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Das verletzte Gesicht

Das verletzte Gesicht

Titel: Das verletzte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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verlegen errötete. Ja, dachte er bitter, in flagranti ertappt. Er steuerte mit ausgestreckten Armen auf sie zu und umarmte sie bewusst lange und innig, um ihrem Romeo klar zu machen, dass er nicht nur ein flüchtiger Bekannter war.
    Charlotte entzog sich seiner Umarmung und warf Michael einen verunsicherten Blick zu. Aus den Augenwinkeln bemerkte Freddy, dass der Dunkelhaarige die Schultern gestrafft hatte und die Szene stirnrunzelnd verfolgte. Er fand, dieser Gärtner sah aus wie ein Matador, und verabscheute ihn für seine männliche Ausstrahlung. Regelrecht verhasst war ihm der Mann jedoch dafür, dass er ihn in die Rolle des schnaubenden Stieres drängte.
    „Freddy“, begann Charlotte mit hoher, nervöser Stimme, „ich möchte dich mit Michael Mondragon bekannt machen, von der Gärtnerei Mondragon.“
    Seine Alarmglocken läuteten. Daher kamen also die ganzen Blumen. Mist. Er sah sich um. Was hatte sie tun müssen, all das zu verdienen? Freddy streifte ihn bewusst nur mit einem Seitenblick. „Hm, ja.“
    Charlotte errötete, und der junge Mann betrachtete ihn unverhohlen feindselig. Freddy gab noch eins drauf, indem er ihm den Rücken zukehrte und Charlotte ansprach. „Können wir irgendwo hingehen und reden? Allein.“ Er warf dem anderen einen abfälligen Blick zu. „Schick deinen Gärtner heim. Es ist sowieso nach Geschäftsschluss.“
    „Er ist nicht mein …“
    „Ich glaube, Sie missverstehen die Situation“, begann der Mann mit tiefer, drohender Stimme.
    Provozierend langsam drehte Freddy sich zu ihm um und maß ihn mit einem abschätzenden Blick. Ein Trick, den er vor Jahren von einem kleinen kahlköpfigen Filmmogul gelernt hatte. Straffe Schultern und verächtliche Haltung verfehlten nie ihre einschüchternde Wirkung. „Ach ja?“ fragte er gedehnt. „Und woher wollen Sie wissen, was ich missverstehe?“
    Der junge Mann war jedoch nicht einzuschüchtern. Vielmehr lächelte er überlegen spöttisch, was Freddy fast zur Weißglut trieb. „Ich habe nicht die Absicht zu gehen, denn ich bin gerade erst gekommen“, teilte er ihm in einer weltmännischen Art mit, die für einen Gärtner erstaunlich war. „Meine Beziehung zu Miss Godfrey ist persönlicher Natur. Sie sind es wohl, der die Geschäftsstunden einhalten sollte, und es ist …“, er blickte kurz zur rot untergehenden Sonne, „… bereits ziemlich spät. Sagen Sie bitte, was Sie zu sagen haben, und gehen Sie. Wir wollten gerade zum Dinner.“
    Alles, was Freddy seit dem Morgen gegessen hatte, schien in seinem Magen zu rebellieren. Sein Temperament ging mit ihm durch. Er trat auf den Mann zu, stieß ihm den Zeigefinger in die Brust und schob ihn zurück. „Hören Sie zu, Sie lausiger Latino! Ich sollte …“
    Weiter kam er nicht. Eine Hand schoss blitzartig vor und packte ihn bei den Aufschlägen. Der Mann kam mit seinem Gesicht bedrohlich nah und zischte: „Nennen Sie mich nie wieder so!“
    „Michael, bitte!“ flehte Charlotte. Die zitternden Hände auf seinen Schultern, versuchte sie ihn zurückzuziehen. „Bitte, lass ihn los!“
    Freddy schämte sich, dass sie für ihn bettelte, hielt aber klugerweise den Mund. Hochrot im Gesicht, die Kehle fast zugeschnürt, konnte er gegen den jungen Mann kaum etwas ausrichten. Insgeheim schwor er jedoch Rache.
    Michael atmete tief durch und ließ Freddys Aufschläge mit jener machohaften Geste los, in der Latinos unnachahmlich waren – eine Geste, die besagte, dass er sich schmutzig machen würde, wenn er ihn weiter anfasste.
    „Fordern Sie nie jemanden heraus, wenn Sie nicht auf Gegenwehr gefasst sind“, riet Michael und wandte sich ab, wie ein Matador, der dem Stier den Todesstoß versetzt hat. Freddy war tief in seinem Stolz verletzt.
    „Freddy?“ Charlotte kam besorgt näher. „Alles in Ordnung mit dir?“
    Ihr beschämendes Mitgefühl machte ihn nur noch wütender. „Ja, natürlich“, entgegnete er, stieß sie mit dem Ellbogen weg und richtete sich die Krawatte. „Was glaubst du denn? Dass dein Muskelmann da irgendein Scheißheld ist?“ Er ließ seine Krawatte los und rollte die Schultern. „Servier ihn ab, bevor ich die Polizei hole.“
    „Ich kann nicht …“
    „Servier ihn ab!“ fuhr er sie wütend an.
    Michael drehte sich mit geballten Händen um. Sie vertrat ihm den Weg. „Freddy, hör auf, ihn zu provozieren!“ wies sie ihn über die Schulter hinweg an. „Geh ins Haus. Ich komme gleich zu dir. Ich muss eine Minute mit Michael reden. Bitte, Freddy“, drängte

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