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Das verlorene Observatorium

Das verlorene Observatorium

Titel: Das verlorene Observatorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Weg, der um das Haus herumführte, aber nicht so weit, daß sie zu den zahlreichen Nebengebäuden und Stallungen kamen, wo das unglückliche Duo unbeobachtet herumwandern konnte. Sobald diese Stunden aber durch das Läuten einer Glocke beendet wurden, entließ sich Francis von Hope und zog sich auf die oberen Treppenabsätze des Hauses zurück, wo er sich in aller Ruhe und Abgeschiedenheit an der Rückenlehne eines Stuhles, der Ecke eines Bücherregals oder mit Hilfe einer steifen Haarbürste kratzen konnte.
    Am Tag seines dreizehnten Geburtstags hörte das Kratzen auf. Genau in dem Augenblick, als Francis sich auf die Zehenspitzen stellte und sich über seine Geburtstagstorte beugte, um die Kerzen auszupusten, erklang die Dienstbotenglocke. Auf dem Flur zur Küche stand ein Landarbeiter mit einem Paket aus Zeitungspapier, in dem der erbärmliche und blutige Hund namens Hope lag. Er war in eines der Hühnergehege gekommen, um sich dort am Drahtzaun zu kratzen, und die Hühner, außer sich durch den Anblick und Geruch von Blut, hatten ihn zu Tode gepickt.

Francis, mitsamt einem Leichenzug, der aus Zimmermädchen, dem Koch, der Haushälterin und mir selbst bestand, begrub ihn neben dem Küchengarten. Francis nahm das alte, durchgekaute Halsband und den neuen Halskragen aus Plastik mit in sein Kinderzimmer. Ohne Hope hörte auch sein Juckreiz auf. Die Kordel wurde durchgeschnitten, und Francis wurde aufgefordert, seine Handschuhe wieder auszuziehen. Das lehnte er jedoch strikt ab. Er sagte, dazu hätten ihm die weißen Handschuhe einfach zuviel über das Leben beigebracht. Er sagte, Hopes Tod sei häßlich und unschön gewesen, er sagte, die Handschuhe hätten ihn gelehrt, Abstand zum Leid zu halten. Außerdem meinte er, durch die Handschuhe schicker auszusehen. Er fand die saubere weiße Baumwolle beruhigend. Er sagte, er würde gern alles im Auge behalten, was er berührte, es werde ihn in Zukunft vorsichtiger machen.
    Auf diese Weise wurde es meinem Sohn zur Gewohnheit, Handschuhe zu tragen. Den folgenden Artikel fand ich im Kinderzimmer:
Das Gesetz der Weißen Handschuhe
    1. Weiße Baumwollhandschuhe sind wie deine zweite Haut, also behandle sie entsprechend. Werden sie zerrissen, dann ist es so, als hättest du dich geschnitten.
    2. Sobald ein Handschuh oder ein Paar Handschuhe beschmutzt werden, ist es, als wären sie ein Paar Hände, die fürs Leben gezeichnet wurden. Sie können nie wieder sauber sein.
    3. Das Waschen von Handschuhen ist nicht erlaubt.
    4. Äußerste Sorgfalt muß darauf verwandt werden, die Handschuhe niemals zu beschmutzen. Gleichwohl sind wir darauf eingerichtet zu akzeptieren, daß gewisse Mißgeschicke passieren, aber, (siehe 5)
    5. Der Verlust eines Paars Handschuhe ist eine schwerwiegende Missetat. Wenn Handschuhe verlorengehen (Verlust = beschmutzt oder zerkratzt), dann ist der dabei erlebte Schmerz genauso groß, als würden dem unvorsichtigen Träger die Hände abgehackt werden (was ja tatsächlich auch genau das ist, was er getan hat).
    6. Tote Handschuhe sollten zur letzten Ruhe gebettet werden wie ein treuer Freund, der sich im Dienst ausgezeichnet und seinen Frieden verdient hat. Es ist verboten, mit schmutzigen Handschuhen herumzugehen.
    7. Tote Handschuhe erfüllen keine Funktion. Die Hände unter ihnen sind niemals in der Lage, etwas aufzuheben, zu berühren oder zu bewegen. Sie sind tot.
    8. Tote Handschuhe sollten umgehend gegen neue, lebendige Handschuhe ausgewechselt werden.
    9. Beim Wechsel der Handschuhe ist es nicht erlaubt, die eigenen nackten Hände in ihrem häßlichen Zustand anzusehen. Erst wenn sie stolz ihre neue weiße Haut tragen, ist es wieder erlaubt, sie anzusehen.
    10. Es ist verboten, einen anderen Menschen seine nackten Hände sehen zu lassen.
Das Observatorium
    Mutter in der Eingangshalle: Hier hingen früher überall alte Ölgemälde von toten Ormes. Und jetzt: eine blau und weiß tapezierte Wand. Der Marmorboden im Schachbrettmuster wurde herausgerissen und verkauft, an seiner Stelle wurden neue Dielen verlegt, über die ein blauer Teppichboden kommen wird. Überall Neues!
Tearsham Park
    Vater in Mutters Schlafzimmer in Wohnung 6: Grundsätzlich erzählte ich meiner Frau die Neuigkeiten des Tages, während sie von uns zurückgezogen in ihrem Bett lag. Die Augen geschlossen. Still daliegend. Heute jedoch sitze ich an ihrem Bett und erzähle ihr, dass ich Orme-Land hatte verkaufen müssen. Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Es gibt immer weniger

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