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Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Titel: Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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er sich schon für diesen Aberglauben. Tobte zu Hause noch der Krieg, oder war er vorbei und arbeitete Lincoln inzwischen daran, die Wunden der Nation zu heilen?
    Komisch – er stellte fest, dass er seit zwei Monaten immer weniger an Zuhause dachte. Diese Zeit war bemerkenswert friedlich verlaufen, und in diesem Frieden hatten sich die Männer wieder mit Elan ihren diversen Projekten zugewandt.
    Das Versammlungshaus der Methodisten auf der anderen Seite des Gemeindeangers war nahezu fertig gestellt; es wies sogar einen Kirchturm auf, der einer Glocke harrte – deren Herstellung mit großer Aufregung für diesen Vormittag erwartet wurde. Auch die Stadthalle stand inzwischen und die Jungs hatten gestern Abend eine Mahlzeit mit gebackenen Bohnen und Schinken zurecht gezaubert, komplett mit Kapelle, Gesang und Tanz.
    Kathleen hatte den ganzen Abend lang mit ihm getanzt, aber trotzdem bestand weiter diese Mauer zwischen ihnen, als fürchteten sie beide den möglichen Schmerz, den der andere verursachen könnte. Sogar die Suzdalier waren von der Feier angelockt worden, und etliche Männer hatten an diesem Abend weibliche Gesellschaft gehabt.
    Eine ansehnliche Sammlung von hundert oder gar mehr Hütten war vor den Erdwällen entstanden und beherbergte Kaufleute und circa vierzig Familien, die aus der Stadt hergezogen waren, um dem Regiment ihre Fähigkeiten und Dienste anzutragen.
    Zu dieser ruhigen Stunde, die Andrew so lieben gelernt hatte, spazierte er die Gettysburgstraße entlang, lauschte und dachte nach. Im Lager herrschte alles in allem so viel Fröhlichkeit, wie man nur erwarten konnte. Die allein stehenden jungen Männer schienen sich am leichtesten anzupassen. Zwei hatten schon um eine Heiratserlaubnis gebeten, und er fand sich somit in der ungemütlichen Rolle von so einer Art Vater wieder, der sie anwies, noch zu warten, bis sich die Beziehung weiter entwickelt hatte.
    Für die ungefähr hundertfünfzig verheirateten Männer, von denen manche zu Hause auch Kinder hatten, war es viel schlimmer gewesen. Kein Tag ging vorbei, an dem ihn nicht irgendein Soldat mit grimmiger Miene aufsuchte und fragte, ob irgendeine Hoffnung bestand, Maine jemals wiederzusehen. Er blieb seiner Lüge treu und gab ein ums andere Mal Zusicherungen, an deren Wahrheitsgehalt er selbst zweifelte, und er hoffte nur, dass die Männer mit der Zeit das seltsame Schicksal akzeptierten, das sie hierhergeführt hatte.
    Drei Selbstmorde waren passiert, alle durch verheiratete Männer, die an ihrem Schicksal verzweifelt waren. Zehn weitere Männer standen derzeit im Krankenhaus unter Arrest, saßen den lieben langen Tag herum und unterhielten sich leise miteinander oder mit eingebildeten Lieben. Kathleen kümmerte sich liebevoll um sie und hoffte, sie wieder aus der Depression zu locken, aber im Herzen wusste Andrew, dass nur wenig Hoffnung bestand; diese Männer hatten in ihren Gedanken eine freundliche Welt entdeckt und würden dort höchstwahrscheinlich den Rest ihres Lebens verbringen.
    Er verbannte diese Gedanken, als das Wecksignal durch die Morgenluft schmetterte. Flüche und Ächzen wurden in der morgendlichen Kälte aus den Hütten vernehmbar, und Andrew lächelte bei diesen vertrauten Lauten. Für ihn waren Leute, die nur schwer wach wurden, eine Quelle der Erheiterung, denn für sie, so viel wusste er, war jemand unnatürlich, der sofort hellwach und erfrischt war.
    Das Lager belebte sich mit den Routinetätigkeiten des Tagesanbruchs, die Andrew mit stiller Zufriedenheit verfolgte. Nachdem Morgenparade und Frühstück rasch absolviert waren, machten sich die verschiedenen Kompanien zu den ihnen übertragenen Arbeiten auf. Neue Projekte hatten sich fast über Nacht entwickelt. Ein kleiner Kalksteinbruch, den die B-Kompanie eröffnet hatte, war auf der anderen Flussseite in Betrieb, während die H-Kompanie schon beinahe mit ihrem ersten Floß fertig war, das den Fährbetrieb für den Steinbruch übernehmen sollte.
    Endlich hatte auch Tobias eine Aufgabe für sich gefunden. Vor zwei Wochen war er ausgelaufen und den Fluss hinabgefahren, um das Süßwassermeer zu erkunden, und seitdem hatten sie nichts mehr von ihm gehört. Natürlich machte sich Andrew Sorgen, aber gleichzeitig war er auch erleichtert darüber, dass ihm der streitsüchtige Captain eine Zeit lang nicht in den Ohren lag. Und es schadete sicher auch nicht, die amerikanische Flagge andernorts zu zeigen.
    »Colonel, Sir, die Männer müssten jetzt für Sie bereit sein.«
    Aus

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