Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl
jeder Hand feuerte der Ingenieur drauflos und schrie dabei begeistert.
»Kommt schon, ihr Bastarde!«
Die Lok raste schwankend über die Strecke und krachte in eine Schar berittener Krieger. Durch den Aufprall entgleiste der Panzerwagen.
Hunderte von Tugaren schwärmten über den verkrüppelten Drachen hinweg, schlugen mit Schwertern und Äxten auf ihn ein und stiegen in die Kabine, während dort noch die Revolverschüsse krachten.
Innerhalb eines Augenblicks löste sich alles in einer wirbelnden Wolke aus Dampf, Feuer und zerberstendem Metall auf.
Im Galopp, an der Seite Qubatas, lenkte Muzta sein Pferd schräg seitlich die Schanze hinauf, und die Pferde tänzelten dabei nervös über die Leichen. Auf dem Wall eingetroffen, zog Muzta an den Zügeln und frohlockte über den Anblick, der sich ihm hier bot.
Über Hunderte von Metern beiderseits von ihm stürmte seine Armee vor.
Ein tiefes, hohles Donnern fuhr über ihn hinweg, und als er nach links blickte, sah er eine sich ausbreitende Wolke aus Dampf und Feuer. Mit grimmiger Miene verfolgte er, wie dieser weiße Schatten des Todes dann weggeweht wurde und eine gewaltige Lücke in seinen Linien freilegte. Die Schlacht stockte einen Augenblick lang, und dann drängte das Heer aufs Neue gegen das Osttor.
»Herrlich!«, brüllte er, als er sah, wie Hunderte Bogenschützen ihren Beschuss jetzt nicht mehr direkt auf die feindlichen Krieger richteten, sondern einen nicht enden wollenden Hagel von Brandpfeilen auf die Holzwälle der inneren Stadt richteten.
»Schafft die Katapulte heran!«, rief Muzta. »Stellt sie entlang dieser Wälle auf und auf dieser Eckfestung!« Und er deutete dabei auf die Nordostbastion, wo jetzt eine Rossschweifstandarte im Abendwind flatterte.
»Es ist herrlich, Qubata, einfach herrlich!«
Aber der alte Krieger schwieg und betrachtete grimmig die Tausende von Toten auf dem Schlachtfeld, den Preis für diesen Irrsinn.
»Lass uns vorstürmen und etwas Blut vergießen!«, schrie Muzta und deutete auf einen Schwärm Milizionäre, die sich verzweifelt abmühten, sich durch das schmale Nordosttor zu drängen.
»Schaff ihn hier raus!«, schrie Kathleen ihre Helferin an, die neben der von vier Trägern gehaltenen Trage stand. »Bring ihn zu Dr. Weiss – er ist im Dom!«
»Kommt jetzt mit!«, flehte das Mädchen.
»In einer Minute«, antwortete Kathleen und versuchte, sich durch den unglaublichen Lärm vor dem Lazarett verständlich zu machen. »Ich kann diesen Mann nicht im Stich lassen, ehe ich die Behandlung abgeschlossen habe«, ergänzte sie und deutete auf einen jungen Suzdalier, der ein von Schüssen zerfetztes Bein hielt. »Er kommt nicht durch, falls ich die Blutung nicht stoppe. Bring jetzt Kal in Sicherheit!«
Kal versuchte etwas zu sagen und hob den Kopf. Rasch kniete sich Kathleen neben ihn und küsste ihn auf die Stirn.
»Sagen Sie Andrew, dass ich ihn immer lieben werde«, flüsterte sie.
Sie wandte sich ab und kehrte zum Tisch zurück, und mit leisen Worten begleitete sie den verletzten Soldaten in die Narkose und machte sich an die Arbeit.
»Platz da!«, rief Andrew und versuchte, sich einen Weg durch den verängstigten Mob zu bahnen.
Er war hilflos, kam einfach nicht voran durch die Tausende, die an ihm vorbeiströmten. Das 35. hatte auf die Schnelle eine Linie vor ihm gebildet, sortierte die zerschlagenen Regimenter, die vorbeiliefen, und schickte die Soldaten auf die Holzpalisaden der Innenstadt, die bereits von Flammen umzüngelt wurden.
»Andrew!«
Durch das Tor kam Hans in Sicht, und Blut lief ihm übers Gesicht.
Andrew stieg ab und bahnte sich einen Weg zu seinem alten Freund.
»Da draußen ist nichts mehr aufzuhalten«, sagte Hans, der zusammengesunken auf seinem Pferd saß und nach Luft schnappte.
»Ich dachte, wir könnten vielleicht die Menschen retten, die noch draußen sind.«
»Falls Sie die Reste unserer Reserve hinausschicken, werden sie vernichtet. Wir werden sie hier drin noch brauchen.«
Andrew sah Hans an und entdeckte, was sie letztlich unterschied. Er selbst würde alles riskieren, um wenigstens einen Versuch zur Rettung seiner Männer zu wagen. Was er Hawthorne zugemutet hatte, verfolgte ihn immer noch. Hans jedoch war fähig, notfalls dabeizustehen und das Opfer zu erbringen.
»Man kann nichts mehr für sie tun. Wer es noch zum Tor schaffen möchte, muss es von allein schaffen.«
»Dann werfen wir mal einen Blick hinaus«, sagte Andrew und versuchte, seine Seelenqual zu
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