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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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per Hand erledigt werden. Die meisten Männer aus dem Lager wurden dafür gebraucht, eine kleinere Gruppe würde sich auf die Felder im Süden begeben, wo ein neuer Mix aus Pflanzen zur Textil- und Futtergewinnung im Auftrag des Ministeriums für Ressourcen ausprobiert wurde. Das Ministerium belohnte sie mit Benzingutscheinen dafür, dass sie auf ihrem Anwesen Feldversuche machten.
    Sie schüttelte den Kopf.
    Ihr Anwesen.
    Der vorherige Besitzer, ein nicht sehr hoher Prinz aus Saudi-Arabien, hatte die Farm während der sogenannten Wiederansiedelungsperiode nach dem Großen Verschwinden verloren. Caitlin verzog das Gesicht, als ihr dieser nichtssagende Euphemismus in den Sinn kam. »Pogrom« wäre sicherlich das bessere Wort gewesen. Es war eine ethnische Säuberung gewesen, die die einstigen Gräueltaten auf dem Balkan in den Schatten gestellt hatte. Der Prinz hatte sich nicht darüber beklagt. Er war auf einer Hochzeit in Damaskus gewesen, als die Israelis die Stadt mit Nuklearwaffen angriffen.
    Sie schüttelte die schlimmen Erinnerungen ab und ging weiter. Sie nahm eine Abkürzung über einen Abhang, wo das hochgewachsene Sommergras zwischen den Wurzeln der Ulmen, Kastanien und Eichen wucherte. Sie musste sich nicht erst den Fuß verstauchen, um zu lernen, dass man nicht blindlings über den tückischen Untergrund lief. Ein paar Vögel flogen auf, als sie sich näherte, Stare und
Rotkehlchen, soweit sie sich damit auskannte. Die Anzahl der Vögel hatte rasant zugenommen in diesem Frühling, nachdem sie sich von den Giftstürmen erholt hatten.
    Sie erreichte die Thicketts Road, die sich zwischen den Hügeln nach unten ins Tal von Mildenhall wand, und lief jetzt mit weit ausholenden Schritten weiter. Heute Morgen fühlte sie sich richtig gut und entschied, dass sie noch ein paar Kilometer mehr verkraften und das Dorf umrunden konnte. Wenn sie diesen Weg nahm, würde sie vielleicht auf Bret und Monique stoßen, wenn sie sich auf den Heimweg machten, nachdem er in Swindon gewesen war. Sie strich mit dem Daumen über ihren Ehering. Er war noch so neu. Ihre Eltern hatten auch Ringe getragen. Aber sie hatte noch nicht solche Schwielen wie ihr Vater und ihre Mutter. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie sich ihre Hände angefühlt hatten, ganz so, als hätte sie sie gerade erst losgelassen. Dieses eigenartige Gefühl hatte möglicherweise etwas mit dem Tumor zu tun, der ihr aus dem Gehirn operiert worden war. Die Ärzte hatten sie gewarnt, dass es derartige Nachwirkungen geben könnte.
    Sie schüttelte den Gedanken ab, dass sie womöglich nicht mehr ganz richtig im Kopf war und es auch nie mehr sein würde, und konzentrierte sich auf die richtige Atmung und ihren Rhythmus, während sie die Landstraße entlang trabte.
    Sie und Bret würden auch bald Schwielen an den Händen haben und eine eigene Familiengeschichte. Hier oder in Amerika, falls sie dorthin zurückgingen, zusammen mit Monique und den Kindern, die nach ihr kommen würden. Da war sie sich ganz sicher. Es lag noch viel Zeit vor ihnen, die sie nutzen konnten.

04
    New York
    Culver stellte sich hinter die letzte Reihe der Reporter, die sich zur Pressekonferenz auf dem frisch geharkten Kies im Castle Clinton versammelt hatten, einem alten, aus Sandstein gebauten Fort am nördlichen Ende des Battery Park. Von dort aus konnte er über ihre Köpfe hinweg einen Blick auf die Skyline von Manhattan werfen und sich kurz der Illusion hingeben, dass eigentlich alles in bester Ordnung war. Man musste bloß die Brandspuren und zerbrochenen Fenster ignorieren und die Augen vor den beunruhigenden kleinen Details verschließen. Dann war es fast so, als würde man im guten alten New York stehen, in dem das Leben von zehn Millionen Menschen und zwanzig Millionen Autos um einen herum brandete, wo die U-Bahnen im Untergrund ratterten und der Geruch nach gebratenem Fleisch von Hunderten mobiler Fastfood-Stände aufstieg. Um den Park herum ertönte das Klappern der Pferdekutschen, und fast war es wieder so, als könnte er jeden Moment rüber ins Redeye schlendern, sein Lieblingslokal, um dort ein perfekt gegartes Filet vom chilenischen Schwertfisch mit San-Moriglio-Sauce zu bestellen.
    Doch nun hörte man das Wummern von zwei Black-hawk-Hubschraubern, die über dem südlichen Zipfel der Insel kreisten und die wenigen Stadtgeräusche übertönten, vor allem Geräusche eines weiter entfernten Feuergefechts und das Rumpeln und Krachen der Abriss- und Bergungsarbeiten.

    Der Stabschef des

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