Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
Vom Netzwerk:
als wäre das eine seiner Großtaten. Wie seine Firma und das Werk in Vietnam. Zwei Gin aus der Minibar. Eine einzige Flasche Tonic. Er knallte die Flaschen auf die winzige Fläche, schüttete den Gin in die Gläser.
    »Ha! Siehst du? Ich kann’s noch.«
    Nein, kleiner als Nannas, dachte sie. Ein Gehäuse für einen gesichtslosen Mann. Ein Ort außerhalb des Lebens, das sie kannte.
    »Gin Tonic. Kein Eis. Keine Zitrone.«
    Er zuckte die Schultern. Sie hatte nicht gemerkt, wie betrunken er war. Sie vielleicht auch, und doch fühlte sie Klarheit, Entschlossenheit sogar. Der Drink in ihrer Hand. Sie rührte ihn nicht an, wollte ihn nicht. Sie dachte an Theis. Den rauhen, derben Theis. Keine Manieren, keine feinen Worte. Keine zarten, einfühlsamen Berührungen, nur die zupackende Umarmung. Und doch hatte er eine sensible, ja, selbst zärtliche Seite. Musste sie haben. Weshalb sonst liebte sie ihn, hatte sie ihn geheiratet, ihm drei Kinder geboren? Der Norweger war anders. Mit seinem Glas in der Hand und seinem Alkoholatem stand er neben ihr, strich ihr langes kastanienbraunes, regenfeuchtes Haar zurück. Streichelte mit seinen weißen Fingern ihre Wange. Versuchte sie zu küssen. Das Glas rutschte ihr aus der Hand. Der Gin spritzte auf den weichen Hotelteppich.
    »Oh, entschuldige.« Es klang mehr besorgt als enttäuscht. »Ich bin nicht so gut darin.«
    Er lügt, dachte sie.
    »Ich dachte …« Er zuckte die Schultern. »Egal.«
    Er hob das Glas auf, stellte es auf die Minibar. Als er sich wieder umdrehte, saß sie auf dem Bett. Verwirrung und Hoffnung auf seinem Gesicht. Ein nett aussehender Mann. Kein Name. Ganz anders als Theis, der nur davon träumen konnte, einmal in ein Land wie Vietnam zu kommen. Der nur mit Mühe zehn Arbeiter bezahlen konnte, geschweige denn dreißig.
    »Noch einen Drink?«, fragte er.
    Da sagte sie etwas, das sie Jahre nicht mehr gesagt hatte, und wenn, dann nur zu einem einzigen Mann.
    »Zieh mich aus.«
    Er lachte dümmlich.
    »Bist du dir sicher? Ich meine … du wirkst etwas …«
    Sie schloss die Augen. Ließ ihren Kopf zurücksinken. Sie lächelte. Dann ein Kuss. Er war auf ihr. Fummelnd, tastend. Alkohollippen an ihrem Hals. Hastig atmend, als wollte er sich Mut machen. Pernille legte sich auf dem Doppelbett zurück, ließ sich von dem Mann umschlingen. Er wand sich, zerrte krampfhaft an ihrem dunkelblauen Kleid. Dieselben Sachen hatte sie getragen, als sie Nannas Urne in die braune Erde gesenkt hatte. Sie wollte sie nicht mehr, wollte nichts mehr mit ihnen zu tun haben.
    Theis Birk Larsen trank seine Suppe, nahm die Sachen, die ihm geblieben waren, besah sich seine Wunden, bat um Pflaster. Zog sich an. Die rote Latzhose, die schwarze Lederjacke. Der weißhaarige Mann von der Unterkunft schaute zu.
    »Willst du nicht noch bleiben? Es ist nicht gerade ein Luxushotel, ich weiß, aber …«
    »Danke für deine Hilfe. Aber ich muss jetzt gehen.«
    Ein Händedruck. Fest, entschlossen.
    »Du bist hier jederzeit willkommen.«
    Der Mann zog das Bett ab.
    »Ich hab was verloren, was mir mal wichtig war«, sagte er. »Wie und warum, das tut nichts zur Sache. So war’s eben.«
    Es war kurz vor neun Uhr abends. Theis setzte seine schwarze Wollmütze auf. »Das Leben war nichts mehr wert. Diese Schuldgefühle … Ich hab schlimme Sachen gemacht. Hab mich selbst gehasst. Für das, was aus mir geworden war.«
    Er gab Birk Larsen ein Feuerzeug und eine Packung Zigaretten.
    »Kannst du behalten. Ich hab das Leben selbst gehasst. Aber heute seh ich, dass ein Plan hinter allem steht.«
    Er sagte das, als wäre es das Normalste auf der Welt. Birk Larsen zündete sich eine Zigarette an.
    »Was wie das Ende aussah, war in Wirklichkeit ein Anfang.«
    Rauch in dem kleinen Raum, in dem es nach Alkohol, Schweiß und Männern roch.
    »Die Prüfungen, die uns Gott schickt, haben einen Sinn. Auch wenn wir das nicht erkennen, solange wir bis zum Hals in der Scheiße stecken.«
    »Ein Plan?« Birk Larsen konnte sich ein spöttisches Grinsen nicht verkneifen.
    »Ja. Es gibt einen Plan, Theis. Für dich. Für mich. Für uns alle. Wir gehen den Weg, der uns bestimmt ist, ob wir das wissen oder nicht. Was uns am Ende erwartet …«
    Birk Larsen nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Er wollte den Mann nicht wiedersehen. Mochte es nicht, wie er ihn ansah, Antworten verlangte.
    »Sag was, Theis.«
    »Was?«, blaffte Theis und schämte sich sofort für seine Schroffheit. »Bevor ich meine Frau kennengelernt habe,

Weitere Kostenlose Bücher