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Das Verbrechen von Orcival

Das Verbrechen von Orcival

Titel: Das Verbrechen von Orcival Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Gaboriau
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an der Tür, und der Beamte betrat das Speisezimmer. Er hatte seine besten Kleider angezogen und seinen Hals in einen engen, steifen Kragen gezwängt. Respektvoll und steif, wie es sich für einen altgedienten Soldaten geziemt, stand er da.
    Â»Was, zum Teufel, suchst du hier, und wer hat sich erlaubt, dir meine Adresse zu geben?« fragte ihn Lecoq barsch. »Monsieur«, erwiderte Goulard, durch diesen Empfang sichtlich eingeschüchtert, »werden mich sicherlich entschuldigen, mich schickt Doktor Gendron, um diesen Brief dem Herrn Friedensrichter von Orcival zu übergeben.«
    Â»In der Tat«, fiel da Vater Plantat ein, »ich habe gestern abend Gendron gebeten, mir umgehend das Resultat der Autopsie mitzuteilen, und da ich nicht wußte, in welchem Hotel ich absteigen würde, habe ich ihm Ihre Adresse gegeben.
    Monsieur Lecoq wollte seinem Gast sofort den Brief weiterreichen, den ihm Goulard ausgehändigt hatte.
    Â»Ã–ffnen Sie ihn ruhig«, meinte der Friedensrichter, »es geht ja auch Sie an...«
    Â»Wie Sie wollen«, antwortete der Detektiv, »aber wechseln wir in mein Arbeitszimmer hinüber.« Und indem er Janouille bat, dem Polizisten etwas zu essen zu geben, sagte er zu letzterem: »Warte hier auf mich und trink einen Schluck auf meine Gesundheit.«
    Wieder allein mit Vater Plantat im Arbeitszimmer, brach er das Siegel auf und las den Brief vor:
    â€ºMein lieber Plantat,
    Sie haben mich gebeten, Ihnen umgehend das Resultat der Autopsie mitzuteilen, also schreibe ich schnell ein paar Zeilen auf und lasse sie zu unserem Hexenmeister bringen...‹
    Â»Oh«, murmelte Monsieur Lecoq, »Doktor Gendron ist wirklich zu liebenswürdig.«
    â€ºHeute morgen haben wir mit der Exhumierung des armen Sauvresy begonnen. Gewiß bedaure ich mehr als sonst jemand die schrecklichen Umstände, die zum Tod des würdigen und hervorragenden Mannes geführt haben, aber andererseits konnte ich mich nicht enthalten, mich über diese einmalige und wunderbare Gelegenheit zu freuen, die Unfehlbarkeit meines Lackmuspapiers zu beweisen... »Verfluchte Gelehrte!« rief Vater Plantat ein wenig schockiert aus. »Sie sind alle gleich.«
    Â»Wieso? Ich kann mir die unfreiwillige Neugier des Doktors recht wohl erklären. Bin ich nicht genauso entzückt, wenn ich auf ein ausgefallenes Verbrechen stoße?«
    Ohne die Antwort des Friedensrichters abzuwarten, fuhr er in der Lektüre des Briefes fort:
    â€ºDas Experiment versprach auch deshalb um so beweiskräftiger zu werden, da Eisenhut eines der Alkaloide ist, das sich am hartnäckigsten einer Untersuchung und Analyse entzieht.
    Sie wissen, wie ich vorgehe? Nachdem ich die verdächtige Materie in der doppelten Alkoholmenge entsprechend ihrem Gewicht sehr stark erhitzt hatte, goß ich die Flüssigkeit vorsichtig in ein Gefäß, dessen Boden mit meinem Lackmuspapier ausgelegt ist. Behält mein Papier seine ursprüngliche Färbung? Dann gibt es kein Gift. Verändert es sich jedoch, ist Gift nachgewiesen. Mein Papier, von kräftigem Gelb, bedeckte sich jedoch sofort mit braunen Flecken und wurde bald völlig braun. Im voraus habe ich dem Herrn Untersuchungsrichter und den Experten, die mich begleiteten, das Verfahren erklärt.
    Was für ein Erfolg, mein Freund! Die meiner Behandlung unterworfene Materie war eindeutig mit Eisenhut gesättigt. Noch nie habe ich in meinem Laboratorium eindeutigere Resultate erzielt.
    Ich denke, mein Freund, daß Sie gegenüber der tiefen Genugtuung, die ich empfinde, nicht unempfänglich sind... ‹ Vater Plantats Geduld war erschöpft.
    Â»Das ist unerhört!« schrie er aufgebracht. »Unglaublich! Dieser Leichnam ist für ihn nichts weiter als ›verdächtige Materie›. Und schon hofft er am Schwurgericht über die Verdienste seines Lackmuspapiers diskutieren zu können.«
    Monsieur Lecoq war weit davon entfernt, die Entrüstung des Friedensrichters zu teilen. Die Aussicht auf hitzige Debatten zwischen den Gelehrten aus Paris und der Provinz würde sicher interessant werden.
    Â»Wenn der Feigling Trémorel die Vergiftung Sauvresys abstreiten sollte, was er gewiß tun wird, dann ist Gendrons Analyse ein sicheres Beweismittel im Prozeß.«
    Dieses einzige Wort Prozeß war für Vater Plantat das Stichwort, um seine Unentschlossenheit abzustreifen.
    Â»Es darf nicht zum Prozeß kommen!« rief er

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