Das Vermächtnis der Feuerelfen
glänzende Silberschale eingelassen, gefüllt mit kristallklarem Wasser, dessen Oberfläche so still war, dass sie einem Spiegel glich.
In der Mitte des Dreiecks erhob sich ein langer schwarzer Quader wie ein Altar über dem Boden. Die Oberfläche war so blank poliert, dass sie das Licht der Feuerrinnen zurückwarf und rötliche Muster an die Höhlendecke zeichnete.
Caiwen blieb stehen und schaut sich um. Die anfängliche Frische, die sie nach dem Erwachen gespürt hatte, war verflogen. Jetzt war sie durstig und fühlte sich so schwach, als hätten die wenigen Schritte zur Höhle ihre ganze Kraft aufgezehrt.
Es ist so dunkel ...
Tief in sich spürte sie eine Abneigung gegen diesen Ort, aber die leise Stimme, die sie für gewöhnlich vor Gefahr warnte, war verstummt, und sie wusste nicht, was der Grund für das Gefühl war.
Nimeye war ihr vorausgeeilt und vor den Altar getreten. Nun drehte sie sich um und forderte Caiwen mit einer Geste auf, ihr zu folgen. »Hab keine Angst. Dir wird kein Leid geschehen. Im Gegenteil. Wenn es uns gelingt, das Wissen deiner Mutter aus den Tiefen deines Bewusstseins zu bergen, wirst du schon in wenigen Augenblicken eine Macht besitzen, die zu erlangen mich zweihundert Winter gekostet hat.« Sie zeigte ihr ein strahlendes Lächeln. »Ist das nicht ein verlockender Gedanke?«
»Ja, das ist es.« Ein leichtes Schwindelgefühl erfasste Caiwen und sie musste sich Halt suchend an der Wand abstützen. Die Schwäche ärgerte sie. Sie machte ihre Bewegungen träge und hüllte ihren Geist in einen zähen Nebel, der sie den Faden verlieren ließ, noch ehe sie einen Gedanken zu Ende geführt hatte. Sie fühlte
sich hilflos wie ein Kind und war froh, dass Nimeye sich um sie kümmerte. Die Stärke und Entschlossenheit ihrer Großmutter waren beeindruckend und Caiwen nahm ihre Hilfe gern an.
»Bist du müde, Liebes?« Nimeye kam zu ihr, reichte ihr die Hand und führte sie zum Altar. »Nun, das ist ja auch kein Wunder nach allem, was du durchgemacht hast. Du Arme wirst an Bord der Annaha kein Auge zugemacht haben. Du hast dich sicher sehr gefürchtet?«
»Ein... ein wenig schon.« Nur mühsam kamen Caiwen die Worte über die Lippen.
Nimeye gab einen ärgerlichen Laut von sich und schüttelte erbost den Kopf. »Diese ungehobelten Bastarde. Ich hatte Anweisung gegeben, dich in allen Ehren zu mir zu bringen. Hätte ich geahnt, dass sie dich wie eine Gefangene behandeln... Aber lassen wir das. Jetzt bist du hier - bei mir - und nichts kann dir mehr geschehen. Das verspreche ich.«
»Danke.« Caiwen gelang ein schwaches Lächeln. Sie fühlte sich so erschöpft wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Obwohl sie gerade geschlafen hatte, wünschte sie sich nichts sehnlicher, als die Augen zu schließen und ein wenig auszuruhen.
»Möchtest du dich hier hinlegen, während ich alles vorbereite?«, erkundigte sich Nimeye.
Caiwen bedachte den Steintisch mit einem abweisenden Blick, der Nimeye nicht entging. »Du hast recht, der Tisch sieht nicht gerade einladend aus«, sagte sie schnell. »Aber der Eindruck täuscht. Schau nur.« Sie legte eine Hand auf die Tischplatte, die unter der Berührung ihre Festigkeit zu verlieren schien. Hand und Finger sanken ein Stück weit ein wie bei einem Bett aus weichen Daunen. »Es ist wunderbar, wenn sich der warme Stein an deinen Körper schmiegt. Versuche es und schlaf ein wenig. Ich werde dich wecken, wenn ich alles vorbereitet habe.«
Caiwen fühlte sich inzwischen so schwach, dass sie sich sogar auf den harten Boden gelegt hätte, wenn sie nur nicht mehr stehen
musste. Es war, als ob etwas in der Luft lag, das ihre Müdigkeit mit jedem Atemzug noch verstärkte. Vielleicht war es wirklich nur die anstrengende Reise, vielleicht die allgegenwärtige drückende Hitze, vielleicht aber auch... Wieder fand sie nicht die Kraft, den Gedanken bis zu Ende zu verfolgen.
Widerspruchslos ließ sie sich von Nimeye auf den Tisch helfen und stellte erstaunt fest, dass es wirklich herrlich war, darauf zu liegen. Nie hätte sie für möglich gehalten, dass ein Steintisch so weich und anschmiegsam sein könnte. Mit einem wohligen Seufzer schloss sie die Augen und spürte, wie sie davongetragen wurde, als Nimeye sie noch einmal weckte. »Hast du Durst, Liebes?«, fragte sie, half Caiwen, sich aufzurichten, und drückte ihr sanft, aber bestimmt einen Kelch mit einer rötlichen Flüssigkeit in die Hand.
Caiwen fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Ihren Durst hatte sie
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