Das Vermächtnis der Feuerelfen
wusste, dass auch die Elfe dringend Schlaf benötigte, und kämpfte tapfer darum, die Augen offen zu halten …
»Du musst mir helfen!«
Abrupt setzte Heylon sich auf. Noch während er blinzelnd zu erkennen versuchte, wer da mit ihm sprach, wurde ihm klar, dass er geschlafen hatte. Geschlafen! Was bin ich doch für ein Nichtsnutz, schoss es ihm durch den Kopf, und er fühlte, wie sich seine Wangen vor Scham röteten.
»He!« Jemand oder etwas zupfte ungeduldig an seinem Hosenbein. Vor ihm auf dem Boden hockte ein Tier, kaum größer als eine Faust, pelzig und mit einem buschigen Schwanz. Heylon glaubte zu träumen und fuhr sich mehrmals mit den Händen über das Gesicht, aber als er wieder hinschaute, saß das Wesen immer noch da. »Bitte!« Es blickte ihn aus großen, runden Augen an, die das Mondlicht einfingen und aufblitzten, als es sich bewegte.
»Bitte, was?«
»Du musst mitkommen und meinem Herrn helfen«, flehte das kleine Geschöpf. »Bitte.«
»Was ist mit ihm?«
»Er ist verwundet und liegt dahinten im Wald. Ich habe versucht, ihn zu wecken, aber er will einfach nicht aufwachen.«
»Dann ist er sicher tot.«
»Nein, oh nein. So etwas darfst du nicht einmal denken.« Das Tierchen machte einen erschrockenen Satz nach hinten und schüttelte heftig den Kopf. »Er ist nicht tot. Ganz gewiss nicht. Er atmet noch. Aber er ist sehr schwer verletzt. Wenn er keine Hilfe bekommt, wird er den Morgen nicht überstehen. Komm schnell. Ich führe dich zu ihm.« Das pelzige Wesen tat einen Satz in Richtung der Bäume. Mondlicht fiel auf sein Fell und gab den Blick frei auf helle und dunkle Streifen, die nahezu parallel über den schlanken Körper liefen und in einem buschigen Schwanz endeten.
»Du?« Fassungslos starrte Heylon das Baumhörnchen an, das Finearfin vor nicht allzu langer Zeit gefangen hatte.
»Ja, ich.« Das Baumhörnchen richtete sich auf und stemmte die Vorderpfoten in einer sehr menschlich wirkenden Geste in die Taille. »Wie viele sprechende Baumhörnchen, denkst du, laufen hier sonst noch herum? Also starr mich nicht so an. Mein Herr braucht Hilfe, und du bist der Einzige weit und breit, der ihm helfen kann.«
»Durin!« Langsam dämmerte Heylon, von wem das Baumhörnchen sprach. »Durin ist dein Herr, nicht wahr? Du bist wirklich ein Wechselwesen. Finearfin hat die ganze Zeit recht gehabt, aber ich Trottel wollte ihr nicht glauben.«
»Ja, ja, ja.« Das Baumhörnchen gab einen ungeduldig schnatternden Laut von sich. »Fühlst du dich jetzt besser? Können wir jetzt endlich …?«
»Nicht so hastig!« Mit einer fließenden Bewegung schoss Heylon vor und schnappte sich das Wechselwesen. Es quiekte erschrocken auf, strampelte wild und rammte ihm die scharfen Nagezähne in die Hand, aber Heylon gab es nicht frei. »Ich tu dir nichts«, sagte er mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Ich will nur mit dir reden. Aber
ich warne dich. Wenn du dich jetzt verwandelst und fliehst, werde ich keinen Finger rühren, um Durin zu helfen.«
Das wirkte. Das Wechselwesen hörte auf, sich zu wehren, und schaute Heylon an. »Also gut. Fang an.«
»Durin hat Caiwen entführt und du hast ihm dabei geholfen. Stimmt das?«
Das Baumhörnchen nickte.
»Was ist geschehen? Warum ist Durin verletzt? Er scheint mir kein Mann zu sein, der sich leicht übertölpeln lässt.«
»Wir wurden von Nachtmahren angegriffen.«
»Nachtmahre?« Heylon sog erschrocken die Luft ein. »Was ist mit Caiwen?«
»Die Krieger haben sie mitgenommen.«
»Krieger? Was für Krieger?« Heylon runzelte die Stirn.
»Woher soll ich das wissen? Ich bin abgehauen, als sie die Nachtmahre angriffen.«
»Wie mutig von dir.« Heylon gab einen geringschätzigen Laut von sich.
»Zwischen Mut und Dummheit passt oft nicht mal ein Haar. Dort zu bleiben, wäre dumm gewesen.« Das Wechselwesen verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. »Sie hätten mich getötet.«
»Warum haben die Krieger Durin nicht geholfen, wenn er verletzt ist?«, fragte Heylon.
»Warum sollten sie? Sie haben ihn doch niedergeschlagen.«
»Die Krieger? Ich dachte, die Nachtmahre hätten …«
»Du solltest besser nicht so viel denken. Er hat ihnen Caiwen nicht ausgeliefert, da haben sie ihn niedergeschlagen und sie mitgenommen.«
»Mitgenommen?« Heylon spürte, wie er immer zorniger wurde. »Und diesem Verräter soll ich helfen? Soll er doch elendig verrecken. Das geschieht ihm ganz recht, nach allem, was er Caiwen angetan hat.«
»Du tust ihm Unrecht. Mein Herr ist kein
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