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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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aber hatte keine Wahl. Sie fühlte sich noch immer ihrem ehemaligen Arbeitgeber verpflichtet, auch wenn sie schon längst nicht mehr im Einsatz war.
    Wenige Tage nach der Geburt von Monique war sie acht Kilometer gelaufen, obwohl sie einen Kaiserschnitt gehabt hatte. (Darüber hatten sich die Hebammen-Hexen ganz schön das Maul zerrissen.) Eine Woche später war sie wieder im Trainingsraum gewesen, den sie mit Bret zusammen in dem ehemaligen Ruheraum oberhalb des Swimmingpools
eingerichtet hatte. Ja, sie war wirklich überrascht gewesen, dass es auf diesem funktionstüchtigen Gutshof einen beheizten Swimmingpool gab, aber das war nur eine der Annehmlichkeiten, die sie für dieses Anwesen eingenommen hatte. Darüber hinaus war die geringe Pacht, die sie an den Staat zahlen mussten, eine Anerkennung für ihre Arbeit als »Beraterin« für Echelon.
    Bret trat ans Fenster, als Silhouette im Schein der aufgehenden Sonne, und Caitlin wurde von einer Welle widerstreitender Gefühle erfasst. Früher, als sie noch aktiv gewesen waren, hätten sie beide eine solche exponierte Stellung instinktiv vermieden. Er hatte diese Reflexe inzwischen offenbar abgelegt.
    Sie aber nicht.
    Genau genommen musste sie nicht so viel trainieren und sich für den Kampfeinsatz bereithalten. Ihr Beratervertrag bezog sich mehr auf Analysen und Ausbildung. Und hier, weitab vom Schuss, mitten im Herzen des englischen Landlebens, konnte man kaum sicherer sein. Bret hatte versucht sie aufzulockern, aber das Echelon-Training war ihr so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie nicht loslassen konnte. Sie konnte ihre alte Identität nicht einfach abstreifen. Und in so einer Situation, wenn Bret ganz locker und selbstverständlich tat, beneidete sie ihn um sein Fähigkeit, seine Vergangenheit in der Armee ganz einfach hinter sich lassen zu können.
    Monique strampelte und brabbelte vor sich hin, vielleicht hatten sich die düsteren Gedanken ihrer Mutter auf sie übertragen. Bret wandte sich vom Fenster ab, von wo aus er zugeschaut hatte, wie das Lager der Arbeiter sich belebte, und bot ihr an, das Baby zu nehmen. Er war ziemlich muskulös und untersetzt, und der kleine Säugling verschwand praktisch spurlos in seiner Armbeuge. Er klopfte dem Kind leicht auf den Rücken und wiegte es leicht, wobei er einen alten Song von Willie Nelson
summte: »My heroes have always been cowboys«. Das Lied hatte stets einen magischen, beruhigenden Effekt auf das Baby. Caitlin sah, dass die kleine Monique in den Armen ihres Vaters in tiefen Schlaf fiel.
    Caitlin ging zurück ins Schlafzimmer und zog sich rasch ihre Jogging-Ausrüstung an. Schwarze Lycra-Leggins, ein altes T-Shirt von Bret und eine Beretta M9 in einem speziellen Halfter, das sie auf dem Rücken trug. Bret wunderte sich nicht sonderlich darüber. Er hatte sein ganzes Leben lang mit Waffen zu tun gehabt, und er kannte seine Frau gut genug, um zu wissen, warum sie niemals ohne Schusswaffe nach draußen ging.
    »Reitest du heute nach Swindon zu diesem GM-Briefing?«, fragte sie. »Ich kann den Stallburschen Bescheid geben, falls du heute noch ein Pferd brauchst.«
    Bret legte das Baby zurück in die Krippe, richtete sich auf und streckte sich, dass die Knochen knackten. Genau wie bei ihr war auch sein Körper übersät von Narben und sonstigen Spuren alter Verletzungen.
    »Ich hatte eigentlich vor, ein Mountainbike zu nehmen«, sagte er ruhig. »Kann nicht schaden, wenn ich mich selbst ein bisschen auf Trab bringe.«
    »Das stimmt«, sagte sie scherzhaft und ließ ihre Hand über seinen Bauch gleiten. Er war nicht dick, aber er schob ihre Hand verärgert beiseite.
    »He, wenn Sie das anfassen, müssen Sie es auch kaufen, Gnädigste.«
    »Wirklich?«, fragte sie und trat zu ihm.
    Als sie ihn diesmal berührte, leistete er keinen Widerstand.
     
    Etwa eine Stunde später, als sie auf der Stelle joggte, um ihren Puls zu beschleunigen, genoss Caitlin die kalte Morgenluft und warf einen letzten Blick auf ihr Heim, bevor sie zu ihrem ausgedehnten Langlauf über Land aufbrach.
Aus dem Küchenschornstein drangen die dicken schwarzen Wolken des Kohlenfeuers. Bret bereitete die heißen Getränke für die Vorarbeiter zu, die er kurz instruieren würde, bevor die Arbeit losging. Sie würden die neuen genveränderten Sojabohnen im östlichen Teil des Anwesens aussäen, knapp einen Kilometer die Straße entlang Richtung Stitchcombe. Da sie, wie das inzwischen normal war, über kein Benzin verfügten, musste die Arbeit

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