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Das verlorene Observatorium

Das verlorene Observatorium

Titel: Das verlorene Observatorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Zeit zu Zeit herunter, wenn der Schweiß zu glitschig wurde. In Peter Buggs Augen.
    Ja, auch Peter Bugg erinnerte sich.
Zwanzig erinnerte sich (4)
    Nachdem alle von ihrer Mittagspause wieder in Wohnung 16 zurückgekehrt waren, erinnerte sich Zwanzig mit Hilfe von Anna Tap daran, tagelang, vielleicht monatelang, womöglich sogar jahrelang (sie konnte es nicht genau wissen) herumgeirrt zu sein. An diese Zeit, sagte sie, könne sie sich mit ihrem noch vagen Verstand vage erinnern. Allerdings erinnerte sie sich an gewisse Hunde auf diesem langen Spaziergang. Sie erinnerte sich, ihr Essen in Mülltonnen gefunden zu haben, die vor den Häusern der Menschen standen. Manche dieser Leute hielten Hunde. Sie erinnerte sich an Hundekämpfe. Heftige Hundekämpfe. Sie erinnerte sich, nach diesen Kämpfen die Wunden des Hundes Maximilian geleckt zu haben. Sie erinnerte sich an den Geschmack von Hundeblut. Jedesmal, wenn Zwanzig sich erinnerte, wurde sie ein wenig unsicherer.
Anna Tap erinnerte sich (2)
    Dann erinnerte sich Anna Tap an ihren zweiten Besuch in dem Museum, in dem sie so viele Jahre gearbeitet hatte, in dem ihre Augen irreparabel geschädigt worden waren. An ihren ersten Besuch konnte sie sich nicht mehr erinnern. Bei ihrem ersten Besuch in dem Museum war sie nämlich erst wenige Tage alt. Sie war in Decken gewickelt auf der Damentoilette liegengelassen worden, in einem Waschbecken, den Kopf unter einem Wasserhahn, erklärte sie. Sie meinte, es könnte der Hahn für heißes Wasser gewesen sein. Sie wurde gefunden, von wem, das wusste sie nicht und in Pflege gegeben. Das war alles, woran Anna Tap sich von dem erinnern konnte, was man ihr über ihren ersten Besuch im Stadtmuseum erzählt hatte.
    An ihren zweiten Besuch jedoch erinnerte sie sich ohne fremde Hilfe. Sie war damals sechzehn. Man hatte ihr gesagt, daß sie auf der Damentoilette des Museums ausgesetzt worden sei und deshalb wollte sie sich diese nun mit eigenen Augen ansehen. Anna sah sie, verbrachte zwei Stunden dort und versuchte, so erinnerte sie sich, Mami näherzukommen. Dann, als sie genug gesehen hatte, machte sie einen Rundgang durch das Museum. Sie nannte die Ausstellungsstücke Brüder und Schwestern. Näher, erklärte sie, würde sie ihren Geschwistern wohl nie kommen. Sie beschloß, im Stadtmuseum arbeiten zu wollen, um an einem Ort zu sein, an dem, das glaubte sie, ihre Mutter einst gewesen war und auch, um ihren sogenannten Brüdern und Schwestern nahe zu sein. Sie hatte nie, sagte sie, ihre Liebe zu Damentoiletten verloren.
Francis Orme erinnerte sich (1)
    Diese Erinnerung, als sie mir später an jenem Tag von Peter Bugg geschildert wurde, erinnerte mich an eine meiner eigenen Erinnerungen. Und so kam es, daß sogar ich mich erinnerte. Anna Taps Museumsgeschichte hauchte meinem eigenen ersten Besuch in einem Museum Leben ein. Die Museen sind verschieden. Das Museum, an das ich mich erinnerte, war ein Wachsfigurenmuseum. Kurz nach Emmas Tod nahm mich mein Vater mit ins Wachsfigurenmuseum. Er ging mit mir dorthin, vermute ich, um mich aufzumuntern. Emmas Tod hatte mich sehr betrübt, ich war in tiefer Trauer um sie versunken. Ich bestand sogar darauf, daß man mir Lakritz kaufte.
    Doch nichts, von den Anfängen meiner eigenen Ausstellung einmal abgesehen, begeisterte mich so sehr wie dieser Nachmittag, den ich damit verbrachte, zwischen den Männern und Frauen aus Wachs herumzuschlendern, die so bedrohlich über mir kleinem Wicht aufragten. Da ich keine Freunde hatte, überlegte ich mir damals, daß das Wachsfigurenmuseum doch ein vortrefflicher Ort wäre, welche zu finden. Ich könnte, so stellte ich mir vor, meine Tage hier umgeben von Menschen verbringen, ohne jemals einsam zu sein. Ich könnte mit ihnen sprechen, ich könnte ihnen Stimmen geben und ich könnte stillhalten und meine Augen schließen, wie ich es zu Hause mit meinen Spielsachen geübt hatte und mir vorstellen, ich sei aus Wachs.
    Ich war an diesem Tag so tief beeindruckt, daß ich meine Trauer um Emma vergaß. Vater, erinnerte ich mich, war ebenfalls beeindruckt. Ich schwor, wenn ich die Kindheit hinter mir gelassen hatte und erwachsen geworden war, dann würde ich mir eine Arbeit im Wachsfigurenmuseum suchen.
Zwanzig erinnerte sich (5)
    Zwanzig erinnerte sich, früher an diesem Tag, noch vor meinen Erinnerungen an das Wachsfigurenmuseum, daß sie den ganzen Weg von ihrer Heimat bis zum Observatorium zu Fuß zurückgelegt hatte. Sie erinnerte sich, daß sie bei ihrem Aufbruch

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