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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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Priester werden, hoher Priester, jedoch nicht Pharao. Er fand es furchtbar zu reiten, den Streitwagen zu fahren, ich glaube, er hatte sogar Angst vor Pferden, denn oft wachte er des Nachts auf und hatte Alpträume, die mit Pferden zu tun hatten. Obgleich man es seiner Körperstatur nicht ansah, war er eher von zartem Wesen. Er hatte eine musische Ader. Er liebte es, stundenlang am Nil zu verbringen. Für den Krieg hatte er kein großes Talent. Auch kein Interesse an großen Bauvorhaben, wie es unter Pharaonen allein zur Demonstration ihrer Macht einfach üblich war. Lediglich in Karnak baute er einen Festhof mit Torbau, eine Kapelle und zwei Kollossalstatuen. An mehr kann ich mich nicht entsinnen. Selbst sein eigener Totentempel war zu seinem Tod noch lange nicht fertig.
    Da war ich schon immer ganz anders. Er tat mir leid, denn er war für diese Position nicht geschaffen. Er liebte die Ruhe, alles andere regte ihn sehr auf. Ich hörte einmal, wie der Oberbefehlshaber unserer Streitkräfte meinem Vater Thutmosis I . erzählte, dass er, sobald es lauter wurde, und es war eigentlich immer laut, wenn man das harte Leben der Garnisonen führte – sobald es lauter wurde, machte er sich immer kleine Stoffkügelchen, die er mit flüssigem Wachs durchtränkte und abkühlen ließ, um sie dann seinen Ohröffnungen anzupassen, sodass er den Lärm nicht mehr so wahrnahm.
    Der Oberbefehlshaber betonte immer wieder, wie sehr der Thronfolger sich bemühte und so sehr ihn seine Knochen und Muskeln schmerzten, er keine Miene verzog. Das sagte er, um meinen Vater zu beruhigen. Doch ich kannte meinen Bruder. An seinen Augen las ich seine Angst und sein großes Leid ab. Ich versuchte, ihn zu unterstützen, wo ich konnte. Du kennst mich, das machte ich mit Leichtigkeit und sehr gern. Ich war dazu geboren.
    Oh, ich liebte es, mit dem Streitwagen zu fahren! Ich weiß noch, wie ich das erste Mal mit meinem Vater fuhr. Ich klammerte mich fest an ihn und den Wagenrand. Die schnelle Fahrt war für mich ungewohnt, beängstigend, doch unglaublich faszinierend zugleich. Er zeigte mir, wie ich mich bewegen musste, biegsam, elastisch. Es dauerte nicht lange und ich war davon berauscht. Wenn ich mit den Pferden dahinbrausen konnte, da war ich wie ein Teil des Windes…“, schwärmt Gimra-Hatschepsut .
    „Es ist schön, dich so schwärmen zu hören! Weißt du, abgesehen davon, dass ich alles wunderschön und besonders fand, was du getan und wie du ausgesehen hast – weißt du, bei welcher Erinnerung ich noch mehr ins Schwärmen gerate?“, fragt Amun lächelnd.
    „Das kann ich mir sehr wohl denken – sicher war es meine Einweihung zur Gottesgemahlin, zu deiner Gottesgemahlin…“, lächelt sie verschmitzt zurück.
    „Natürlich, das war es!“ Amun ist zutiefst zufrieden. Die meisten der anderen anwesenden Gottheiten sind recht entzückt von den beiden und ebenso zufrieden von dem Werdegang des Zusammentreffens, der nun in einem Schwelgen in gemeinsamen Erinnerungen mündet. Selbst Isis , die kurz ihre Augenbraue hob, da sie befürchtete, dass dieses Gespräch kein Ende nehmen würde und die beiden alles um sich herum vergessen würden, selbst Isis beobacht nun die beiden ganz entspannt, denn sie ist die Göttin der Liebe. Eine Versöhnung ist etwas ganz Besonderes und kommt doch stets von Herzen. Inhaltlich, das erkennt sie beruhigt, geht es ja auch flott voran.
    „Es war eine wunderbare Prozedur, das Reinigungsritual . Ich hatte dergleichen zuvor noch nie durchführen müssen, denn ich zählte ja erst dreizehn Sommer. Aber du, großer Amun , hattest alles so wunderbar für mich vorbereitet. Du bist meiner Mutter erschienen, nämlich indem du dich mit meinem Vater verbunden hast. Dies allein schon war der Beweis, dass ich ein Kind Gottes bin, von dir gewollt für diese Rolle, die ich spielen sollte und die ich mit Hingabe erfüllte. Fast bis zum Schluss. Dieser war zwar nicht einer Gimra-Hatschepsut würdig, wie ich es mir erträumt hätte, doch wer kann sein Ende schon aussuchen, auch eine Pharaonin nicht. Dieses Ende gehörte eben zu meinem Leben dazu und ich konnte mein Leben damals nicht anders sehen als wie mit den Augen vor einer verschlossenen Tür.
    Zurück zu diesem wundervollen Thema, meiner Einweihung zur Gottesgemahlin . Die rituellen Waschungen, es war ein Vergnügen, das erste Mal, ich war ja noch ein Mädchen… Ich lag auf dem Badesockel aus Granit und die Dienerinnen gossen das Wasser über mich. Dann wurde ich mit angenehm

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