.«
Am liebsten hätte er dem verdammten Schweinehund die Faust ins Gesicht gerammt, doch so dumm war er nicht. Stattdessen fragte er: »Warum ist die Lampe so wichtig?«
Ivan zuckte wiederholt mit den Schultern. »Sie kommt aus altem Grab. Sokolov braucht sie, um Karl Tang zufrieden zu machen.«
»Wo ist sie?«, fragte Malone.
»In Antwerpen. Deswegen reist Vitt vor vier Tagen dorthin. Sie verschwindet zwei Tage später.«
Er fragte sich, was den Russen so sehr zu schaffen machen konnte, dass sie eine ausgewachsene nachrichtendienstliche Operation einleiteten, einen Verantwortlichen aus der mittleren oder oberen Führungsebene losschickten und mitten in Kopenhagen unverfroren zwei Menschen erschossen, um den Amerikanern einen Strich durch die Rechnung zu machen. Offensichtlich hielt irgendjemand die Angelegenheit für ausgesprochen wichtig. Und warum interessierte Washington sich so sehr für diese Sache, dass es das Magellan Billet involvierte? Stephanie wurde normalerweise nur hinzugezogen, wenn die konventionellen nachrichtendienstlichen Kanäle versagten. Cassiopeia war offensichtlich in etwas so Wichtiges hineingestolpert, dass man bereit war, sie deswegen zu foltern. Wurde sie vielleicht gerade in diesem Moment erneut gequält? Die beiden Boten, die jetzt tot vor dem Hotel d’Angleterre lagen, hatten sich nicht mehr bei ihrem Auftraggeber gemeldet, und so musste die Person, die Malone den Livestream geschickt hatte, jetzt sicherlich den Verdacht hegen, dass die Übergabe gescheitert war.
»Ich sollte zu meinem Computer zurückkehren«, sagte Malone. »Vielleicht versucht man, mich erneut zu kontaktieren.«
»Das bezweifle ich«, entgegnete Stephanie. »Als Ivan sich zur Improvisation entschlossen hat, hat er möglicherweise Cassiopeias Schicksal besiegelt.«
Das wollte Malone nicht hören, aber sie hatte recht. Das machte ihn nur noch wütender. Er starrte Ivan aufgebracht an. »Das scheint Ihnen nichts auszumachen.«
»Ich habe Hunger.«
Der Russe machte eine Kellnerin auf sich aufmerksam und zeigte, fünf Finger hebend, auf einen Teller mit røget in einer Glasvitrine. Die Bedienung bedeutete ihm durch ein Nicken, dass sie verstanden hatte, wie viele der geräucherten Fische sie ihm bringen sollte.
»Davon kriegen Sie Blähungen«, sagte Malone.
»Aber sie sind lecker. Dänen machen gute Fisch.«
»Ist das hier jetzt eine reguläre Operation des Billet ?«, fragte Malone Stephanie.
Sie nickte. »Eine große Sache.«
»Was soll ich denn tun?« Er zeigte auf Ivan. »Sergeant Schultz hier weiß nichts, sieht nichts und hört nichts.«
»Wer denn sagt das? Ich nie sage so was. Ich weiß viel. Und ich liebe ›Ein Käfig voller Helden‹.«
»Sie sind einfach nur ein dummer Russe.«
Der stämmige Mann grinste. »Ach, verstehe. Sie wollen mich wütend machen. Ärgern, ja? Dicker, dummer Trottel verliert Beherrschung
Weitere Kostenlose Bücher