Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
Fahrertür.
»Na los, lächel für das Vögelchen. Schau irgendwas an!«
Setzte sich hinters Steuer. Das Gesicht durch das Dach verdeckt. Dann fuhr der Ford los.
»Shit, Shit, Shit«, stöhnte Meyer.
»Moment mal.«
Sie drückte auf die Rückspultaste. Sah sich den Mann an der Säule noch einmal an. Schaute auf seine linke Hand. Wie sie sich ausstreckte, an seinen Kopf hob und nach etwas griff, als er die Kartennummer las.
»Ich weiß, wer das ist«, sagte sie.
Meyer wirkte nervös.
»Nicht sagen.«
»Ich fahr zum Rathaus, Kommst du mit?«
Fünf Minuten durch den Regen und den schwachen Abendverkehr. Der Wachmann beendete gerade seinen Dienst. Meyer ließ die Handschellen vor ihm baumeln, und sofort fing er an zu jammern.
»Ich hab nichts getan. Ich hab nichts getan.«
»Was Sie nicht sagen. Das ist ja mal was ganz Neues«, sagte Meyer. »Sie kommen mit, Freundchen.«
»Ich hab den Wagen doch nur aufgetankt.«
Meyer marschierte mit ihm zur Tür. Lund folgte ihnen, überlegte, hörte zu.
»Bevor oder nachdem Sie sich Nanna Birk Larsen geschnappt haben?«
Der Mann im blauen Dienstpullover sah ihn entgeistert an.
»Ich bin 64. Wovon zum Teufel reden Sie? Ich hab niemanden angerührt.«
»Setz ihn auf die Bank da drüben«, sagte Lund.
»Wir müssen ihn festnehmen.«
Lund musterte den alten Mann von oben bis unten. Bucklig. Schlechte Augen. Etwas kurzatmig auch.
»Sagen Sie uns die Wahrheit«, forderte Lund ihn auf. »Sagen Sie uns, was passiert ist. Dann behalten Sie Ihren Job vielleicht.«
»Meinen Job? Meinen Job? Weil ich meinen Job gemacht habe, steigt ihr Halbaffen mir jetzt aufs Dach!«
Meyer schob ihn zu einer Steinbank bei den Fahrradständern.
»Für den Publikumsverkehr wird man Sie wohl kaum einsetzen, was, Kumpel? Sagen Sie uns, was war, oder Sie sehen die nächsten sechzehn Jahre kein Tageslicht mehr.«
Der Mann starrte ihn mit einer Mischung aus Angst und Empörung an.
»Muss ich Ihr Hörgerät aufdrehen, Opa?«, schrie Meyer.
»Wo ist die Tankkarte?«, fragte Lund etwas sanfter.
Der Mann schwieg.
»Ich möchte Ihnen helfen«, sagte sie. »Wenn Sie nicht reden, müssen wir Sie festnehmen.«
»Ich hab sie eingesteckt. Am Montagmorgen wollte ich sie zurückbringen. Aber dann …«
»Dann was?«, fragte Meyer.
»Dann waren Ihre Leute hier. Überall im Haus.«
»Was hatten Sie an der Schule zu suchen?«
»Nichts! Ich wohne da gleich um die Ecke. Ich bin zu Fuß nach Hause und hab das Auto gesehen. Eins von unseren. Einfach stehengelassen. Das kam mir komisch vor. Ich kannte doch den Plan. Alle Wagen hätten längst wieder zurück sein müssen.«
»Und Sie hatten den Schlüssel dabei?«, fragte Meyer.
»Nein. Der hat gesteckt. Der Fahrer hatte anscheinend vergessen, ihn abzuziehen.«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich konnte den Wagen doch nicht da stehenlassen! Mit dem Schlüssel drin. Dann wär er garantiert geklaut worden.«
Lund verlor die Geduld.
»Nein. Das reicht nicht. Warum haben Sie nicht im Wahlkampfbüro angerufen? Denen hat der Wagen doch gehört.«
»Hab ich ja. Aber die haben gesagt, der Wahlkampfsekretär sei im Moment in Oslo. Außerdem gehört der Wagen der Stadt und nicht denen. Er ist unser Eigentum. Von unseren Steuern …«
»Sie machen mich wahnsinnig!«, schnauzte Meyer ihn an. »Das Mädchen …«
»Ich hab das Mädchen doch gar nicht gekannt. Ich hab nichts getan. Ich wollte nur helfen.«
»Was haben Sie mit dem Wagen gemacht?«, fragte Lund.
»Es war einer von Hartmann, diesem Lackaffen. Aber das geht mich nichts an. Hätte ja sein können, dass er ihn braucht. Also bin ich zur Tankstelle, hab vollgetankt und bin zurück. Den Schlüssel hab ich wieder aufgehängt.«
»Zurück? Wohin zurück?«
Er sah die beiden an, als wären sie nicht ganz bei Trost.
»Na, hierher. Wohin denn sonst? Gegenüber ist eine Tiefgarage. Dort stehen die Wagen. Da hab ich ihn abgestellt.«
Lund wartete.
»Ich hab dann gar nicht mehr dran gedacht. Erst als ich das mit dem toten Mädchen gelesen hab. Und dann …«
Sie setzte sich neben ihn.
»Dann haben Sie den Mund gehalten.«
Er fingerte wieder an seiner Brille herum. Leckte sich nervös die Lippen. Meyer setzte sich auf seine andere Seite und grinste boshaft. »Warum?«
»Als städtischer Bediensteter hat man sich aus der Politik herauszuhalten. Das ist sehr wichtig. Wir bleiben neutral. Wir mischen uns nicht ein.«
»Jetzt sind Sie aber drin«, sagte Lund. »Mittendrin.«
»Ich wollte mir erstmal das
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