Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
meinen den weißen Kombi, über dessen Verbleib er nichts sagen kann? Den Wagen, den er vor uns versteckt? Ja, hat sie. Bressau ist wahrscheinlich der Fahrerflüchtige.«
»Bressaus Frau und seine Kinder sind auf der Polizeiwache Sorø. Eine Streife hat sie angehalten. Der Wagen hat nicht die kleinste Schramme.«
»Es ist ein weißer Wagen vom Rathaus. Ich kann das nicht glauben, Brix. Der Wagen, der Olav Christensen überfahren hat, kam von da.« Meyer war drauf und dran, die Fassung zu verlieren. »Jedes Mal, wenn wir ins Rathaus kommen, tischen die uns irgendwelche Lügen auf. Warum ist Ihnen das egal? Mit wem haben Sie gerade telefoniert?«
»Manchmal sind Sie für mich eine große Enttäuschung, Meyer. Wo ist Lund?«
Meyer ging die Adressenliste und die Aufstellung der weißen Wagen durch. Vor lauter Arbeit waren sie damit noch nicht weit gekommen. Die unteren zwei Drittel der Liste hatte er noch gar nicht überprüft. Bis dahin.
»Ach du Scheiße«, murmelte er und griff nach dem Telefon.
Lund meldete sich nicht auf Meyers Anruf. Sie hatte Jens Holck in einem im Bau befindlichen Wohnblock in Valby aufgestöbert, und er erzählte gerade von der Reise nach Lettland.
»Haben Sie Philipp Bressau gesehen?«
»Nur in der Maschine, auf dem Hinflug, und dann wieder auf dem Flug nach Hause. Er sagt nicht viel. Bremer und Bressau hatten mehrere Termine in Riga. Wir anderen sind in Saldus geblieben.«
Holck war unrasiert und wirkte müde. Möglicherweise verkatert.
»Hat Bressau viele Anrufe getätigt?«
»Ich kann mich nicht erinnern. Ich muss jetzt los.«
»Haben Sie noch den Reiseplan? Hotels. Solche Sachen. Wär uns eine große Hilfe.«
Er schaute auf die Uhr.
»Ich seh mal nach«, sagte Holck. »Warten Sie hier.«
Er ging in das Gebäude zurück. Im ersten Stock wurde Licht gemacht. Lund ging zur Tiefgarage hinüber und schlenderte die Einfahrt hinunter. Es handelte sich um ein umgebautes Lagerhaus. Das Kellergeschoss war groß, hatte wahrscheinlich früher industriellen Zwecken gedient. Sie holte eine Taschenlampe hervor. Leuchtete in den finsteren Schlund vor ihr. Nichts. Sie ging weiter. Ganz am Ende stand etwas Großes unter einer schwarzen Plane. Lund schaute auf ihr Handy. Kein Empfang. Sie legte die letzten paar Schritte zurück und zog die Plane vorn weg.
Ein weißer Kombi. Die Windschutzscheibe kaputt und mit Blut verschmiert. Die ganze Frontpartie demoliert. Auch hier Blut. Der linke Außenspiegel hing an der Tür herunter. Das reichte. Sie knipste die Taschenlampe aus, ging wieder in die kalte, dunkle Nacht hinaus und zurück zu dem zivilen Polizeiauto. Kein Schlüssel. Sie suchte das Armaturenbrett ab, den Boden. Sie öffnete das Handschuhfach. Zog die Glock unter Nicotinell-Päckchen und Papiertaschentüchern hervor. Hielt die Pistole mit dem Lauf nach unten. Sah sich um.
»Holck?«, rief sie. »Holck?«
Meyer fuhr wie der Henker, mit Blaulicht, allein. Einen dummen Anruf von Brix im Ohr.
»Hat Lund angerufen?«, fragte er.
»Unterstehen Sie sich, nochmal einfach abzuhauen«, brüllte Brix. »Kommen Sie sofort zurück.«
»Ich fahre zu Holck. Er hatte eine Affäre mit Nanna. Den Schlüssel zu der Wohnung hat er von Olav bekommen.«
»Aus den Abrechnungen geht hervor, dass die Zahlungen mit Hartmanns Einverständnis erfolgt sind.«
»Wachen Sie auf, Mann! Die hat Holck manipuliert. Er hat Hartmann das alles angehängt. Und er hat einen weißen Kombi. Den niemand mehr gesehen hat, seit Christensen tot ist.«
»Das beweist gar nichts.«
»Ich hab Lund Holcks Adresse gegeben! Sie ist allein hin. Schicken Sie ein paar Wagen los!«
»Was ist mit Hartmann?«
»Hartmann hat nichts damit zu tun. Wir müssen jetzt Lund finden! Sie wissen doch, wie sie ist. Die geht glatt allein da rein.«
Eine lange Pause. Meyer scherte abrupt aus, um einen langsamen Lieferwagen zu überholen, drückte auf die Hupe, drängte mehrere entgegenkommende Fahrzeuge auf den Bürgersteig ab.
»Ich schick einen Wagen raus«, sagte Brix. »Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
Lennart holte Hartmann wieder ins Vernehmungszimmer und forderte ihn auf, Platz zu nehmen.
»Hat sich meine Anwältin gemeldet?«
»Ich möchte Ihnen gern ein paar Fragen zu Jens Holck stellen.«
»Herrgott noch einmal, ich hab Ihnen doch alles gesagt, was ich weiß. Heute ist eine sehr wichtige Abstimmung …«
»Könnte es sein, dass Holck Ihre Abrechnungen manipuliert hat?«
»Wovon reden Sie? Welche Abrechnungen?«
»Aus denen
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