Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
ich wiederhole: in keinerlei – Verbindung zu dem Mord an Nanna Birk Larsen steht. Er wird …«
»Der übliche Schwachsinn«, sagte Meyer.
Er schwenkte ein bedrucktes Blatt.
»Ich hab ihn überprüft. 42 Jahre alt. In Kopenhagen geboren. Sohn eines Politikers, Regner Hartmann. Der Vater war Poul Bremers Erzfeind. Hat jede Schlacht verloren. Ist daran zerbrochen. Vor einiger Zeit ist er gestorben.«
Skovgaard konterte Reporterfragen.
»Stilloses Spekulieren politischer Gegner ist wirklich erbärmlich«, sagte sie.
Lund zeigte mit ihrer Kaffeetasse auf den Bildschirm.
»Und jetzt schlägt der Sohn die Schlachten des Vaters?«
»Das macht er schon die ganze Zeit«, sagte Meyer. »Mit neunzehn ist er in die Jugendorganisation der Liberalen eingetreten. Mit 24 wurde er in den Stadtrat gewählt. Hat in verschiedenen Ausschüssen mitgearbeitet. Wurde vor vier Jahren Fraktionsführer, und daraufhin hat man ihn zum Schulsenator gewählt.«
Lund machte wieder Schinkensandwiches. Auch eines für Meyer. Er biss hinein.
»Merkst du was? Der Mann hatte nie einen richtigen Job. Der hat sein Leben lang in dieser Scheinwelt im Rathaus herumgespielt. Kein Wunder, dass er ausflippt, sobald sein kleiner Glaspalast einen Sprung bekommt.«
»Die Allianz hält«, betonte Skovgaard vor den Kameras.
»Hallo?«
Er wedelte mit seinem Sandwich, sodass Krümel auf den Schreibtisch fielen.
»Hörst du mir überhaupt zu?«
»Ja, ja.«
»Im selben Jahr hat er seine Jugendfreundin geheiratet. Sie ist vor zwei Jahren gestorben. Krebs. Sie war im sechsten Monat schwanger.«
»Das war ja wohl real genug«, sagte Lund. »Hat er ein Vorstrafenregister?«
»Nein. Schneeweiße Weste. Hast du seine Mails gelesen?«
»Ja. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie von zwei verschiedenen Personen stammen. Sie klingen genau gleich. Und alle sind mit F. unterschrieben.«
Meyer sah sich die Ausdrucke an.
»Siehst du irgendwelche Unterschiede?«, fragte sie.
»Nein. Na und? ›Wir treffen uns um halb neun im Hilton, Schatz‹, ›Ich bin mit den Kondomen dran‹, ›Irgendwelche Vorlieben, Süße?‹ – wie kann man da groß variieren?«
Svendsen kam herein und warf ein paar Akten auf den Schreibtisch.
»Was ist das?«
»Fälle von vermissten Frauen aus den letzten zehn Jahren. Die wolltest du doch haben.«
»Hast du irgendwas gefunden?«
»Nein. Brix hält das auch für Zeitverschwendung.«
»Hast du sie dir überhaupt angesehen?«
»Brix sagt, du bist da auf dem Holzweg. Du sollst dich in deiner Freizeit damit vergnügen. Nicht hier.«
»Wie viele ermordete Frauen?«
Svendsen klopfte auf die blaue Mappe.
»Ich hab zu tun«, sagte er. »Hier, bitte.«
Kaffee und Gebäck auf dem Tisch. Im fahlen Licht der rosa Artischockenlampen begann das Meeting der Fraktionsführer. Die Vorsitzenden der vier Minderheitsparteien und Hartmann. Jens Holck sah heute etwas besser aus. Er hatte sich rasiert. Ein Jackett angezogen.
»Was ist da los, Troels?«, fragte er. »War das Mädchen in eurer Wohnung? Ja oder nein.«
»Ja. Das sagt jedenfalls die Polizei.«
Holck seufzte.
»Na, großartig. Und du warst auch dort?«
Skovgaard setzte sich neben Hartmann, begann Notizen zu machen.
»Ich war anscheinend kurz vor ihr in der Wohnung.«
Er ließ den Blick von einem zum anderen wandern.
»Das hat zu einem Missverständnis seitens der Polizei geführt. Das aber inzwischen ausgeräumt ist.«
»Und du bist mit dem Wagen gefahren?«, fragte Holck. »Was wird da eigentlich gespielt, verdammt nochmal? Wie sollen wir denn …«
»Himmelherrgott, Jens!«, rief Hartmann. »Jetzt komm mal runter von deinem hohen Ross! Ich hatte nichts zu tun mit diesem Mädchen. Ich hab sie nie gesehen. Hab nie mit ihr gesprochen. Ich bin genauso erschüttert … genauso perplex wie ihr.«
»Das hilft uns auch nicht weiter.«
»Die haben das Rathaus im Visier. Das ist doch klar. Nicht mehr mich. Sie sehen sich hier um. Irgendjemand hatte Zugang zu meinem Computer. Zu meinen Passwörtern.« Er zeigte auf die Tür. »Irgendjemand hier. Ich kann im Moment nur eins tun: die Polizei unterstützen.«
»Das alles hättest du uns sagen müssen, bevor wir’s in der Zeitung gelesen haben«, sagte Mai Juhl.
»Ich wusste es doch selbst nicht! Ich war an dem Wochenende auf einem Sponsorentreffen. Wenn die mich für schuldig halten würden, glaubt ihr, dann würde ich jetzt mit euch hier sitzen?«
Holck schwieg. Mai Juhl ebenfalls. Morten Weber kam an die Tür, tippte auf seine
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