Das verlorene Land
Milliner?«
Diese Frage kam von Ted Koppel vom National Public Radio, und Culver zuckte zusammen, als er sie hörte. Zwei Millionen der fünfzehn Millionen überlebenden Amerikaner hatten sich entschieden, im Ausland zu bleiben, vor allem in den englischsprachigen Demokratien. Das war ein Problem im Verhältnis zu den alliierten Staaten. Und dieser verdammte alte Knacker namens Koppel lebte selbst nicht in den Staaten, sondern als Korrespondent in London, weshalb Culver ihn sofort als Heuchler ansah. Trotzdem konnte Culver ihn und die anderen zwei Millionen durchaus verstehen. Natürlich suchten sie alle verzweifelt nach einer Heimat, aber ihr Land war leider kein so angenehmer Ort mehr wie früher. Die Hungerzeit nach dem Effekt war allen noch immer in böser Erinnerung, und viele wussten, dass es bei der Produktion und Verteilung der Nahrungsmittel weiterhin Probleme gab und es immer wieder zu Engpässen kam.
»Freizügigkeit ist immer noch eines unserer grundlegenden Freiheitsrechte, Ted«, sagte Karen und hob dabei beschwörend
die Hände. »Und bevor jetzt jemand nachfragt, was es mit den deklarierten Gebieten auf sich hat, sage ich, dass es gute Gründe gibt, warum sie nicht betreten werden dürfen. Was unsere Exil-Gemeinde betrifft, was soll ich dazu sagen? Jeder Amerikaner hat das Recht zu leben, wo er will. Die Berichte über angebliche Behinderungen von Rückkehrwilligen durch ausländische Regierungen sind absoluter Blödsinn. Natürlich fänden wir es gut, wenn sie zurückkämen. Wir brauchen alle Kräfte, um dieses Land wieder aufzubauen, aber wir werden niemanden dazu zwingen.«
Koppel war schon wieder aufgestanden und fuchtelte mit dem Kugelschreiber herum, um noch eine Zusatzfrage genehmigt zu bekommen.
»Wie können Sie das behaupten, Ms. Milliner, wenn die Regierung den Rückkehrern eine Verpflichtung für fünf Jahre auferlegt?«
Karen lächelte.
»Sie übertreiben jetzt aber, finden Sie nicht, Ted? Die Menschen können sich frei entscheiden, ob sie zurückkehren wollen. Wenn sie dies auf eigene Kosten tun, können sie sich aussuchen, wo sie leben und arbeiten wollen. Aber ich glaube nicht, dass es falsch ist, sie zu verpflichten, finanzielle Mittel zurückzuerstatten. Die wurden ihnen von den Steuerzahlern zur Verfügung gestellt, um sie nach ihrer Ankunft zu unterstützen. Es gibt keine Gratisangebote mehr. Jeder muss arbeiten, jeder muss bezahlen. Alle tragen ihren Teil dazu bei. Der Kongress und der Präsident haben deutlich gemacht, dass hier das Prinzip der Gegenseitigkeit herrschen muss, Leistung für Gegenleistung, und diese Entscheidung hat das amerikanische Volk bei den letzten Wahlen gutgeheißen. War es nicht Captain John Smith in Jamestown, der gesagt hat: ›Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen?‹ Wir verlangen nicht mehr, als Smith verlangt hat.«
Das war eine ziemlich dreiste Bemerkung, und Culver zuckte innerlich zusammen, bemühte sich aber, nach außen hin unbewegt zu erscheinen. Nur wenige Menschen hatten die Mittel, aus eigener Kraft zurückzukehren. Das bedeutete, dass die meisten Auslandsamerikaner nur die Möglichkeit hatten, auf Kosten von Onkel Sam heimzukommen. Und das war eindeutig kein Freifahrtschein. Koppel sah aus, als wollte er sich ein Wortgefecht mit Milliner liefern, aber sie würgte ihn ab und warf ihm ein hinterlistiges Grinsen zu.
In diesem Moment trat Kipper hinter ihr aus dem Schatten, wo er gewartet und hoffentlich die Stichworte für seine Rede studiert hatte, die von Culver verfasst worden waren. Der Präsident war berüchtigt dafür, sich nicht an sein Redeskript zu halten und bei der geringsten Provokation von der Tagesordnung abzuweichen. Er sprach gerne mit Menschen, und sogar Journalisten waren für ihn Menschen, wie er Culver einmal erklärt hatte. Nun trat er mit blinzelnden Augen in das warme helle Licht, und es sah beinahe so aus, als würde er den Frühlingsduft schnuppern, der in der Luft lag, während er zum Rednerpult trat.
Karen Milliner stellte ihn vor, und alle standen kurz auf, womit die Formalitäten auch schon erledigt waren. James Kipper mochte diese ganzen Rituale nicht und ließ sie außer Acht, wenn sich die Gelegenheit bot. Er stellte sich hinter das einzige vorhandene Mikrofon, das seine Stimme für sämtliche Medienvertreter aufnahm, und steckte die Hände in die Taschen seiner Jeans. Bevor er vor die Presseleute trat, hatte er seine Splitterschutzweste ausgezogen. Einige im Publikum trugen ihre noch.
»Ich danke
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