Das Vermächtnis der Wanderhure
Nachttopf aus dem Zimmer entfernte. Wie erwartet ist Marie Adlerin spätabends zum Abtritt gegangen. Beate hat ihre Aufmerksamkeit auf sich gelenkt und Xander den Rest besorgt.«
Der Mann wirkte so zufrieden, als habe er die Einnahme einer schwer verteidigten Burg vermeldet. Für diesen Fang würde die Herrin ihn reich belohnen, dachte er, und er hoffte, auch noch anderweitig auf seine Kosten zu kommen. Diese Marie Adlerin war nämlich ein besonderer Leckerbissen, den er sich das eine oder andere Mal selbst zu Gemüte führen wollte.
Marga hatte Tautachers Bericht begierig gelauscht und lachte nun höhnisch auf. »Das geschieht dieser Hure ganz recht! Warum hat sie mich auch wie einen Hund von sich gestoßen? Jetzt wird sie so behandelt, wie es ihr gebührt.«
Die einstige Wirtschafterin rieb sich die Hände, und da sie Frau Hulda gegenüber nicht unehrerbietig erscheinen wollte, zwinkerte sie deren Leibmagd Alke zu, die ihr mit einem zufriedenen Kopfnicken antwortete.
Trine und Mine aber sahen sich verzweifelt an und klammertensich noch fester aneinander. Während die Schwangere in Tränen ausbrach, schlug ihre Schwester ein über das andere Mal das Kreuz. Die beiden Mägde waren nach Falko von Hettenheims Tod auf einen einsam gelegenen Hof gebracht worden, der Huldas Vater gehörte. Vor ein paar Tagen hatte Hulda von Hettenheim, die offensichtlich über Mines Schwangerschaft informiert gewesen war, sie dort abgeholt und mitgenommen. Da ihre Herrin und deren Leibmagd sich bei ihren Gesprächen nicht zurückhielten, erfuhren die Schwestern in kurzer Zeit alles über den Hass, den Hulda von Hettenheim gegen Marie Adlerin hegte, und wussten, dass ihre Herrin dieser Frau vor wenigen Wochen begegnet war und einen schrecklichen Plan geschmiedet hatte.
Trine war entsetzt, dass Hulda von Hettenheim ihren bösen Worten noch schlimmere Taten hatte folgen lassen, und konnte sich nicht mehr zurückhalten. »Das hättet Ihr nicht tun sollen, Herrin! Es bringt kein Glück, in Eurem gesegneten Zustand einem anderen Weib Gewalt anzutun. Gott wird …«
»Gott wird gar nichts, du elendes Ding!«, fuhr Hulda Trine an.
»Er hat mir Marie Adlerin in die Hand gegeben, damit ich Rache nehmen kann, bevor ich mich zum Gebären niederlege.«
Der drohende Blick ihrer Herrin brachte Trine dazu, sich zu wünschen, unsichtbar zu sein. Ihr war klar, dass sie an diesem Abend für ihre vorlauten Worte Schläge erhalten würde, und sie bereute bereits, ihrer Herrin Vorhaltungen gemacht zu haben.
Tautacher, der immer noch neben dem Wagen ritt, beugte sich zum Fenster hinab. »Wenn Ihr den Mörder Eures Mannes richtig treffen wollt, müsst Ihr Sorge tragen, dass man die Leiche seines Weibes in absehbarer Zeit aus dem Rhein fischt.«
Er lachte höhnisch auf und wollte sich an die Spitze des Reisezugs setzen. Aber seine Herrin winkt ihm, sein Ohr ihren Lippen zu nähern, und machte eine Geste, die verriet, dass sie im Innern des Wagens nicht gehört werden wollte. »Muss es wirklich die richtige Leiche sein? Es gibt genug Weiber, die Marie Adlerinähnlich sehen. Nach ein paar Wochen im Wasser wird man sie für die Vermisste halten.«
Dabei dachte sie an Trine, über die sie sich nicht zum ersten Mal geärgert hatte und die im Unterschied zu ihrer Schwester nur eine lästige Mitwisserin war.
Tautacher blickte seine Herrin verwirrt an. »Warum wollt Ihr Marie Adlerin am Leben halten?«
»Sie soll noch erfahren, dass mir entweder ein Sohn geboren wurde oder Falkos mit der Magd gezeugter Sohn die Stelle einnimmt, die sie sich für ihren Freund Heinrich von Hettenheim erhofft. Außerdem will ich ihr die Zeit geben, ihr eigenes Kind zur Welt zu bringen, damit ich es vor ihren Augen erwürgen kann.«
Das Gelächter, das Hulda dabei ausstieß, klang kaum noch menschlich, und Tautacher fragte sich, ob der Geist seiner Herrin wohl aus den Fugen ging. Er schob diesen Gedanken jedoch sofort wieder von sich, denn seine Treue galt Rumold von Lauenstein und dessen Tochter, und er war bereit, für sie notfalls durch die Hölle zu gehen. Genau genommen war es für ihn von Vorteil, wenn Marie Adlerin ihr Kind zur Welt bringen durfte, denn es war angenehmer, ein leeres Feld zu beackern, als eines, das kurz vor der Ernte stand.
Frau Hulda kannte ihren Gefolgsmann gut genug, um zu wissen, an was er dachte, und kicherte leise vor sich hin. Da sie einen Weg suchte, sich den Ritter noch mehr zu verpflichten, kamen seine Wünsche ihr entgegen. Sie streifte Trine
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