Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)
sah durch die Tränenschleier McCauleys Klinge heranfliegen. In einem Reflex riss er seine eigene Waffe empor und parierte den Hieb blindlings, während seine Rechte planlos umhergriff und plötzlich einen der Goldbarren zu fassen bekam.
Scrymgour handelte ohne nachzudenken. In seiner Not schleuderte er das Gold auf seinen Gegner. McCauley gab einen verblüfften Ausruf von sich und riss instinktiv die Arme empor, um das Geschoss abzuwehren – und Diarmid of Scrymgour schlug erbarmungslos zu.
Halb stehend, noch halb auf dem Boden kauernd warf er sich nach vorn, die Klinge zum Stoß erhoben, und rammte sie tief in den Leib seines überraschten Gegners.
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»Neeein!«
Brighid Stewarts Stimme überschlug sich, als der scharfe Stahl ihren Geliebten durchbohrte.
Wie vom Donner gerührt stand McCauley da, auch dann noch, als sein siegreicher Gegner die Klinge längst wieder aus seinem Leib herausgezogen hatte. Mit zitternden Händen befühlte er die Wunde, aus der das Blut hervorquoll und seine Kleidung tränkte. Der aufwärts geführte Stoß hatte die Schlagader durchbohrt. McCauleys Blick, flehend und bedauernd zugleich, galt Brighid, dann gaben seine Knie nach, und er ging nieder.
»Winston!« Sie eilte zu ihm, fing ihn auf, ungeachtet des schreiend roten Lebenssafts, mit dem sie sich besudelte. »Nein«, flüsterte sie immer wieder, während sie die Blutung erfolglos zu stillen suchte. »Nein, nein, nein …«
»Dazu hätte es nicht kommen müssen«, beschied Scrymgour sie, der sich auf die Beine gerafft hatte und schwer atmend an der Felswand lehnte. Seine bartlosen, unscheinbaren Gesichtszüge waren von der Anstrengung gerötet. »Sie hätten mich nicht hintergehen sollen, Hoheit. Das war ein Fehler.«
Brighid blickte auf, ihre blauen Augen loderten in namenlosem Hass. »Elender Bastard!«, schrie sie den Anführer der Runenbruderschaft an. Und noch ehe dieser etwas erwidern konnte, hatte sie den herrenlos am Boden liegenden Säbel ihres Geliebten aufgenommen und ging damit auf Scrymgour los. »Dafür wirst du bezahlen!«, schrie sie. »Ihr alle werdet dafür bezahlen!«
Für den Anführer der Runenbruderschaft war es ein Leichtes, ihre wütend vorgetragene Attacke abzuwehren. Mit einer routinierten Parade sorgte er dafür, dass sich die Waffe ihrem ungeübten Griff entwand. Brighid, die dadurch das Gleichgewicht verlor und ins Straucheln geriet, schlug zu Boden. Als sie sich wieder aufrichten wollte, hatte sie bereits die Spitze seiner Klinge an der Kehle.
Scrymgours Brust hob und senkte sich heftig unter seiner Robe, in seinen schmalen Augen loderte blinde Wut. Schon wollte er zustoßen, wollte sie bezahlen lassen für das, was sie ihm und seinen Mitbrüdern angetan hatte …
»Halt!«, rief in diesem Moment jemand mit lauter Stimme.
Sie hatten die Schreie gehört und ihre Schritte beschleunigt. Auf das, was sie am Ende des Felsengangs erwartete, waren Sir Walter, Quentin und Mary jedoch nicht vorbereitet.
McCauley lag blutüberströmt am Boden, noch atmend, aber offenbar tödlich verwundet; vor dem dunkelroten Himmel, der sich über dem fernen Horizont spannte, stand ein Mitglied der Runenbruderschaft, bedrohlich anzusehen in seiner weiten Robe, die der eindringende Wind bauschte. Mit blanker Klinge bedrohte er eine Frau, die vor ihm auf dem Boden kauerte – und sie trauten ihren Augen nicht, als sie erkannten, wer diese Frau war.
»Brighid!«, entfuhr es Mary.
Die blauen Augen der Freundin richteten sich auf sie, nicht etwa erleichtert über das unverhoffte Wiedersehen, sondern abweisend und voller Spott.
»Halt!«, wiederholte Quentin dennoch erneut. Er hatte seine Pistole in den Anschlag genommen und auf den Fremden gerichtet, der zwar noch die Robe der Sektierer trug, sein Gesicht jedoch demaskiert hatte. Seine vor Anstrengung geröteten Züge deuteten darauf hin, dass er zum Äußersten entschlossen war.
»Um Himmels willen!«, rief Sir Walter. »Hören Sie auf mit diesem Wahnsinn! Ihr Spiel ist vorbei!«
Der Runenbruder schien ihn erst jetzt zu bemerken. Seine Augen weiteten sich, sein Gesicht verzerrte sich vor Entsetzen, als würde er einen Geist erblicken.
»Scott!«, entfuhr es ihm. »Sie … sind am Leben!«
»Wie Sie sehen«, erwiderte Sir Walter nur.
Das genügte, um den Sektierer vollends die Fassung verlieren zu lassen. Sein Interesse an Brighid schien erloschen, seine Aufmerksamkeit galt nun Sir Walter – und dem einzigen Wunsch, Rache an ihm zu
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