Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
Vom Netzwerk:
menschliche Kapital der Vereinigten Staaten konkurrierten, ausgebremst und gleichzeitig die letzte Runde im Kampf mit Blackstone um die Vorherrschaft in Texas eingeläutet. Die Journalisten sprangen wie elektrisiert von ihren Plätzen und warfen Kipper zahllose Fragen entgegen. Der Präsident lächelte und wartete, dass der Aufruhr sich legen würde, bevor er auf Joel Connelly vom Seattle Post-Intelligencer deutete.
    »Mr. President, widerrufen Sie damit also die Verpflichtung für Rückkehrer zum fünfjährigen Dienst im Nationalen Wiederaufbaudienst?«
    Kipper lächelte und schüttelte den Kopf. »Nur wenn sie einverstanden sind, sich in einer der neuen Kolonien anzusiedeln.«
    »Was ist mit den Ausnahmeregelungen für Veteranen?«, fragte Novoselic. »Werden sie verpflichtet …«
    »Die haben sich schon mehr als genug verausgabt«, antwortete Kipper. »Wir werden nicht noch mehr Opfer von ihnen verlangen.«
    Weitere Fragen brandeten gegen das Podium, aber Connelly war wieder der Sieger.
    »Und wie riskant wird das sein?«
    »Sehr riskant«, sagte Kipper. »Es ist ein Grenzgebiet wie damals im Westen. Und wie wir aus den Geschichtsbüchern wissen, sind solche Grenzgebiete gefährlich. Einige unserer Anstrengungen werden fehlschlagen. Einige Menschen werden dabei umkommen …«

    Kipper konnte den Satz nicht beenden. Zwei Männer vom Secret Service sprangen auf ihn zu und drängten ihn nach hinten und dann vom Podium hinunter. Eine Sekunde später hörte Jed ein durchdringendes Pfeifen, das sich in ein lautes Kreischen verwandelte, bevor es in einem brüllenden Donnerschlag endete. Die Zeit dehnte sich, als würde die ganze Welt auf einem Ballon existieren, der sich aufblähte und sich gleichzeitig von ihm zu entfernen schien, wobei alle Dinge um ihn herum ganz langsam abrückten. Er sah, wie die Journalisten von ihren Stühlen aufsprangen. Einige rannten los wie olympische Läufer, deren Start in Zeitlupe wiederholt wird, andere standen auf und fielen wieder auf ihre Sitze zurück wie Puppen, denen ein Kind seinen Willen aufzwingt. Alles vor seinen Augen bewegte sich ganz langsam, auch als ihm längst klar war, dass es in Wirklichkeit schnell ablief – bis ein Sicherheitsmann im schwarzen Overall ihn trotz seines nicht geringen Gewichts hochhob und wie eine Puppe wegtrug. Die Sohlen seiner Oxford-Schuhe schwebten wenige Zentimeter über dem weißen Kies in den Schutz des Dachs der Kolonnaden, und er fühlte sich wie ein hilfloser Schwächling in den Armen von Superman.
    Als sein Zeitgefühl sich wieder der Wirklichkeit anpasste, drangen zahlreiche Bilder auf ihn ein. Schmutzigorangefarbene Feuerbälle verbrannten die Erde draußen vor dem Fort, Ausrüstungsgegenstände flogen durch die Luft, zusammen mit Erdbrocken und Fetzen von herausgerissenem Gras. Über ihm eine Explosion, zu seiner Rechten detonierte eine Granate auf dem Dach, und ein Regen zerborstener, scharf gezackter Dachziegel prasselte herab. Die Erde bebte wie bei einem Vulkanausbruch, und die Eruption von Feuer und Donner steigerte sich zu einem vernichtenden Crescendo. Eine Journalistin rannte direkt in eine Explosion, die ihren Körper vierteilte und die Überreste in alle Windrichtungen schleuderte.

    Noch mehr Männer, alle in schwarzer Montur, waren jetzt über ihm und stießen seine Schulter gegen etwas Hartes, Unnachgiebiges. Eine Wand? Ein Türrahmen? Es war dunkel, und er konnte nichts sehen bis auf die hellen Lichtflecken vor seinen Augen. Culver wurde zu Boden geworfen, er spürte die glatt polierte Oberfläche des Holzes, auf dem er nun seitlich mit dem Kopf aufschlug. Das Donnern der Explosionen draußen entfernte sich, wurde dumpfer. Schwarze Flecken breiteten sich in seinem Gesichtsfeld aus, und er stürzte ins Dunkel.

05
    New York
    Yusuf Mohammed war von seinen Mitstreitern wenig beeindruckt. Obwohl viele von ihnen älter waren als er, manche sogar wesentlich älter, benahmen sie sich wie Kinder. Er konnte sich kaum vorstellen, dass sie ein Zusammentreffen mit den Amerikanern überleben würden. Er spähte über den Fluss Richtung Manhattan und versuchte die Überreste der berühmten zerstörten Türme der Stadt ausfindig zu machen. Ihm war klar, dass die Amerikaner nicht weit sein konnten. Er hockte sich wieder in seinen Unterstand, den einer der Offiziere des Emirs ihm zugewiesen hatte, und fragte sich, wo die anderen Männer aus seinem Saif wohl sein mochten.
    Den Freudenschreien und dem Gelächter nach zu schließen, die er

Weitere Kostenlose Bücher