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Das Verbrechen von Orcival

Das Verbrechen von Orcival

Titel: Das Verbrechen von Orcival Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Gaboriau
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den Fluß sondieren werden.«
    Der Untersuchungsrichter schwieg und nickte nur hin und wieder zum Zeichen der Zustimmung. Zweifellos wog er bereits in seinem Kopf die Fakten, die man ihm unterbreitet hatte, und entwarf einen Plan für die Untersuchung.
    Â»Sie haben sehr umsichtig gehandelt, Herr Bürgermeister«, sagte er schließlich. »Ein schlimmes Unglück, aber ich glaube wie Sie, daß wir uns bereits auf der Spur der Schuldigen befinden. Diese Wilderer, die wir bereits haben, und der nicht wieder aufgetauchte Gärtner haben gewiß etwas mit diesem ungewöhnlichen Verbrechen zu tun.«
    Schon seit einigen Minuten verbarg Vater Plantat nur recht und schlecht – eher schlecht als recht – seine Ungeduld. »Das Dumme daran ist nur«, mischte er sich schließlich ein, »falls Guespin wirklich schuldig ist, wird er nicht so dumm sein, hier aufzukreuzen.«
    Â»Oh! Wir werden ihn finden«, erwiderte Monsieur Domini. »Bevor ich Corbeil verließ, habe ich an die Polizeipräfektur von Paris telegrafiert, uns einen Beamten von der Sûreté herzuschicken; ich denke, er wird in Bälde eintreffen.«
    Â»Während wir ihn erwarten, wünschen Sie vielleicht, den Schauplatz des Verbrechens zu besichtigen, Herr Untersuchungsrichter«, schlug der Bürgermeister vor.
    Monsieur Domini machte Anstalten, sich zu erheben, genauso schnell setzte er sich jedoch wieder.
    Â»Offen gestanden, nein«, sagte er, »vor der Ankunft des Beamten möchte ich nichts sehen. Aber ich hätte gern einige Auskünfte über die Comtesse und den Comte de Trémorel.«
    Der würdevolle Bürgermeister strahlte erneut.
    Â»Oh, die kann ich Ihnen geben«, antwortete er lebhaft, »und zwar besser als sonst jemand. Seit ihrer Ankunft in meiner Gemeinde war ich, so kann ich behaupten, einer der allerbesten Freunde von Madame und Monsieur. Ach, was für reizende Leute, Herr Untersuchungsrichter, so vortrefflich, so liebenswürdig, so aufopferungsvoll...«
    Und eingedenk all der Qualitäten seiner Freunde empfand Monsieur Courtois eine gewisse Beklemmung in der Kehle.
    Â»Der Comte de Trémorel«, so fuhr er fort, »war ein Mann von vierunddreißig, eine stattliche Erscheinung, geistvoll bis unter die Haarwurzeln. Er hatte zwar manchmal Anwandlungen von Schwermut, wo er niemanden sehen wollte, aber gemeinhin war er so liebenswürdig, so höflich, so zuvorkommend; er verstand es, edel zu sein, ohne stolz zu wirken, jeder in meiner Gemeinde schätzte und bewunderte ihn.«
    Â»Und die Comtesse?« fragte der Untersuchungsrichter.
    Â»Ein Engel, Monsieur! Ein Engel auf Erden! Arme Frau! Sie werden gleich ihre sterblichen Überreste sehen, und gewiß werden Sie nicht glauben wollen, daß sie durch ihre Schönheit die Königin des Ortes war.«
    Â»Waren der Comte und die Comtesse reich?«
    Â»Gewiß! Beide zusammen werden sie mehr als hunderttausend Francs Einkünfte gehabt haben, o ja, sehr viel mehr, denn vor etwa fünf oder sechs Monaten hat der Comte, der für den Ackerbau nicht dieselbe Vorliebe wie der arme Sauvresy hatte, Ländereien verkauft, um sein Geld anderweitig anzulegen.«
    Â»Waren sie lange verheiratet?«
    Monsieur Courtois kratzte sich den Schädel.
    Â»Nun, das war vorigen September, ja, vor genau zehn Monaten habe ich sie getraut. Es ist ein Jahr her, daß der arme Sauvresy tot ist.«
    Der Untersuchungsrichter blickte von seinen Notizen, die er sich gemacht hatte, auf, um den Bürgermeister erstaunt anzuschauen.
    Â»Wer ist denn dieser Sauvresy, von dem Sie da reden?« fragte er.
    Vater Plantat, der in einer Ecke geradezu manisch an seinen Nägeln kaute und scheinbar dem Gespräch nicht zuzuhören schien, sprang plötzlich lebhaft auf.
    Â»Monsieur Sauvresy«, sagte er, »war der erste Mann von Madame de Trémorel, mein Freund Courtois hatte es vergessen zu erwähnen.«
    Â»Oh!« protestierte der Bürgermeister gekränkt. »Mir scheint, daß im vorliegenden Falle der Untersuchung...«
    Â»Pardon!« unterbrach ihn der Untersuchungsrichter. »Jedes Detail, obwohl zunächst unbedeutend für den Fall, kann überaus wertvoll für die Lösung sein.«
    Â»Hmhm«, brummte Vater Plantat, »unbedeutend...«
    Sein Ton war so rätselhaft, so zweideutig, daß es dem Untersuchungsrichter auffiel.
    Â»Sie teilen die Meinung des Herrn

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