Das Verlies
der Regel sehr reich, sehr angesehen und stehen im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens. Die meisten zumindest.«
»Frau Lura, könnte es sein, dass Ihr Mann eine Geliebte hat? Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen.«
Sie schüttelte den Kopf und lächelte dabei kaum merklich. »Er hat keine Geliebte, zumindest weiß ich nichts davon. Aber weshalb sollte er einfach so verschwinden, wenn er eine hätte? Erwürde niemals sein Geschäft im Stich lassen, denn dafür lebt er, und dafür würde er auch sterben.«
»Sie sagen, er hat keine Geliebte, aber sehr sicher hat sich das nicht angehört. Hatte er, seit Sie verheiratet sind, irgendwann einmal eine Affäre?«
»Finden Sie nicht, dass Sie etwas zu intim werden?«, fragte Gabriele Lura zurück.
»Nein, das finde ich nicht. Wir suchen nach einem Mann, der sehr wohlhabend ist, den viele Menschen kennen und der ohne jede Vorwarnung einfach so verschwunden ist. Es gibt bis jetzt keinen Erpresserbrief, keinen entsprechenden Anruf, keine Drohung, Ihr Mann ist seit mittlerweile fast vierzehn Stunden weg. Als hätte er sich in Luft aufgelöst. Frau Lura, das ist kein Spiel …«
»Das weiß ich selbst! Aber was soll ich Ihnen großartig sagen? Ich habe keine Ahnung, wo mein Mann sich aufhält, was mit ihm passiert ist oder sein könnte, ich weiß nicht, ob er Affären hatte oder immer noch hat, ob er erpresst wurde oder ob er sich Feinde geschaffen hat. Frau Durant, ich weiß nichts, aber auch rein gar nichts. Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen, außer dass ich Ihnen sämtliche Namen, Adressen und Telefonnummern von den Menschen gebe, mit denen mein Mann regelmäßig zu tun hat. Und das sind nun mal hauptsächlich seine Eltern, Dr. Becker und die Angestellten in seinem Betrieb.«
»Okay. Gehen wir einmal vom schlimmsten Fall aus, dass nämlich Ihr Mann einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist, wer würde dann das Geschäft leiten?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen, diese Frage müssen Sie meinen Schwiegereltern stellen. Ich jedenfalls nicht.«
»Aber Sie sind Haupterbin, oder?«
»Frau Durant, allmählich glaube ich, Sie sind überzeugt, dass er tot ist. Ich denke aber, dass er lebt. Und um Ihre Frage zu beantworten, nein, ich bin nicht die Haupterbin, sondern unserSohn. Sollte meinem Mann etwas zustoßen, würde unser Sohn bei Erreichen des fünfundzwanzigsten Lebensjahres das Unternehmen erben. Bis dahin wäre ein Vermögensverwalter für alle unternehmerischen Dinge zuständig.«
»Und das Haus beziehungsweise die Häuser?«, fragte Durant überrascht über die Auskunft.
»Ich kann es Ihnen nicht sagen, da ich bisher keinen Einblick in ein Testament erhalten habe.«
»Aber woher wissen Sie dann, dass Ihr Sohn Unternehmenserbe sein wird?«
»Das hat mein Mann so beschlossen, als Markus geboren wurde. Über alles Weitere haben wir nicht gesprochen. Ich habe ihn auch nicht danach gefragt. Er hat nur gemeint, für mich wäre schon gesorgt.«
»Haben Sie Gütertrennung vereinbart?«
»Nein. Aber könnten wir bitte dieses Thema jetzt lassen?«, fragte Gabriele Lura sichtlich ungehalten. »Mein Mann ist nicht tot, und damit hat sich für mich jede Diskussion um Erbschaft und so weiter erübrigt.«
Durant und Hellmer erhoben sich. »Dann würden wir gerne noch einen Blick in das Arbeitszimmer Ihres Mannes werfen.«
Gabriele Lura begleitete die Beamten nach oben und wies auf die Tür, hinter der sich besagtes Zimmer befand. Während Durant und Hellmer hineingingen, blieb sie auf der Schwelle stehen. Das Zimmer war groß und, wie Durant befand, klinisch rein. Die Einrichtung bestand aus einem mahagonifarbenen Schreibtisch, einem Chefsessel, zwei Bücherregalen, einem PC und einer Telefon-Fax-Kombination. Durch das große Fenster hatte man bei Tag einen traumhaften Blick auf den Garten, der jetzt von den in den Boden eingelassenen Lampen erhellt wurde. Sie sahen in den Schubladen nach, ob sie irgendeinen Hinweis für sein plötzliches Verschwinden finden würden, doch es war spät, und alles war aufgeräumt, selbst die Stifte lagen in Reih und Glied. Sie hielten sich kaum zehn Minuten in dem Zimmerauf, bevor sie wieder nach unten gingen, wo Gabriele Lura bereits auf sie wartete.
In der Haustür sagte Durant: »Sobald Sie etwas von Ihrem Mann hören, rufen Sie mich an, und wenn es heute Nacht um drei ist. Ansonsten sehen wir uns vielleicht morgen schon wieder. Ich wünsche Ihnen trotz allem eine gute Nacht, und hoffen wir, dass alles einen guten
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