Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
bringst, ist noch lange nicht …« Er sprach undeutlich. Aber er konnte offenbar noch klar denken. »… alles wieder gut.«
Hartmann zog seinen Mantel um sich.
»Ich wollte mich entschuldigen. Tut mir leid, falls ich dir deine Zeit gestohlen hab.«
»Armer Troels. Will immer das Richtige tun. Hört aber auf die falschen Leute. Armer …«
»Ich brauche dich morgen wieder im Büro. Lass diese Sauftouren, bis die Wahl gelaufen ist. Und vertrag dich mit Rie.«
Weber nickte.
»Ja. Jetzt brauchst du mich. Weil du in der Scheiße sitzt.«
Ein kurzes, betrunkenes Lachen.
»Du weißt doch, dass das erst der Anfang ist, oder? All die Schranzen, die jetzt ihre Chance wittern. Die werden’s dir heimzahlen, Troels. Sobald sie von dir enttäuscht sind. Nimm dich in Acht vor den Beamten. Vor deinen eigenen Leuten. Vor Bigum.«
Henrik Bigum, einflussreiches Parteimitglied, miesepetriger Wissenschaftler von der Uni.
»Wieso, was ist mit Bigum?«
»Er hasst dich und ist der geborene Quertreiber. Er ist derjenige, der den Dolchstoß führen wird. Aber natürlich wird er erst einmal jemand anderen vorschicken. Du hast ja keine Ahnung …«
Noch nie hatte er eine so unverhüllte Wut auf Morten Webers Gesicht gesehen. Jedenfalls nicht Wut auf ihn.
»Als deine Frau gestorben ist, Troels« – Weber schlug mit der Faust auf den Tisch –, »hast du hier gesessen. Und ich da. Weißt du noch?«
Hartmann rührte sich nicht, sagte nichts, wollte nicht daran denken. Im Hintergrund billige, dümmliche Popmusik. Laute Stimmen. Ein paar Männer im Vorspiel zu einer Schlägerei.
»Du solltest auf mich hören, Troels. Das habe ich mir verdient. Was habe ich denn sonst schon?«
Ein letzter hasserfüllter Blick, dann stand Weber auf und ging zu seinen Saufkumpanen zurück. Hartmann hatte einen Anruf nicht angenommen. Von Rie Skovgaard. Er rief sie zurück.
»Sie haben das Fahrrad des Mädchens gefunden«, sagte sie. »Seit der Nacht, als sie verschwunden ist, hat es vor dem Haus des Lehrers gestanden.«
Die Musik wurde lauter. Noch ein Wort, ein Stoß, und die Schlägerei würde losgehen.
»Es steht schon in der Zeitung. Morgen auf der Titelseite. Fotos von dir und Kemal. Er wird als Verdächtiger genannt.«
Schweigen.
»Troels«, sagte sie. »Ich mache jetzt die Papiere für die Suspendierung fertig. Und ich berufe eine Pressekonferenz ein, Beginn in einer Stunde. Da brauche ich dich.«
Buchard kam ins Büro gestürmt.
»Wie kommt der Name unseres Verdächtigen ins Fernsehen? Lund?«
»Kein Problem«, schaltete sich Meyer ein. Er zeigte mit einer Kopfbewegung auf den Mann hinter der Glasscheibe im Vernehmungsraum. »Der sitzt schon hier. Wir haben ihn.«
»Wenn mich der Polizeipräsident anruft, ist es ein Problem. Kaum ist Lund mal ein oder zwei Stunden nicht hier, schon passiert so was.«
»Es ist nicht Meyers Schuld«, sagte sie.
»Was sagt der Lehrer?«, wollte Buchard wissen.
Meyer verzog das Gesicht.
»Erzählt irgendwelchen Mist. Angeblich war das Mädchen bei ihm zu Hause. Um geliehene Bücher zurückzubringen.«
Buchard schaute verdutzt.
»Bücher?«
Lund hörte kaum zu, sah am PC die neuesten Dateien durch.
»Das ist Quatsch«, sagte Meyer. »Er hat die Böden abgeschliffen. Alles rausgeräumt.«
»Die renovieren tatsächlich die Wohnung«, sagte Lund. »So weit stimmt die Geschichte.«
»Geben Sie mir zwei Stunden mit ihm, Chef«, bat Meyer. »Dann wissen wir alles.«
Buchard schien nicht überzeugt: »Wie bei den zwei Schülern, was?«
»Ich befrage ihn als Zeugen. Ich kann …«
»Der lügt«, sagte Lund und brachte sie damit zum Schweigen.
Buchard verschränkte die Arme und sah sie an.
»Er lügt«, wiederholte sie.
»Durchsucht die Wohnung«, ordnete Buchard an. »Den Keller, das Gartenhaus in Dragør, alles. Findet raus, wo die Abfälle von seiner Renovierung sind. Hört sein Telefon ab.«
Meyer schien nicht mehr an dem Gespräch beteiligt. Buchard sah zu, wie Lund alles notierte.
»Sagt Hartmann Bescheid. Und vermasselt es euch nicht wieder mit der Presse.«
Er wandte sich zum Gehen. »Apropos vermasseln«, sagte Meyer. »Ich muss unter vier Augen mit Ihnen reden.«
»Morgen«, beschied ihn Buchard. »Im Moment sollen Sie arbeiten und nicht jammern.«
»Was machen wir mit ihm?«, fragte Meyer.
Buchard sah Lund an.
»Er muss im Haus bei seinen Schwiegereltern übernachten«, sagte sie. »Oder in einem Hotel. In seine Wohnung und in den Schrebergarten können wir ihn nicht lassen. Die
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