Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
gefahren.«
Sein Blick irrte zum Fenster, in die dunkle Nacht draußen.
»Meine Frau hat diesen Ort über alles geliebt.«
»Und das eingeschlagene Fenster?«, fragte Brix.
»Als ich ankam, fiel mir ein, dass ich ja keinen Schlüssel hatte. Also hab ich die Scheibe eingeworfen. Und mich ein bisschen geschnitten. Wie’s einem Betrunkenen schon mal passiert.«
»Und Sie waren allein?«
»Mit jeder Menge Erinnerungen.«
»Herr Hartmann …«
»Fragen Sie mich nicht, wie es dazu gekommen ist. Ich kann es nicht erklären. Ich hab’s versucht, glauben Sie mir. Vielleicht weil ich betrunken und blöd war und voller Selbstmitleid. Und schwach.«
Er klopfte auf den Tisch und sagte lauter: »Schwach. Der schwache Mann in mir sagte, wenn ich dieser Scheiße ein Ende machen will, dann am besten in unserem Sommerhaus.«
Trockenes, hohles Lachen.
»Sehen Sie, wie idiotisch das ist? Sie hat den Ort geliebt.« Er schloss gequält die Augen. »Was hätte sie gedacht …«
Brix und die Anwältin sagten nichts.
»Also hab ich Matratzen an die Fenster gestellt, Handtücher unter die Türen gestopft. Dann hab ich das Gas aufgedreht, mich aufs Bett gelegt und gewartet.«
Es klopfte. Meyer kam herein, sah Brix an und fragte: »Haben Sie einen Moment?«
»Jetzt nicht?«
»Es ist wichtig.«
»Jetzt nicht!«
Meyer knurrte und ging.
Als er weg war, erzählte Hartmann weiter.
»Als ich am Morgen aufwachte, war die Tür aufgegangen. Wahrscheinlich hatte ich sie nicht richtig zugemacht. Oder ich war in meinem Suff zu ungeschickt. Oder vielleicht … war sie vorbeigekommen und hatte gesagt, Schluss mit dem Unsinn, Troels. Ich kann es nicht erklären, also fragen Sie mich nicht. Dann ist Morten gekommen und hat mich nach Hause gefahren.
»Morten Weber wird diese Darstellung bestätigen«, warf die Anwältin rasch ein.
Brix schwieg.
»Das war’s«, endete Hartmann.
»Und das alles haben Sie bis jetzt für sich behalten, weil Sie im Wahlkampf stehen? Weil Sie Angst um Ihren Ruf hatten?«
Troels Hartmann sah ihm in die Augen.
»Bisher hat alles, aber auch alles, was ich Ihnen im Vertrauen gesagt habe, am nächsten Tag in der Zeitung gestanden. Das hat mir Sorgen gemacht, das gebe ich zu. Außerdem habe ich aus Rücksicht auf Rie geschwiegen. Ich wollte sie da nicht mit reinziehen.«
Ein langer Atemzug, ein langer Blick.
»Aber vor allem habe ich mich geschämt. Und hatte Angst. Ich dachte, wenn ich es zugebe, lasse ich dieses Schwarze wieder in mein Leben. Was beweist, dass ich noch dümmer bin, als mir selbst bewusst war. Weil in Wahrheit …«
Hartmann lachte.
»… bin ich es gerade dadurch losgeworden.« Er sah Brix in die Augen. »Können Sie das verstehen?«
»Ja«, sagte der Polizist. »Kann ich.«
»Tja, das war’s.«
Er zögerte.
»Werden Sie das jetzt alles brühwarm der Presse auftischen?«
»Ich glaube nicht«, sagte Brix.
Er nickte dem Wärter zu.
»Bringen Sie ihn in die Zelle zurück.«
Der Uniformierte setzte sich in Bewegung.
Hartmann entzog sich seinem Griff.
»Aber ich hab Ihnen die Wahrheit gesagt! Was soll das denn?«
Die Anwältin war erregt.
»Das ist die Wahrheit«, sagte sie. »Morten Weber hat alles bestätigt.«
»Ja, das glaube ich sofort«, sagte Brix. »Vielleicht kommt er ja als Mittäter in Frage.«
Er machte dem Wärter ein Zeichen.
Hartmann war mit erhobenen Händen aufgestanden, wehrte sich immer noch.
»Ich muss unbedingt ins Rathaus. Sofort!«
Der Wärter packte ihn.
»Rufen Sie Morten an! Steckt da wieder Bremer dahinter?«
»Raus!«, befahl Brix und sah zu, wie Hartmann aus dem Raum gezerrt wurde.
Nebenan sichtete Meyer weitere Berichte der KTU. Brix kam herein, sah den Stempel auf dem Umschlag und sagte: »Ich bete zu Gott, die haben Beweise dafür gefunden, dass Nanna Birk Larsen in dem Sommerhaus war.«
Meyer schüttelte den Kopf.
»Fehlanzeige. Kein Härchen. Kein Hinweis auf sexuelle Aktivität. Kein Hinweis auf Gewalt. Lund meint …«
Brix riss ihm den Bericht aus der Hand und blätterte ihn in fliegender Hast durch.
»Vergessen Sie Lund. Da waren doch Blutspuren in der Waschküche.«
»Ja. Fischblut. Sehr alt.« Meyer lehnte sich zurück. »Seit wann ist Fischmord ein Verbrechen? Ich kann mich nicht erinnern …«
Brix’ Handy klingelte. Er hörte kurz zu, dann blaffte er: »Nein, verdammt nochmal, hab ich nicht. Überlassen Sie das mir.«
Er warf Meyer einen finsteren Blick zu.
»Hat Lund Bressaus Wagen zur Fahndung ausgeschrieben?«
»Sie
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