Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)
zwischen winterkahlen Bäumen über den schneebedeckten Boden gegangen und hatten sich schweigend bei den Händen gehalten. Worte waren überflüssig gewesen. Die Berührung hatte alles gesagt.
So wie jetzt.
Ein Handy klingelte. Seines. Es lag zwischen ihnen auf der Ablage.
Sie zog ihre Hand weg und nahm den Anruf entgegen. »Es ist Stephanie. Sie hat die Informationen über Pau Wen.«
»Stell den Lautsprecher ein.«
Cassiopeia verarbeitete die Informationen, die Stephanie ihnen zu Pau Wen mitteilte. Ihre Gedanken schweiften ab, und sie dachte an die Situation zurück, in der sie geglaubt hatte, gleich sterben zu müssen. Sie hatte manches bedauert und unter dem Gedanken gelitten, wie sehr sie Cotton vermissen würde. Seine Verärgerung darüber, dass sie Viktor Tomas verteidigt hatte, war ihr nicht entgangen. Dabei war es eigentlich gar keine Verteidigung, denn sie glaubte noch immer, dass Tomas weit mehr über Sokolovs Sohn wusste, als er zuzugeben bereit war. Freund Viktor trieb offensichtlich wieder ein gefährliches Spiel. Er spielte die Russen gegen die Chinesen aus und die Amerikaner gegen beide.
Einfach war das nicht.
Stephanie teilte ihnen die restlichen Informationen mit.
Cotton hörte zu und speicherte gewiss jede Einzelheit in seinem exzellenten Gedächtnis. Was für ein Segen das sein konnte, aber auch was für ein Fluch. Es gab so vieles, woran sie sich lieber nicht erinnern wollte.
Eines allerdings war ihr genau im Gedächtnis geblieben.
Im Angesicht des Todes, als sie den Bogenschützen angestarrt hatte, dessen Pfeil direkt auf sie gerichtet gewesen war, und danach noch einmal, als Viktors Pistole auf sie gezeigt hatte, ja, da hatte sie sich verzweifelt eine einzige weitere Gelegenheit gewünscht, Cotton näherzukommen.
Und sie hatte sie erhalten.
37
Belgien
Malone starrte den Mann an. Obwohl es schon nach Mitternacht und draußen stockdunkel war und obwohl der Eingang Schussspuren zeigte, wirkte der ältere Herr, der ihnen die Tür öffnete – kurze Beine, schmale Brust und rot geränderte, erschöpfte Augen, aber lebhafter Blick –, völlig gefasst.
Ein leises Lächeln trat auf seine Lippen. Malone erkannte das Gesicht.
Er hatte diesen Herrn im Museum mit zwei weiteren Männern gesehen. Einer von ihnen hatte Pfeil und Bogen getragen.
Cassiopeia hatte recht. Pau Wen hatte die Lampe tatsächlich an sich gebracht.
Sie ließ Pau keine Zeit zu reagieren, sondern zog ihre Waffe – die Waffe, die Viktor Tomas mit einem Peilsender versehen hatte – und setzte ihm die Mündung an den Hals. Dann stieß sie Pau aus der Tür zurück und drängte ihn gegen eine Steinwand. Ein paar künstliche Bambusstäbe wurden zwisc hen seinem Seidengewand und der Wand eingequetscht.
»Sie haben diesen Bogenschützen losgeschickt, um mich zu erschießen«, sagte sie.
Am oberen Absatz einer kurzen Treppe mit breiten Stufen, die ins Haus hinaufführte, tauchten zwei jüngere Chinesen auf. Malone zog seine Beretta und zielte auf sie. Mit einem Kopfschütteln ermahnte er sie, sich nicht einzumischen. Die beiden blieben stehen, als wüssten sie, dass Cassiopeia nicht abdrücken würde.
Schön, dass sie so dachten. Malone war sich da allerdings nicht hundertprozentig sicher.
»Sie sind in mein Haus gekommen«, entgegnete Pau. »Sie haben mir mit vorgehaltener Waffe meine Lampe geraubt. Hatte ich da nicht das Recht, mir mein Eigentum zurückzuholen?«
Sie spannte den Hahn. Die beiden, die oben standen, reagierten auf die verstärkte Bedrohung, aber Malone hielt sie mit seiner Waffe in Schach.
»Sie haben diesen Mann nicht wegen der Lampe losgeschickt, um mich zu ermorden«, sagte sie. »Sie wollten doch, dass ich das verdammte Ding nehme.«
»Minister Tang hat die Situation verändert, nicht ich.«
»Vielleicht sollten wir ihn reden lassen«, sagte Malone. »Und vielleicht tut er das eher, wenn du die Waffe von seiner Kehle nimmst.«
»Auch ich sollte heute getötet werden«, erzählte Pau. »Tang hatte bewaffnete Männer geschickt. Sie sehen noch die Einschusslöcher an der Tür. Zu ihrem Unglück sind sie bei dem Versuch gestorben.«
»Und Sie haben die Polizei nicht informiert?«, fragte Malone.
Pau lächelte.
Cassiopeia nahm die Waffe herunter.
Pau zog sein ärmelloses Gewand zurecht und entließ die anderen beiden Männer mit einem Wink.
»Sie wussten, dass wir kommen würden«, sagte Malone.
Er hatte Paus Blick eben angesehen, dass er fest mit ihrem Besuch gerechnet hatte.
»Sie selbst
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